15.02.2012: Karten, Köpfe und Kamele

„Bei Sex bin ich immer dabei!“ Mit ausdrücklicher Genehmigung seiner lieben Frau durfte Horst diese erwartungvolle Botschaft an die Teilnehmer-Registration am Westpark schicken. Doch im letzten Moment sagte Andrea noch ab; da waren es nur noch fünf.

1. “On the cards”
Ein Stichkartenspiel mit den normalen Rommé-Canasta-Bridge-Karten. Für die vielen möglichen Mechanismen zum Teilen, Karten-Auspielen, Stich-Definition, Stich-Gewinnen und Spiel-Ziel haben die Autoren die Stichspiele der Welt durchforstet und eine ganze Latte verschiedener Regeln zusammengestellt, die wir in ständig wechselnder Kombination durchspielen. Z.B.:

  • Beim Austeilen erhält jeder Spieler mal 5, 7, 8, 10 oder gar 13 Karten, die übrigen Karten werden gelegentlich nachgezogen oder kommen aus dem Spiel
  • Beim Ausspielen legen wir mal eine einzelne beliebige Karte, mal Poker-Kombinationen auf den Tisch, mal müssen wir maumau-artig der Farbe oder dem Kartentyp des Vorgängers folgen, mal muß unsere Karte höher sein, mal sind die Zweien Joker und dürfen anstelle jeder anderen Karte eingesetzt werden
  • Ein Stich ist fertig, wenn entweder alle Spieler reihum gepaßt haben, wenn drei Karten einer Farbe auf dem Tisch liegen, wenn man wieder an der Reihe ist und selber bereits die höchstwertige Karte auf den Tisch gelegt hat, un wat et nich al jibt
  • Man gewinnt oder verliert Punkte für gemachte Stiche, für die Anzahl Karten in den gemachten Stichen, für den letzten bzw. vorletzten Stich, für die Restkarten in der Hand, un wat et nich al jibt
  • un wat et nich al jibt

Wenn eine Kartenhand abgespielt ist, bekommt der Gewinner einen Siegpunkt, anschließend wird eine der Verteil-Ausspiel-Stich-Gewinn-Regeln verändert. Moritz hielt diese Methode für einen „Spiel-des-Jahres-Generator“.
Bei jeder Regeländerung diskutierten wir mindestens fünf Minuten lang über die Konsequenzen und Randbedingungen, z.B. ob man mit einem Joker zwei Pik-Asse ausspielen darf, wer den Stich bekommt, wenn mittels Joker zweimal die gleiche höchste Karten auf dem Tisch liegt, ob man freiwillig passen darf oder nur wenn man den Ausspielregeln nicht folgen kann, wie es mit Spieler und Stich weitergeht, wenn einer seine letzte Karte gespielt hat, und dergleichen mehr. Eine Minute später war die Hand abgespielt und die nächste Regeländerung stand an.

Moritz sah eine Möglichkeit für Kartenpflege, aber er verriet sie nicht. Zumindest nicht überzeugend. In einem Chaos von fünf Mitspielern mit ungezählten Möglichkeiten 1, 2 oder 3 Karten hinzulegen ohne die begonnene Kartenfarbe bedienen zu müssen, wo man sogar kartenpflegerisch passen und überhaupt keine Karte zugeben kann, ist es gewiß nicht der Mühe wert, sich alle gespielten Karten zu merken, um auf den noch übrig gebliebenen Restkarten eine Gewinnstrategie aufzubauen. Kaum freut man sich über die nahezu unschlagbare Poker-Kombination von drei Assen in der eigenen Hand, wird man von den billigen Joker-Karten des Nachbarn überstochen.

WPG-Wertung: Aaron: 4 (interessant, macht aber nicht genug Spaß), Günther: 5 (ein Drittel der Regelauswahl könnte für ein mögliches Spiel dienen, ein Zehntel davon würde vielleicht sogar ein gutes Spiel ergeben), Horst: 5 (hat sich durch geschleppt), Moritz: 7 (lustig), Walter: 3 (kein Spielspaß, kein „to have a plan“).

Solange die SdJ-Jury den begehten Spielepreis nicht auswürfelt, sollte man doch besser aus den existierenden Regeln für Stichkartenspiele eine feste-beste Kombination analysieren und damit auf den Markt kommen. Minderwertige Kombinationen verwässern die Suppe und reine Regel-Gags punkten auch nur für ein paar Sekunden. Wenn überhaupt.

2. “X Pasch”
Horst hatte das 16 Jahre alte Spiel aus seiner Sammlung mitgebracht, weil es das erste Spiel auf unserer Internet-Seite sein wird, das mit dem Buchstaben X beginnt. In einem Karten-Würfel-Kombinationsspiel ziehen wir Firmenkarten vom verdeckten Stapel in unsere Kartenhand und würfeln mit jeweils 3 Würfeln um die Genehmigung, eine Karte davon auszulegen oder uns an den bereits ausgelegten Firmen der Mitspieler zu beteiligen. Für manche Firmenkarten muß man Paschs oder Würfelsummen von 16 und mehr Augen würfeln, dafür zahlen diese Firmen später auch gleich 8 bis 9 Euros als Rendite. Billigheimer hingegen werden schon für die Augenzahl 3 angeboten, bringen aber nur einen griechischen Euro als Rendite ein.

Für Besitz oder Beteiligung an einer Firma legen wir eine definierte Anzahl von Vorstandsmitgliedern (Holzköpfe) auf die entsprechende Karte. Zum besseren Zählen dürfen 5 Holzköpfe durch eine Holzlatte oder „Stange“ ersetzt werden. Diese Wortassoziation lieferte heute den meisten Spaß. Spieler mit der längsten Stange konnten reihenweise die Firmen übernehmen und Horst fand es geil, an einer einzigen Position zwei Stangen zu haben.
Wenn ein Spieler an der Reihe ist, wird ermittelt, an wievielen Firmen er die relative Mehrheit besitzt. Von all diesen Firmen bekommt er die Euro-Rendite als Siegpunkte gutgeschrieben. Danach würfelt er und modelt die Besitzverhältnisse entsprechend um. Man muss also mindestens eine ganze Runde lang Mehrheitsaktionär sein und kein Mitspieler darf einem hier verdrängt haben, bevor man die Rendite bekommt.

Aarons Image entsprechend hatte er nur die schlechtesten Firmenkarten gezogen und die unglücklichsten Würfelwürfe hingelegt. Um ihm Balsam auf die frustrierte Zunge zu streichen, verriet ihm Horst selbstlos sogar Würfelkombinationen, die ihn in seinen eigenen Firmen entmachteten. Wenn 20 oder 30 Firmenkarten auf dem Tisch liegen, ist es auch nicht mehr so durchsichtig, wie man die Augenzahlen kombinieren muß, um dem schärfsten Konkurrenten die möglichst besten Firmen zu nehmen und/oder sich die möglichst besten Firmen unter den Nagel zu reißen oder zu sichern. Selbst eine halbwegs befriedigende Lösung kostet dabei schon eine Menge Denk- und Kombinierzeit. Leider.

Hier besitzt das Spiel auch erhebliche Kingmaker-Effekte, vor allem in den Schlußrunden, wenn man nicht mehr selber gewinnen kann. Welchem Konkurrenten man dann in welchen Firmen die Mehrheiten wegnimmt, ist meist nicht mehr rational begründbar. Für Aaron war die letzte Runde nur noch eine „Stänkerrunde“.

WPG-Wertung: Aaron: 4 (zu große Downtime), Günther: 6 (schöne Grundidee, der Feinschliff fehlt), Horst: 6 (war heute auf Würfelspiel eingestellt), Moritz: 4 (sollte in einer 3er Runde besser zu spielen sein; man kann sich nicht wehren), Walter: 5 (lustiges Würfelspiel, will auch nicht mehr sein).

3. “Tuareg”
Ein Karten-Sammel-Spiel mit einer mehrstufigen Sammeltechnik.

  • Wir nehmen jeweils drei Karten vom verdeckten Nachziehstapel auf die Hand.
  • Wir legen eine Karte aus der Hand auf den öffentlichen Nachziehstapel.
  • Wir legen Karten aus den Hand oder vom öffentlichen Nachziehstapel in zwei private Ablagestapel.
  • Wir kaufen mit Karten aus unserer Kartenhand bzw. mit Karten aus unseren privaten Ablagestapeln die Erlaubnis, weitere Ablagestapel anzulegen oder Karten aus den Ablagestapeln der Mitspieler zu klauen.

Das Ganze ist eingekleidet in eine Nomadengeschichte aus Timbuktu: Die Karten heißen Warenkarten für Gold, Salz, Knoblauch und Wasser, die Ablagestapel heißen Kamele, der öffentliche Nachziehstapel heißt Markt und die Karten für Sondererlaubnisse heißen Esel, Höhle oder Dieb.

Wenn der verdeckte Nachziehstapel aufgebraucht ist, erfolgt die erste Wertung: Wer die meisten Karten einer Warensorte gestapelt hat, bekommt je nach Ware 3, 4, 5 oder 6 Punkte, die anderen gehen leer aus. Dann werden alle abgelegten Karten neu gemischt und ein zweites Mal durchgearbeitet. Wer dann die meisten Punkte hat, ist Sieger.

Walter schaffte die reife Leistung, auch nach der zweiten Wertung immer noch keinen einzigen Siegpunkt auf seinem Konto zu haben. Vielleicht eine Spiel-Premiere am Westpark. Aber mit Sicherheit ein Zeichen für mangelndes Spieldesign. Wenn 44 Warenkarten in 3er Packungen von 5 Spielern weggenommen werden, dann ist nach nicht einmal 3maliger Entnahme pro Spieler das Spiel zu Ende. Auch wenn man noch weitere 3 Spielzüge für Kartenablage oder Kauf investieren kann, ist das doch noch viel zu wenig für einen Spielaufbau. Das funktioniert höchstenfalls für deutlich weniger Spieler. Dann hätte man das Spiel aber nicht für 5 Mitspieler freigeben dürfen.

Da – neben marginalen Chancen für Sonderpunkte – im ganzen Spiel nur 2 mal für 4 Kriterien Siegpunkte vergeben werden, klopft überall nur Hunger und Elend ans Fenster.

WPG-Wertung: Aaron: 3 (vermutet, dass das Spiel mit weniger Mitspielern funktioniert), Günther: 3 (3 reale Punkte für eine 5er Runde, 5 virtuelle Punkte für eine 3er Runde), Horst: 4 (netter Mechanismus), Moritz: 1 (für die 5er Runde), Walter: 1 (für die 5er Runde).

4. “Bluff”
Bei noch 14 ausstehenden Würfeln fing Günther mit 5 mal die Fünf an. Moritz zweifelte an und deckte seinen Becher auf: 3 mal keine Fünf. Aaron deckte auf: 4 mal keine Fünf, Walter deckte auf: 2 keine Fünf. Drei mal großes Gelächter. Günther deckte auf: 4 mal die Fünf und einmal der Stern. Drei mal großes Entsetzen!

Horst und Moritz waren mit der vorletzten U-Bahn abgedüst, und Walter war Zuschauer im langwierigen 5:5 Endkampf zwischen Aaron und Günther. Spannend ist das Zuschauen allemal, befriedigend für ihn war noch dazu, dass beide Kontrahenten konsequent seine Immer-4-Strategie verfolgten. Kann es sein, dass trotz mathematisch-statistischer Gegenhypothese die 1-mal-die-Vier-Vorgabe einfach den größeren psychologischen Reiz ausübt?
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

“Rapa Nui” is our Game of The Month

There are probably more games about Easter Island than people living there, but it seems that this isolated little island is an endless resource for ideas for game authors. With Rapa Nui we have a very welcome addition to the genre “Easter Island Game”, because the mechanics and the theme go well hand in hand here in this little empire building/action maximizing game. Especially the “sacrifice” mechanic is worth a second look: on one hand I want to keep the most valuable resource cards in my hand for points, but I have to sacrifice the same cards as well to actually make them valuable. Out of this dichotomy the game draws a lot of flair. It is also a very fast game, and is fun in repeated play (especially with 3-players – ideal and less random than the 4-player version).

“Rapa Nui” ist unser Spiel des Monats

Es gibt wahrscheinlich inzwischen mehr Spiele über die Osterinsel als dort überhaupt Menschen leben, aber anscheinend gelingt es dieser Insel (die nur die wenigsten selber besucht haben dürften) die Spielefantasie der Spieleautoren immer wieder aufs Neue zu beflügeln. Bei Rapa Nui handelt es sich sogar um ein besonders erfreuliches Spiel der Gattung „Osterinselspiel“, denn bei diesem im Grunde sehr einfachen Aufbau/Aktionsmaximierungsspiel passt die Thematik ziemlich gut auf die Mechanismen. Besonders der interessante „Opfermechanismus“ weiß zu gefallen – einerseits will ich die wertvollsten Ressourcenkarten auf der Hand behalten, da sie potentiell Punkte bringen, andererseits muss ich genau dieselben Karten opfern, damit sie überhaupt Punkte bringen, aus diesem Widerspruch gewinnt das Spiel eine schöne Dynamik. Auch ist es sehr schnell zu spielen und macht auch bei mehrmaligen Spielen (vor allem in der für das Spiel fast idealen 3-Spieler-Besetzung – die 4-Spieler-Version ist weniger kontrollierbar) einfach sehr viel Spaß!

08.02.2012: Krieger und Händler um den Ruhm von Rom

Aaron ist kein Freund vom Fußball. Zumindest vom Fußball-Zuschauen. Vor acht Jahren schrieb er zwar noch: „Das letzte Deutschlandspiel dieser EM möchte ich auch gerne sehen“, aber heute ist für ihn solches Zuschauen nur noch langweilig: „Ich finde Fußball genauso spannend wie jemandem beim Würfeln zuzuschauen, der hofft eine Sechs zu schaffen“.

In dieser Abneigung hat er sogar etwas dagegen, wenn Moritz während eines WPG-Spielabends sich auf seinem Handy die aktuellen Fußballergebnisse anschaut, oder wenn der Gastgeber seinen Computer laufen läßt und im Vierstelstundenrhythmus die Zahlen vom Life-Ticker der Tagesschau vorliest. Doch heute gab er sich von einer 3:1-Mehrheit geschlagen: der Life-Ticker wurde eingeschaltetet und um 22:42 Uhr hatte sich der FC Bayern die Halbfinalteilnahme gesichert.

Im Erdgeschoß fieberte die Tochter des Hauses ebenfalls mit einem FCB. www.elpais.com meldete eine halbe Stunde später das Erleichternde: „El Barcelona alcanza la final“.

1. “Warriors & Traders”
Von der einen Hälfte des Titel her ein Kriegsspiel, einem Genre, mit dem wir am Westpark in den letzten Wochen nur bedingt gute Erfahrungen gemacht haben. Moritz versuchte gleich im Vorfeld die Skeptiker zu beschwichtigen: “Das Spiel enthält kein Zufallselement, gar keines!“ Walter meldete seine Zweifel an: „Wenn das erste Glückselement auftritt, höre ich auf.“ Moritz konnte zuversichtlich strahlen.
Im finsteren Mittelalter sind wir Führer von Königreichen und müssen in der Geographie des nordwestlichen Europa unser Land mit einer optimalen Führung zum Sieg führen. Die gute Führung besteht

  • im Aufstellen von Armeen
  • im Erobern von Nachbarprovinzen
  • im Ernten von Produkten und Rohstoffen zum Bauen von Waffen und zum Ernähren unserer Armeen
  • im Steigern unserer Potenz in Produktion, Handel und Militär

Auch wenn Handel und Naturprodukte eine wenigstens teilweise friedliche Gesellschaft suggerieren, stammen alle siegpunkt-trächtigen Segnungen ausschließlich vom Militär. Der Krieg ist der Vater aller Dinge. Und das Militär ist der allesfressende Schmarotzer. (Welch ein Glück für uns Neuzeitmenschen, dass das Militär heutzutage nur noch die Hälfte unseres Bruttosozialprodukts auffrißt!)

Zu Spielbeginn residieren die Spieler verstreut auf einzelnen Grafschaften, wo Holz und Hackebeile produziert werden. Sie schielen begehrlich auf die von Barbaren besetzten Nachbarprovinzen, wo auch schon mal etwas Essbares gedeiht. Mit überlegener Waffentechnik müssen wir die Barbaren bekriegen, um an ihre Früchte heran zu kommen. An dieser Pflicht führt kein Weg vorbei. Doch der Weg ist steinig. Und selbstmörderisch. Um eine Gemüseprovinz zu erobern brauchen wir eine Armee, und um eine Armee zu ernähren brauchen wir eine Gemüseprovinz. Da wir in der Startausstattung aber kein Gemüse mit auf den Weg bekommen haben, folgt daraus notwendig, dass unsere erste Armee verhungert, bevor sie das erste eroberte Gemüse abernten kann. Zäh, sehr zäh, aber unausweichlich. Selbst unser geborener Warrior Moritz bekannte: „Mühsam ernährt sich das Eichhörnchen!“

Diese Unausweichlichkeit(en) bei einem sehr begrenzten Handlungsspielraum führten zu extrem montonen Entwicklungsschritten. Aaron erkannte sehr schnell: „Ich habe das unbestimmte Gefühl, dass es für alle nur einen einzigen genau definierten schmalen Entwicklungspfad gibt!“ Hypothese: „Bei einem symmetrischen Aufbauspiel in disjunkten Gebieten ohne Zufallseinfluß machen alle klugen Köpfe die gleichen Züge!“ Hi Günther, kannst Du diese Behauptung nicht spieltheoretisch beweisen?

Horst machte es trotzdem “total Spaß”. “Es ist zwar zäh, für ein Aufbauspiel aber absolut angemessen. Das Spiel dürfte ruhig ein paar Runden länger dauern.” Die „Kürze“ des Spiels war – neben Monotonie und Zähigkeit – die nächste Crux. Gerade als es nach zwei Stunden zum ersten Mal spannend wurde, als die Spieler alle Barbarengebiete erobert hatten und sich zum ersten Mal Auge in Auge selbst gegenüber standen, war das Spiel zu Ende. Bis dahin hatten wir kein einziges Mal miteinaner einen Tauschhandel ausgeführt (mangels Warenangebot, mangels Bedarf oder mangels beidem), keine Festung gebaut und keine Prinzessin vergewaltigt. Lediglich fitzelige Markierungsplättchen für Gemüse, Hackebeile und Holzstöße hin und hergeschoben, um unseren aktuellen Besitzstand anzuzeigen. Aaron meinte: „Das ist jetzt eine Ausgangslage, die spätestens nach drei Runden hätte erreicht werden müssen.“

WPG-Wertung: Aaron: 4 („Langsamer Start, frühes Ende; es hat ein paar nette Mechanismen, aber ich möchte es nicht nochmals spielen“), Horst: 6 („Ich habe mich nicht gelangweilt. Allerdings tut die graphische Gestaltung von Spielplan und Markern den Augen weh“), Moritz: 5 (einfache Regeln, doch manche Mechanismen funktionieren einfach nicht“), Walter: 3 (Suppe ohne Salz, vermißt die eleganten Kampfwürfel).

2. “Ruhm für Rom”
Vor gut drei Jahren lag dieses Karten-Ablagestapel-Management-Spiel als „Glory to Rome“ schon einmal bei uns auf dem Tisch. Wir füllen unsere Kartenhand mit Karten vom verdeckten öffentlichen Nachziehstapel und legen sie in reichlich vielen privaten Kartenstapeln ab:

  • in den Klientel-Stapel legen wir Hilfsarbeiter, die unsere Ablage-Aufgabe unterstützen
  • im Materiallager reservieren wir Baumaterial für Gebäude und für Siegpunkte
  • in bis zu sechs gleichzeitig offenen Gebäudestapeln fertigen wir unsere Gebäude
  • in die Privatschatulle legen wir Siegepunktkarten
  • in den Einflußstapeln legen wir Karten, um die Kapazität vom Klientel-Stapel und Privatschatulle zu erhöhen

Auf welchen Stapel die Spieler reihum ihre Karten legen dürfen, bestimmt die ausgespielte Rollenkarte, z.B. erlauben Baumeister und Handwerker neue Gebäude anzufangen oder zu erweitern, schlichte Arbeiter füllen das Materiallager und Kaufleute die Privatschatulle.

Damit einunddiegleiche Karte auf die verschiedenen Stapel gelegt werden kann, hat sie ein multifunktionales Design, sie ist zugleich

  • Rollenkarten für Arbeiter, Baumeister, Handwerker, Legioär, Kaufmann, Patron und Senator
  • Gebäudekarte für ungezählte Arten von Gebäuden: vom Atrium bis zum Zirkus
  • Baumaterial in der Art von Holz, Schutt, Stein, Marmor, Zement und Ziegel
  • Zählkarte für Einfluß und Siegpunkte

Fertiggestellte Gebäude erhöhen Mächtigkeit und Flexibilität unserer Ablagetätigkeit. Z.B. darf man als der Besitzer vom Zirkus jede beliebige Karte als Senator-Joker nutzen, und als Besitzer des Triumpfbogens darf man Material vom öffentlichen Umschlagplatz (ein weiterer Kartenstapel) zum Bauen benutzen.

Das Spiel ist konstruktiv, dynamisch und schnell. Zuweilen muß man um drei Ecken denken, um die Effekte verschiedener Kartenkombinationen zu erkennen. Am besten macht man es wie Horst: Er bekam in seiner Startausstattung die Gebäudekarte mit der Kanalisation zugeschustert. Nachdem er die Kanalisation fertiggestellt hatte, durfe er alle ausgespielten Rollenkarten in sein Materiallager übernehmen. Damit hatte er ständig einen reichlichen Vorrat an Siegpunktkarten für die Privatschatulle. Kanalisation und Kaufmann brachten ihm den Sieg.

WPG-Wertung: Aaron: 6 (keine Strategie), Horst: 7 (überschaubare Spieldauer), Moritz: 7 (1 Punkt mehr, nachdem sich das Karten-Effekte-Chaos etwas gelichtet hat), Walter: 6 (sauberes, ausbalanciertes Design, aber wenn man die Technik verstanden hat, entscheidet allein das Kartenglück).

01.02.2012: Kriege und Landgewinnung

Im verbalen Vorspiel quittierte ein rentner-trotziges Kopfschütteln die aktuellen Pläne zur Standort-Aufgabe des Hauses Nokia-Siemens. Vom finnisch-bayerischen Wirtschaftskrieg wechselte das Thema zum britisch-amerikanischen Unabhängigkeitskrieg „1812“, wo wir uns mühsam die paar Punkte erarbeiteten, in denen dieses Spiel über ein reines Risiko-Würfelspiel hinausgeht. (Siehe Session-Report und Kommentare von letzter Woche.) Dann gingen wir weitere 2000 Jahre zurück und wendeten uns auf dem realen Spieltisch Bernd Eisensteins virtueller Vielvölkerschlacht zu.

1. “Pergamemnon”
Karthager, Römer, Hellenen, Agypter und Perser spielen gegeneinander ein asymmetrisches Jeder-gegen-Jeden rechts-und-links-und-kreuzweise Kartenspiel. Die Angriffswaffen sind Bogen, Speer und Schwert, zur Verteidigung dienen Schild, Helm und Brustpanzer. Jeder Spieler erhält einen Kartensatz mit den genannten Angriffs- und Verteidigungswaffen in unterschiedlicher Zusammensetzung und unterschiedlicher Stärke. Davon darf er jeweils drei Karten auf der Hand nehmen, um damit die Gefechte zu bestreiten.

Zum Gefecht wählt sich ein Spieler einen beliebigen Mitspieler-Gegner, nennt die Waffe mit der er angreifen will und spielt verdeckt eine der Handkarten aus. Der Angegriffene wählt darauf eine Handkarte aus seiner Hand, dann wird die Angriffsstärke des Angreifers mit der Verteidungsstärke des Verteidigers verglichen. In der Regel ist die Angriffsstärke größer, deshalb darf der Verteidiger jetzt noch eine weitere Karte zur Verteidigung nachlegen. Die beiden Verteidungswerte werden addiert. Ist der Angriff pariert, kommt es sofort zum Gegenschlag des Angegriffenen, bei dem ebenfalls die Angriffs- bzw. Verteidungswerte der ausgespielten Karten miteinander verglichen werden. Das kann dann noch einbiszweimal hin und hergehen.

Der Verlierer muß seine ausgespielten Karten hergeben, der Gewinner darf die eroberten Karten in seinen Kartensatz einreihen, oder er kann sie zum Erwerben von ausliegenden „Kreaturen“ einsetzen, mit denen er sein Potential an Kampf- und Siegpunktkarten erhöht. Sind die unterlegenen Kampfkarten allerdings „Flüchtlinge“ so erhält sie nicht der Sieger, sondern sie kommen ganz aus dem Spiel bzw. der Spieler, der die Ägypter führt, darf / muß sie in seinen Kartensatz aufnehmen.

Aaron war griechischer Startspieler und mangels Besitz einer eroberten Gegnerkarte mußte er sogleich zum ersten Angriff übergehen. Als Opfer wählte er Walters Römer. Von dort wurde ihm allerdings nur ein Flüchtling entgegengeschickt, so dass er trotz seines Sieges keinen Zugewinn erzielen konnte. Im Ergebnis war Walter eine Kampfkarte los, und Günthers unbeteiligten Ägypter wurden um einen Deserteur reicher. Der Verlierer wird sakrosankt. Aaron blieb als Sieger am Zug und mußte sich nun notgedrungen gegen die Ägypter wenden. Auch hier blieb er Sieger, doch da Günther ebenfalls einen Flüchtling ins Rennen geschickt hatte, ging Aaron zum zweiten Mal leer aus. Die erste Runde war zu Ende, das Sakrosanktentum wurde aufgehoben, und Aaron war immer noch am Zug. Verzweifelt suchte er nach Zugalternativen: „Offensichtlich muß ich verlieren, um nicht mehr am Zug zu sein. Wie finde ich denn das?!!“ Hallo Bernd, kannst Du ihm helfen?

Irrtümlich (oder mangels besserer Krieger) schickte Walter jetzt einen Nicht-Flüchtlich ins Gefecht und Aaron bekam endlich einen eroberten Krieger ins Portefeuille, mit dem er sich auch sogleich über eine Kreatur hermachte und damit seine aktive Rolle abgeben konnte. Die Ägypter bekamen die Initiative. Als einziger Gegner standen ihnen jetzt nur die bereits arg gebeutelten Römer zur Verfügung. Mit Unterstützung und zufälligem Gleichstand im Gegenstoß konnten diese ein weiteres Angefressen-Werden ihrer Streitmächte gerade noch verhindern.

Endlich war auch Caesar aus seinem Mittagsschlaf im römischen Nachziehstapel aufgewacht. Zwangsweise wurde jetzt Aaron ins Visier genommen. Die Römer waren erfolgreich und konnten sich einen griechischen Hauslehrer einverleiben. Doch Caesars Glanz war nur ein Strohfeuer. Alle Römer sind Luschen. Vada a bordo, cazzo! Sehr bald ging er nur noch unwillig in die Zwangskämpfe, deren Aussichtslosigkeit ein Blinder mit der Krücke fühlen mußte. Einige Male konnte er sich noch mit knapper Müh und Not halb verdroschen auf den Ablagestapel retten, dann landete auch er in der Kriegsbeute seiner Gegner. Um einen Kampf zu gewinnen hätte er eine Kreatur haben müssen, und um eine Kreatur zu bekommen hätte er einen Kampf gewinnen müssen. Ein klassischer Circulus Vitiosus. O heiliger Sankt Bernd, schicke mir doch endlich auch mal einen Wilhelm Tell. Oder am liebsten gleich eine Dicke Berta.

Günther konterte mitleidslos: „Du hast die falsche Taktik gewählt, du hättest nicht die Römer nehmen sollen!“ Doch das war keine freie Wahl: Die Römer sind rot. (Wie immer man dieses Faktum interpretieren mag!)
Nach 2 ½ Stunden war das Spiel über die Bühne gebracht. Dann kam die Erlösung. Heute nicht so sehr als solche empfunden, wohl aber bei einer Wiederholung. Wenn wir nicht immer wieder hätten nachlesen müssen, wie die Gefechte im einzelnen verlaufen und was ihre Ergebnisse sind, hätte es vielleicht auch schneller gehen können. Vielleicht auch nicht.

WPG-Wertung: Aaron: 3 („das kann man nicht loben, krasse Extuition“), Günther: 4 („die Kartentechnik / Kartenpfege hat einen gewissen Reiz“, er hat die Hoffnung nicht aufgegeben, dass man das Spiel in einer halben Stunde spielen könnte), Walter: 2 (mit Römer-Malus, kaum Entscheidungsspielraum).
Auch als namentlich genannte Tester waschen wir in „Pergamemnon“ unsere Hände in Unschuld.

2. “Seeland”
Aaron erinnerte sich an ein „nettes Spiel“, obwohl er es noch gar nicht gespielt hat. Zumindest nach der WPG-Rangliste auf unserer Internetseite. Und auch im Session-Verzeichnis gibt es keinen Eintrag. Bei emsigem Suchen fand er es schließlich in unserer Liste „Spiel des Monats“. Aber wie kann das sein? Ohne Diskussion und ohne Spielkritik? Oh Wunder, oh Wunder! Könnt ihr euch erklären, wie sich das zusammenreimt? Hier und heute keine Erklärung dazu.

Seeland ist eine holländische Landschaft, die fast komplett unter dem Meeresspiegel liegt. Seit dem Mittelalter ist der Kampf gegen das Wasser ein elementarer Bestandteil ihrer Geschichte. Im Spiel „Seeland“ sind wir Holländer und müssen uns unsere Verdienste bei der Landgewinnung erwerben.

Das Spielbrett ist eine Landschaft aus Hexagons, in die wir reihum jeweils ein Landschaftsplättchen legen: Kohl, Raps und Tulpen. Oder eine Wassermühle, mit der wir das Wasser aus unseren Grundstücken pumpen. Das jeweilige Plättchen, das wir legen, müssen wir uns nach einem sehr pfiffigen Auswahlmechanismus erwerben: Die angebotenen Plättchen liegen in einen Kreis, um den der „Gildemeister“ herumwandert. Wir bewegen den Gildemeister um ein oder mehrere Felder und dürfen dann das Plättchen nehmen, bei dem er angekommen ist. Ein Schritt des Gildemeisters ist kostenlos, jeder weitere Schritt kostet einen Gulden. Beim Geldeinsatz sind wir sehr beschränkt: Der ausgabefreudigste Spieler darf nur maximal vier Gulden mehr ausgegeben haben als der sparsamste. Wie diese Gelddifferenz technisch und spielerisch gehandhabt wird, ist allein der Kauf des Spieles wert.

Jedes Plättchen hat einen unterschiedlichen Wert, den wir in periodischen Abrechnungen gutgeschrieben bekommen. Weiterhin gibt es Prämien für besondere Gesamtstrukturen an Plättchen, die wir um unsere Wassermühlen angelegt haben. Ein hübscher, interaktiver Wettkampf um den Einsatz unserer Gulden, den Einkauf der besten Plättchen und das Auslegen der Plättchen in die lukrativste Seeland-Gegend.

WPG-Wertung: Aaron: 7 (ein Punkt mehr als bisher, schnell, mit wenigen Spiel-Elementen ein interessantes Ergebnis erzielt), Günther: 7 (taktisches Familienspiel), Walter: 7 (konstruktiv, großer Freiheitsgrad, allerdings ohne Progression).

25.01.2012: Königreiche, Invasionen und Dreck am Stecken

Wasser ins Aquarium
Unsere negativen Eindrücke bei „Aquarium“ (siehe Report vom 11. Januar) hatten ein Nachspiel. Aaron hatte bei Boardgamegeeks einen Kommentar mit dem Tenor „partially broken“ eingestellt – die einzige negative Rückmeldung unter lauter euphorischen – , und der Autor Sander Vernyns hat sich gemeldet, um etwas mehr über unsere Ablehnung zu erfahren. Sehr höflich, weil “your feedback can help us make better games in the future”. Das spricht eindeutig für eine konstruktive Einstellung von Künstler zu Kritiker.
Wir haben die Regeln alle richtig verstanden, doch unsere Erfahrungen mit den minimalistischen Ergebnissen konnte er aber nicht nachvollziehen. Auch nach einem mehrstufigen, mehrseitigen Briefwechsel war er von unserer Kritik und Verbesserungsvorschlägen nicht überzeugt. Die heutigen Preise für Pflanzen und Fische sind „well balanced“ und der Aufwand, die Karten so vorzusortieren, dass sie in der Phase ihrer effektiven Nutzbarkeit auf den Markt kommen, „means a lot more organizing before you can play“. Zufallseffekte herauszunehmen und das Spiel damit planbarer zu machen, „will increase the analysis paralysis problem“. Sander glaubt an sein Spiel und “would like to play a game of Aquarium with you someday in the future”. Topp, die Wette gilt, Informationsfluß direkt an der Quelle Hand ist immer willkommen. Du bist hiermit eingeladen!
Aber täusche Dich nicht! Am Westpark kommen keine entspannt-zeitvertreibenden, sondern eher leidenschaftlich-kämpfende Spielertypen zusammen. Auch nach einer menschenfreundlichen Einführungspredigt werden aus Saulussen keine Paulusse. Immerhin hat diese Diskussion bei Horst ein großes Interesse am „Aquarium“ geweckt. Genau dieser Effekt ist es, der einen Verlag auch negative Kritiken mit positiven geschäftlichen Erwartungen erfüllen sollte.

1. “1812 – The Invasion of Canada”
Wenn es schon “18xx”-Eisenbahn-Aktien-Spiele aus der vorchristlichen Zeit gibt, warum sollte es dann nicht auch welche aus der Zeit vor der Erfindung der Lokomotive geben? Aber der Name täuscht: “1812” ist kein Mitglied der großen “18xx”-Familie, es ist ein geschichtliches Kriegsspiel aus dem Nordamerikanischen Kontinent. 1812 marschierte Napoleon gerade auf Moskau zu, England konfiszierte von Freund und Feind den letzten Hosenknopf, um seine Resourcen aufzupäppeln und die Vereinigsten Staaten nutzten die günstige Gelegenheit, dem geschwächten ehemaligen Mutterland einen “Zweiten Unabhängigkeitskrieg” zu erklären.
Auf amerikanischer Seite kämpft das reguläre Militär (Aaron) und der Volkssturm (Horst), auf der anderern Seite die Briten (Walter) und die Kanadier vereinigt mit den Indianern (Moritz). Das Kriegsgebiet ist ein Spielplan aus unregelmäßigen Flächenstücken in der Geographie zwischen Erie- und Ontario-See. Die Krieger sind bunte Holzwürfel, die in wohldefinierten Rekruten-Kreißsälen in der Etappe entstehen und von dort zu den heiß umkämpften Gebieten an der Front geführt werden.
Zur Truppenbewegung besitzt jeder Heerführer einen Satz von Bewegungskarten, die es erlauben 1, 2, 3 oder gar 4 Armeen 1 bis 4 Felder weit zu transportieren. Als Armee gelten alle Holzklötzen der vereinigten Farben, z.B: kann ein gelber Kanadier bei seinem Zug auch beliebig viele rote Briten oder grüne Indianer an die Front werfen.
Hier wird dann nach Art von “Risiko” für jedes Holzklötzchen per Würfel entschieden, ob es einen Gegner tötet, sich gezielt rückzieht oder in die Etappe desertiert.
Wie jedes historische Kampfspiel ist “1812” asymmetrisch aufgebaut.

  • a priori sind die Aufmarschgebiete unterschiedlich groß und haben unterschiedliche Verkehrsverbindungen
  • auf kanadischer Seite kämpfen drei Parteien mit 25% mehr Totschlagskraft als auf der amerikanischen Seite
  • auf amerikanischer Seite werden 13% mehr Rekruten gezeugt als im Norden
  • die Amerikaner haben leichte Bewegungsvorteile
  • gemäß den indianischen Kampfwürfeln desertiert die Hälfte der Belegschaft, bei den Amerikanern ist es nur ein Drittel, Britten desertieren überhaupt nicht

Neben dem reinen Würfelkampfglück, gilt es also, die naturgegebenen Vorteile und Resourcen an Mannschaften, Bewegungspotential, Topologie und Sonderkarten, sowie die aktuellen gegnerischen Schwächen optimal zu nutzen. Mit Aarons Würfelpech konnte unser erfahrener Wargamer Moritz die Geschichte umschreiben. Dem Titel und der Kriegsbeschreibung von Wikipedia nach, drangen die Amerikaner zuerst in Kanada ein. Bei uns waren die Anglo-Kanadier schon bis in den Kreißsaal von Pittburgh vorgedrungen, bevor die Yankees auch nur den ersten Pups gelassen hatten. Horst bekannte: “Ich bin frustriert.” Resiginierend übergab er seine Kampfwürfel an Aaron.
Aarons Würfel ließen den Volkssturm zwar signifikant häufiger desertieren, als der Herr Binomi das vorgesehen hatte, doch Deserteure sind ja nicht tot, sondern im Nu wieder rekrutiert. Früher oder später konnten sie quasi per Bodychecks die kanadischen Invasoren wieder zurückdrängen. In Horst erwachte der alte Kampfgeist. “Das Eroberungsfeeling kommt sehr gut rüber!”. Aaron war nicht so überzeugt: “Wie bei Mensch-ärgere-Dich-nicht!” Die Meinungen, ob “1812” besser, schlechter oder genauso gut wie „Risiko“ wäre, gingen weit auseinander.
Horst vermißte noch eine Karte, mit der man den Gegner zwingen könnte, alle seine Deserteure erschießen zu lassen. Im richtigen Leben wird das grundsätzlich nur mit den eigenen Leuten gemacht.
WPG-Wertung: Aaron: 3 (kein Spielspaß, 2 Punkte weniger als [ich] Risiko [geben würde], Horst: 8 (viel besser als Risiko, die Atmosphäre kam sehr gut rüber), Moritz: 8 (funktioniert, spielbar, elegant), Walter: 5 (Würfelspiel)

2. “Kingdom Builder”
In Essen wurde nicht viel von diesem Spiel geredet, obwohl sein Autor Vaccarino sich mit “Dominion” einen guten Namen gemacht hat. Moritz hatte das Spiel nur deshalb nicht gekauft, weil es nicht mehr in seinen Koffer paßte. Horst war dafür als Käufer eingesprungen. (In München.)
Nach der Spielregel “erschafft jeder Spieler durch geschickten Bau von Siedlungen sein eigenes Königreich mit dem Ziel, dafür am Ende das meiste Gold zu bekommen”. Das klingt ziemlich abstrakt. Das Spiel ist es auch, selbst wenn der bunte Hexa-Spielplan mit den Landschaften Feld, Wald, Wiese, Blume und Schlucht zunächst ein gefälliges Naturgefühl aufkommen läßt. Doch das verfliegt schnell. Wir könnten unsere Bauklötzchen ohne Stimmungsverlust genauso gut auf rein rote-grün-gelb-blau-violette Felder setzen.
Eine Farbkarte gibt für jeden Spieler genau die Farbe der Felder vor, auf denen er in seinem Zug bauen darf. Danach legt er die Karte ab und zieht vom verdeckten Stapel eine neue.
Bauen kostet nichts und geht flott wie das Bretzelbacken. Drei neue Klötzchen dürfen wir von Haus aus legen. Haben wir bestimmte Positionen erreicht, können es auch vier oder fünf sein.
Alle unsere Klötzchen müssen zusammenhängend gelegt werden. Diese Randbedingung dürfen wir nur einmal pro Spiel durchbrechen. Wenn wir den Startplatz für unsere Besiedelung festgelegt haben, sind wir damit also festgelegt. Nur wenn die Schnittmenge aus Farbkarte und freien Nachbarschaftsfeldern unserer Siedlungen leer ist, dürfen wir an einer beliebigen anderen Stelle des Spielbretts eine weitere Baustelle einrichten.
Bei Spielende wird unsere Gesamtbebauung prämiert. Dazu werden aus einer Vielzahl von Möglichkeiten drei Prämierungsregeln zufällig gezogen, die dann für alle Spieler gleichmäßig gültig sind, z.B.

  • Jede Siedlung an einem Wasserlauf bringt einen Punkt
  • Jede Siedlung, die an ein Orts- oder Burgfeld angrenzt, bringt einen Punkt
  • 4 Punkte für jedes Orts- oder Burgfeld, dass durch eigene Siedlungen mit mehreren anderen Orts- oder Burgfeldern verbunden ist.
  • 2 Punkte für jede Siedlung auf der horizontalen Linie mit den meisten eigenen Siedlungen

Diese und 6 weitere ähnliche Prämierungvorschriften zeigen wieder die abstrakte Denk- und Spielweise des Spiels bzw. seines Autors. Es ist ein hübsches Legespiel. Mengen von Holzklötzchen in einer Spielerhand sind immer ein Seelenfrieden förderndes Element. Zur Förderung dieses Friedens ist auch auf jegliche Dynamik verzichtet. Ganz im Gegenteil. Die meisten Punkte werden im ersten Zug vergeben. Mit einer Wahrscheinlichkeit deutlich größer als Null macht man im letzten Zug keinen einzigen weiteren Siegpunkt mehr. Und das weiß man dann sogar schon nach dem vorletzten Zug. Ganz schön beruhigend. Kein Kampf um das goldene Kalb. Und schon gar kein Tanz darum.
WPG-Wertung: Aaron: 5 (kein Spannungsbogen), Horst: 5 (dito), Moritz: 5 (nicht süchtig machend. Großes Startspieler-Problem: Der Letzte in der Zugreihenfolge hat im ersten und jedem weiteren Zug eindeutig Positionsnachteile. An keiner einzigen Stelle im Verlauf des Spiel bekommt er dafür eine Entschädigung), Walter: 5 (würde sich vielleicht noch einmal mit der Farb-Topologie des Spielplans beschäftigen, dann aber ist der Spielreiz ausgelutscht).

3. “Dreck am Stecken”
Ein Deduktionsspiel nach der Art von “Cluedo” oder “Das Geheimnis der Abtei”. Jeder Spieler ist ein bekannter Täter, der ein unbekanntes Verbrechen begangen hat (Mord, Einbruch, Diebstahl, und was es so alles gibt). Der Mordablauf ist bekannt und veröffentlicht. Z.B. prügelten sich um 1:05 Uhr der Mörder und Bankräuber kurz und heftig. Jetzt fragen sich die Spieler reihum und kreuzweise, nach Teilnahme an den bekannten Stationen des Mordablaufs. Z.B. „Hallo Moritz, hast Du Dich um 1:05 kurz und heftig geprügelt?“ Man könnte auch einfacher fragen: „Moritz, bist Du ein Mörder oder ein Bankräuber“. Nach kurzer Eingewöhnungszeit sind wir alle zu dieser vereinfachten Frageform übergegangen.
Jeder Spieler darf nur maximal 4 mal gefragt werden und er muß 3 mal wahrheitgemäß antworten, einmal darf er lügen. Jeder hört die Frage, jeder die Antwort und darf daraus seine Schlüsse ziehen. Einmal darf der Fragende (nur er alleine) dem Antwortenden in die Karten schauen, d.h. von ihm wahrheitsgemäß erfragen, ob die Antwort richtig war oder falsch.
Bei Spielende muß dann jeder Spieler seine Vermutungen aufschreiben, welcher Täter wohl welche Tat begangen hat. Wer am meisten richtig hat und am häufigsten zu Unrecht verdächtigt wurde, hat gewonnen.
Frage an die Logiker: Nachdem jeder Spieler nur maximal 4 mal gefragt werden darf: Wie häufig kann jeder Spieler maximal fragen, bis das Spielende eintritt? – Eure Antwort ist nur dann richtig, wenn genau 6 Spieler mitspielen. Falls weniger Spieler dabei sind, kommen die überzähligen Täterkarten offen und die Verbrechenskarten verdeckt in die Mitte. Auch diese Täter können befragt werden. Deren Antwort ist ein Zufallstreffer aus den drei Wahrheiten und der einen Lüge. Mit 25% Wahrscheinlichkeit erfährt der Fragende (nur er) das zugehörige Verbrechen und kann es dementsprechend aus der Liste der möglichen Taten seiner Mitspieler streichen. Unisono fanden wir dieses Verfahren mit Karten in der Mitte ziemlich besch…
Mit den Tätern in der Mitte gibt es also mehr Fragemöglichkeiten, als zunächst erwartet. Doch reichen die beileibe nicht aus, die Täter-Tat-Zuordnung hinreichend sicher bestimmen zu können. Wer die Nase davon voll hat und sich ohnehin auf sein Rateglück verläßt, kann auch schon früher sagen: „Ich höre auf“ und damit das reguläre Spielende einleiten. (Walters Stoßseufzer: “Ach wenn nur mehr Spiele solch eine reguläre Beendigungsmöglichkeit besäßen …!”)
WPG-Wertung: Aaron:3 (kein Kommentar), Horst: 3 (langweilig), Moritz: 4 (“eigentlich mag ich diese Art von Spielen”; er sucht noch eine kluge Lösung für die Karten in der Mitte, Walter: 3 (für einen älteren Herren gehen Deduktionsspiele über die Geistes- und Gedächtniskraft. Besonders nach zwei Gläsern Wein).
Wegen seiner Begeisterung für das Genre und seine relativ gute Note bekam Moritz das Geschenk des Gmeiner-Verlages als Eigentum überschrieben.

4. “Bluff”
Moritz schlug eine neue Variante vor, die bei Boardgamegeek beliebt ist: Wer zu Recht anzweifelt oder zu Unrecht angezweifelt wird, bekommt für seinen nächsten Wurf temporär einen zusätzlichen Würfel. Nach dieser Variante muß Günther seine Doktorarbeit über die Gewinn-Strategie im “Bluff” total überarbeiten. Insbesondere muß er das Endspiel um die 6:1-Ausgangslage erweiteren.
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

18.01.2012: Priors beten, Fürsten muscheln und Rapas nuien

„Ich bin ins Straucheln gekommen und lag plötzlich zusammen mit Passagieren im Boot“ beteuerte Francesco Schettino, der Unglückskapitän der “Costa Concordia”. Welch ein Zufall, Glück oder Pech, dass auch der erste und der zweite Offizier in das gleiche Rettungsboot strauchelten. Sie sind wohl unglücklicherweise an der Reeling mit den Köpfen zusammenstroßen. Walter schüttelte den Kopf: „Ein Deutscher würde sich schämen, sich mit solchen lächerlichen Lügen aus der Bredouille reden zu wollen.“ Aaron stieß ins gleiche Horn: „Ein Deutscher wäre nie von Board gegangen.“ Horst legte noch eins drauf: „Nicht einmal der Wulff!“ Heute, Mitte Januar 2012 heißt das wohl: „Selbst wenn er ins Straucheln gerät.“ Vielleicht, weil er weiß, dass unten kein einziges Rettungsboot steht.

1. “Ora & Labora”

Jede Menge Ressourcen

Das neue große Spiel von Uwe Rosenberg kann an uns nicht vorbeigehen. Trotz Walters vieler Vorbehalte gegen die enorme Summe an Regeln, Material und komplexen Abhängigkeiten. Und gegen die Masse an erforderlichen Gehirnschmalz, um auch nur einen Bruchteil der möglichen Spieloptionen logisch und logistisch anzugehen. Die Stimmung ging von erwartungsvoll (Horst) über abwartend (Aaron) und großmütig (Günther) bis zu skeptisch-ironisch.
Ein erstes Gelächter erhob sich, als die Unmengen von Spielmaterial auf dem Tisch lagen. Noch mehr als gefürchtet. Von Haus aus gibt es gleich 2 Spielpläne für die Varianten „Frankreich“ und „Irland“. Weiterhin u.a. 4 „Landschaften“ (private Ablagebrettchen für jeden Spieler), 18 Zusatzlandschaften (für die individuelle Erweiterung der privaten Ablagebrettchen) und 450 Spielmarken für die Resourcen Torf, Vieh, Getreide, Holz, Lehm, Münzen, Bücher, Steine, Trauben, Mehl, Malz. Aaron meinte: „Eigentlich müßte man den Rosenberg einmal ansprechen, warum es so viele Resourcen gibt.“ Wahrscheinlich erhielt er eine ähnliche Antwort wie Kaiser Franz II auf seine Kritik an Mozarts „Entführung aus dem Serail“: „Gewaltig viele Noten!“. Mozart soll geantwortet haben: „Gerade so viel Noten als nötig sind.“ Zumindest für ein abendfüllendes Mammutprogramm.
Günther hat bei den Münchener Spuiratzn schon sechs Stunden in einer einzigen „Ora & Labora“-Aufführung verbracht. Deshalb mutete er uns heute nur die Kurzversion zu. Und alle Mitspieler versprachen, nicht zu denken, sondern nur zu handeln. Wir wollten nur die Fäden grob kennenlernen, die ein genialer Komponist hier für uns geknüpft hat.
Unsere Pöppel heißen diesmal „Klosterbrüder“. Wir schicken sie auf unsere Äcker, damit sie dort arbeiten und Rohstoffe einfahren. Wir legen uns Veredelungsbetriebe zu, um die Rohstoffe zu veredeln: aus Lehm wird Keramik, aus Getreide wird Mehl und Stroh, aus Mehl wird Brot und aus Schafen wird (Birgit, bitte weglesen) Schinken.

Mit den Erträgen legen wir uns neue, größere, effizientere Betriebe zu und erzielen mehr und bessere Produkte für größere Erträge usw. Alles ist vorzüglich konstruiert. Alles ist sorgfältig aufeinander abgestimmt und ausbalanziert. Die Konkurrenz um die verfügbaren Äcker und Betriebe bringt ein angenehmes Maß an Interaktion ins Spiel. Dabei herrscht aber keineswegs ein Alles-oder-Nichts-Prinzip vor. Wenn uns ein Mitspieler einen besonders lukrativen Betrieb vor der Nase weggeschnappt hat, können wir ihn für die eigenen Bedürfnisse um einen geringen Obolus mieten.
Auch andere Spielelemente wie

  • das Steigen und Fallen der Preise beim “Ertragsrad”
  • das Verfahren beim Aussenden und Zurückholen der Klosterbrüder
  • das Wachsen und Verteilen der Erträge

zeigen die Handschrift eines erfahrenen Autors, der weiß, wie man ein Thema gefällig, ausbalanziert und mit Stimmung umsetzt. Es gibt ausschließlich konstruktive, vorwärtsgerichtete Spielzüge. Dass mancher aber von der unbeherrschbaren Masse an spielerischer Substanz erschlagen wird, steht auf einem anderen Blatt.
Günther brauchte etwa eine Stunde, um die Regeln für die Kurzversion im groben und ganzen darzulegen. Eine weitere Stunde ließen wir unsere geistlichen Pöppel – weitgehend aus dem Bauch heraus – zwischen Bauerndörfen, Weinbergen und der Künstlerkolonie neben der Hafenpromenade arbeiten. Dann brachen wir ohne Widerrede ab. Wir hatten genug an Einzelfäden kennengelernt. Die weiteren Jahrtausende, die es braucht, um den gesamten Knoten zu erfassen und zu lösen, die haben wir uns heute erspart. Horsts Herzenswunsch: „Man müßte ein Spiel erfinden, das man bereits nach der Erklärung der Spielregeln abbrechen kann.“ Ein gutes Spiel, wohlgemerkt!
Mitten beim Wegräumen des Spielmaterials fiel Aaron bedauernd ein, dass er noch kein Session-Foto geschossen hatte. Günther konnte ihm versichern: „Auch jetzt liegt noch soviel Material auf dem Tisch, dass ein Außenstehender nicht mitbekommt, dass die Hälfte schon abgeräumt ist.“ Aaron tröstete sich damit: „Das Material ist auch nicht fotogen.“ Da sind dem Raben wohl die Trauben zu sauer geworden.
WPG-Wertung: Aaron: 5 (elendige, fummelige Optimiererei), Günther: 6 (es ist nicht mein Spiel, ich kenne aber viele Spieler, die darauf abfliegen), Horst: 9 (das ist mein Spiel. Ich finde das geil und würde jederzeit die Voll-Version angehen.), Walter: 6 (man darf nicht denken, sondern muß sich treiben lassen, sonst ist das Spiel tödlich. Wenn mir jemand die grobe Richtung zeigen könnte, wie man hier auf die Siegesstraße kommt, würde ich für den vergossenen Schweiß des Autors 9 Punkte vergeben.)

2. “Titania”

Schiff Ahoi

Zehn Einträge findet man bei Wikipedia zum Begriff „Titania“, von Kinos über Hängeleuchten bis zur Elfenkönigin. Doch Rüdiger Dorns immerhin schon zweijähriges Spiel ist nicht dabei. Hier steht der Name für ein verfallenes Königsreich, mitten in einem Meer aus Hexagonalflächen.

Wir plazieren rote, blaue und gelbe Schiffe auf dem Meer und entdecken mit ihnen Muscheln und Seesterne. Die Schiffe gehören allen, die entdeckten Gegenstände aber nur denjenigen, der sie zuerst entdeckt hat. Die Muscheln sammeln wir, um damit Türme zu bauen und dafür Siegpunkte zu kassieren. Dazu müssen wir mit unseren neu gelegten Schiffen bestimmte Hexagons der Spielfläche erreichen. Die Seesterne sammeln wir ebenfalls, um sie im richtigen Moment an den Turmbauplätzen in Siegpunkte zu verwandeln, oder um die Siegpunktquoten für die gebauten Türme zu erhöhen.
Mit Handkarten wird gesteuert, welche Schiffsfarbe wir legen dürfen. Maximal drei Karten dürfen wir pro Zug ausspielen. Maximal drei Karten dürfen wir pro Zug nachziehen. Die Summe der ausgespielten und der nachgezogenen Karten muß genau drei ergeben. Man braucht wohl kein Mathematiker zu sein, um daraus zu erkennen, dass man nur eine Karten nachziehen darf, wenn man zwei Karten gelegt hat und dass man keine Karte legen darf, wenn man drei Karten nachziehen will.
Die Schiffe einer Farbe müssen eine zusammenhängende Kette bilden. Es ist also nicht so ganz trivial, als erster einen ganz bestimmten gewünschten Ort auf der Hexafläche zu erreichen. Man muß die richtigen Handkarten gezogen haben, sich definiert-proportioniert annähern und im entscheidenden Augenblick darf kein Mitspieler schneller sein. Bei dem herrschenden Mitspielerchaos mit den unkalkulierbaren Zugmöglichkeiten und Ambitionen ist das Ergebnis zum großen Teil Glücksache. Ein nettes, harmloses Glück, aber doch nur ein Glück.
Dass unser Baumaterial aus Muscheln besteht, legt natürlich das übliche Wortspiel in den Mund. Horst war der unbestrittene Muschelkönig. Aaron offenbarte seine Vorliebe für weiße Muscheln. Am Ende konnte der erfahrenere Günther mit Technik und Raffinesse beiden dann doch noch den Rang ablaufen.
WPG-Wertung: Aaron: 6 (höherer Spielspaß als O&L, er würde mehr Punkte vergeben, wenn das Spiel nach einer einzigen Epoche – ggf. mit mehr Schiffen – zu Ende wäre), Günther: 6 (ein gutes Familienspiel), Horst: 6 (hat Spaß gemacht), Walter: 5 (lockerer Spaß mit sehr begrenzten Planungsmöglichkeiten)

3. “Rapa Nui”

Schon letzte Woche lag das flotte, wohlproportionierte Karten-Sammel-und-Auslege-Spiel bei uns auf dem Tisch. Wir wetteifern mit den Mitspielern um die beste Auslage für die beste Sammlung. Das Spiel

  • ist flott
  • enthält einen hübschen Spannungsbogen
  • mischt Glück und Planbarkeit in einer spielerischen Kombination
  • ist sehr interaktiv

WPG-Wertung: Horst lag mit seinen 8 Punkten („Super-Spiel“) im Bereich der bisheren Wertungen
Horst hält das Spiel für einen Anwärter auf das „Spiel des Jahres“. (Das was als positive Aussage gemeint!) Walter bezweifelt dies. Schon allein wegen seiner Schwierigkeiten in der Kosten-Nutzen-Rechnung für Prieser und Opfergaben.
Hallo Birgit, viel Spaß in den Rapa-Nui-Zweierrunden mit Deinem Horst!

4. “Flaschenteufel”

Ein „Gehirnverzwirrler“, der bei uns als Absacker dem „6 nimmt“ schon den Rang abgelaufen hat. Obwohl es nach erhöhtem Weingenuß nicht mehr so leicht zu durchschauen ist, welchem Nachbarn man die kleinere und welchem die höhere der ungeliebten teufelsverdächtigen Karten zuschustern soll. Und wie man seine Kartenhand abspielen muß, um möglichst viele Stiche zu bekommen, ohne am Ende auf dem Teufelsstich sitzen zu bleiben.
Keine neue WPG-Wertung für ein hübsches Spiel.

11.01.2012: Broken, Natives and Fucking

Moritz und Günther haben im letzten halben Jahr abgenommen. 20-30 kg. Jeder! Beiden steht es super gut. Günther ist immer noch ein stattlicher Mann, schließlich bringt er über 2 Meter auf den Zollstock. Moritz wirkt täglich jünger. Mit den Augen der Liebe gesehen sieht er schon aus wie ein dynamischer Twen. Demnächst darf er unsere Spielberichte nicht mehr lesen. Schließlich gelten fast die Hälfte von ihnen als jugendgefährdend. Zumindest im amerikanischen Sprachraum.
1. “Der Pate”
Vom unmoralischen Regelwerk her eigentlich ein jugendgefährdendes Spiel. Doch Finanzkriminalität wird von der Zensur eher lax behandelt: „Der Pate“ ist schon ab 12 Jahre freigegeben.

Der Pate im Mitttelspiel

2010 ist das Spiel bei Kosmos erschienen. Moritz hat es im Zuge der jährlichen Entrümpelungsaktionen bei Hans-im-Glück abgestaubt. Aus dem Stegreif interpretierte er die Regeln. Das kann ein Risiko sein, manchmal sucht man minutenlang auf dem Spielplan, um bestimmte Stellen wie z.B. „das KO-Feld“ zu finden. Doch mit vereinten Kräften ging das heute alles glimpflich ab.
Im Paten müssen wir würfeln, würfeln und nochmals würfeln. Jeder darf dies mit vier verschiedenfarbigen Würfeln tun. Vier mal pro Zug. Bei jedem Wurf muß man einen Würfel herausnehmen, auf ein Würfeltableau legen und damit eine Aktion auslösen.

  • Der erste Würfel bestimmt die „Einnahmen aus illegalen Quellen“, jedes Geschäft, das der Augenzahl entspricht, schüttet einen Betrag aus. Leider nicht nur dem aktiven Würfler, sondern allen Mitspielern, die ein korreliertes Geschäft besitzen. In der Regel muß man in den sauren Apfel beissen und einem oder mehreren Mitspielern etwas gönnen. Zuweilen muß man sogar froh sein, dass man selber von der im eigenen Zug ausgelösten Ausschüttungsaktion überhaupt etwas mitbekommt.
  • Der zweite Würfel und dritte Würfel muß farbgerecht auf die richtige Spalte der Zeilen für „Ansehen und Einfluss“ im Würfeltableau gelegt werden. Damit regeln wir unsere Schulden, verdrängen Spieler aus ihren Geschäften, bringen sie ins Gefängsnis oder versenken sie gleich tot oder lebendig im Hudson.
  • Der vierte und letzte Würfel ist der einzige, dessen Aktion wir zielgerichtet bestimmen können. Der Würfel löst unabhängig von der Augenzahl eine farbgerechte Aktion aus, und indem wir bei unseren anderen Würfen jeweils einen anderen Farbwürfel herausgenommen haben, bleibt jetzt genau die Farbe übrig, auf die wir ggf. von Anfang an spekuliert haben. Damit können wir jetzt u.a. unsere Pöppel aus dem Gefängnis befreien oder unseren Pegel für „Einkommen“ und „Gefälligkeiten“ erhöhen.

Vier Spieler, die ungebremst aufeinander los gehen können, wo jeder die gleiche Chance hat, den anderen aus einem Geschäft zu verdrängen, wie dieser, in das Geschäft überhaupt erst hinein zu kommen, bewirken, dass man höchstenfalls zu 25% sein Schicksal selber in der Hand hat. Eigentlich ist es noch deutlich weniger. Denn wenn man sich gerade in ein hübsches Geschäft eingenistet hat, ist man mit hoher Wahrscheinlichkeit schon wieder draußen, bevor man auch nur ein einziges Mal abkassiert hat. Zum Abkassieren braucht man ja auch noch einen passenden Würfelwurf, und dafür stehen die Chance auch nur 1:5. Die Freiheitsgrade sind begrenzt. Und wenn man zufällig mal gut gewürfelt hat, kassiert die korrelierte Konkurrenz gleich mit ab (siehe oben).

Der Pate - eine Runde später

Nach der dritten Runde hatte Moritz kein einziges Geschäft mehr in Besitz. Ohne erkennbar einseitige Feindeinwirkung waren alle seinen Geschäftsführer im Gefängnis, geplündert oder erschossen. Mit seinem ersten Würfel mußte er daher notgedrungen den Geldregen ausschließlich über seine Konkurrenten herabregnen lassen. Da ging es nur noch darum, diesen Fremdregen zu minimieren. Kann das – selbst oder grade bei der Mafia – ein gutes Spielprinzip sein?
Aaron stöhnte: „Man sitzt da und staunt , was mit einem alles gemacht wird. Heute trinke ich ganz viel Wein! Sonst halte ich das nicht aus!“ Dabei hatte er noch nicht einmal schlecht gewürfelt. Tröstlich klang da die Erkenntnis: „Wir haben schon mehr als die Hälfte hinter uns.“ Tröstlich sollte eine solche Erkenntnis für den Spieleautor allerdings nicht sein.
Wir spielten ehrlich bis zum Altruismus. Irrtümlich zuviel gezahltes Geld wurde freiwillig zurückgegeben. Gedacht wurde auch nicht mehr. Offensichtlich hatte sich bei allen ob der mangelnden Balance und der frustrierenden Abläufe ein absolutes Juxgefühl eingestellt. Siegeswille und Geldraffgier waren restlost verflogen. Aaron konnte sich sogar zu dem Satz aufraffen: „Es ist ein lustiges Spiel.“ Doch unser ansonsten spieldesignfehlertoleranter Moritz konstatierte: „Das Thema ist verfehlt. Für die Mafia ist es ja das Wichtigste, Geschäfte zu übernehmen und Schutzgelder zu erpressen. Hier geht es aber unausweichlich darum, Gegner ins Gefängnis zu bringen oder im Hudson zu versenken.“
Günther hat nur nicht wegen guten Würfelns gewonnen. Er hatte sich nur, wie es seinem Charakter entspricht, konsequent auf „Gefälligkeiten“ verlegt und konnte damit in der Schlußphase absahnen.
Jemand sagte noch: „Das ist ja wie bei ’Ora & Labora’, nur besser!“ (Ich war das nicht!)
WPG-Wertung: Aaron: 4 (nicht broken, enthält aber eine Menge Stimmungskiller), Günther: 4 (wohlwollend), Moritz: 4 (lustig, wenigstens ein bißchen. Die Züge dauern zu lange und enthalten kein bißchen Interaktion), Walter: 3 (reines Würfelchaos ohne Planung. Monopoly ist besser, viel besser. Und stetiger.)
2. “Rapa Nui”
Wir blieben bei Kosmos. Rapa-Nui heißen die Ureinwohner der Osterinseln und „Rapa-Nui“ ist ein schnelles, ausgereiftes Kartenspiel, in dem wir durch geschicktes Sammeln und Auslegen von Karten unser „Dorf“ am besten entwickeln müssen.
Jeder Spieler legt pro Zug ein bis drei Personenkarten aus seiner Kartenhand in seine Dorfauslage. Die Personen sind:

  • Holzfäller, damit gewinnen wir Holz (= Geld)
  • Jäger und Sammler von den vier Rohstoffen Fisch, Beeren, Kartoffeln und Getreide
  • Priester, für direkte Siegpunkte, ansonsten bringen sie nichts, kosten aber Geld
  • Moai (die berühmten Steinköpfe), zum Einfluß auf die Wertigkeit der gesammelten Rohstoffe

Eine Karte auszulegen ist kostenlos, mehrere kosten Geld, es dürfen nur identische Karten abgelegt werden.
Für jede ausgelegte Karte ziehen wir eine Karte aus einem Angebot von vier offenen Stapel nach. Der Stapel, von dem wir die letzte Karten gezogen haben, löst einen Rohstoff-Nachschub aus: Die jetzt oberste Karte (Holzfäller, Jäger & Sammler etc.) bestimmt, welche Karten in den Dörfern der Spieler bewertet werden. Sie bekommen dafür jetzt Nachschub an Holz, Rohstoffe oder Siegpunkten. Und hier kommt eine einfache, aber sehr fein ausgeklügelte Logik ins Spiel. Wir haben eine gewisse Freiheit, uns die Karten zu nehmen, die wir in einem der nächsten Züge passend ablegen wollen. Zusätzlich müssen wir darauf achten, welche Karte danach im Stapel oben liegt, damit wir eine für uns günstige Nachschublieferung auslösen. Einfach aber pfiffig.
Legen wir eine Moai-Karte ins Dorf, so muß jeder Spieler eine Rohstoffkarte offen in den Opferstock geben. In der Schlußwertung bestimmt der Inhalt des Opferstockes den Wert der einzelnen Rohstoffe. Jede Karte (in der Hand der Spieler) von der Rohstoffsorte, die am meisten gespendet wurden, ist am Ende 3 Punkte wert, die anderen jeweils 1 Punkt weniger. Aus diesem einfachen Wertungsprinzip ergibt sich eine Abwägung zweier gegensätzlicher Effekte: Gebe ich viele Rohstoffkarten einer Sorte in den Opferstock, so wird deren Wert hoch, ich habe aber nur noch wenige Karten für die Wertung in der Hand. Und umgekehrt. Einfach aber pfiffig.
Damit die Wertigkeit im Opferstock aber nicht so trival mechanistisch auszuzählen ist, legt jeder Spieler, der einen Moai errichtet, noch eine Rohstoffkarte verdeckt in den Opferstock. Jetzt läßt sich nur noch vage mutmaßen, welche Karten hier wohl drin liegen. Eine gute Idee, um eine unspielerische Totalauszählung zu vermeiden.
So sind in dem einfachen Kartenspiel einige hübsche antagonistische Mechanismen realisiert:

  • Wir müssen beim Ausbau unseres Dorfes mit den Mitspielern kooperieren, damit wir gegenseitig beim Rohstoffnachschub profitieren.
  • Wir müssen beim Ausbau unseres Dorfes mit den Mitspielern konkurrieren, damit wir in einzelnen Rohstoffarten dominieren und uns selbst am meisten zuschustern können.
  • Wir müssen beim Ausbau unseres Dorfes diversifizieren, um mit Mitspielern kooperieren zu können.
  • Wir müssen beim Ausbau unseres Dorfes kumulieren, damit wir bestimmte Rohstoffe billig bis kostenlos erwerben können.
  • Wir können vorausplanen, aber nur wenige Züge, so dass wir uns langwierige Denkprozesse ersparen können.
  • Eine gewisse Gedächstnisleistung beim Einschätzen des Opferstocks wird honoriert, doch ist hier eine spieltechnisch vernünftige Unsicherheit eingebaut.
  • Vieles ist planbar, doch auch die Glücksgöttin kann dabei mitmischen: bei der Kartenauslage in den offenen Stapeln, beim plötzlichen Spielende und natürlich im Opferstock.

WPG-Wertung: Aaron: 8 (nette Mechanismen, schnell, funktioniert phantastisch), Günther: 8 (mit wenig Mitteln viel erreicht, flott, erfrischend), Moritz: 8 (ausgewogen, simpler Klasse-Mechanismus, thematisch getroffen), Walter: 7 (hübsch, der erhebliche Zufallsanteil verhindert aber eine noch höhere Note.)
3. “Aquarium”
Ein Kartenspiel mit bunten Fischen in 5 Farben und 3 Größenordnungen. Die Spieler müssen sich sequentiell Fische kaufen und bekommen am Ende erstens für jeden Fisch und zweitens für bestimmte Fischkombinationen (verschiedene Farben – gleiche Größenordnung oder gleiche Größenordnung – verschiedene Farben) Siegpunkte.
Zum Kaufen können die Spieler aber nicht einfach in ein Fischkartengeschäft gehen und sich aussuchen, was zu ihren Ambitionen und zu ihrem Geld paßt. Das Angebot ist eng begrenzt und zufallsgesteuert: vom verdeckten Stapel wird eine Fischkarte aufgedeckt, die ein Spieler jetzt kaufen kann oder nicht. Weiterhin können die Mitspieler jedem Kaufwilligen in die Suppe spucken, und zwar gleich zweimal. Wenn ein Spieler zu einem Kartenkauf genickt hat, dürfen alle anderen Spieler mit Aktionskarten das Angebot verändern. Sie können:

  • den ausliegenden Fisch durch einen Fisch aus dem eigenen Aquarium austauschen. (Da hat man sich gerade einen roten Teenagerfisch ausgesucht und schwupps hat ihn ein böser Mitspieler in eine blaue Omma umgetauscht.)
  • den ausliegenden Fisch durch einen neuen Fisch vom verdeckten Stapel austauschen. (Mögliche Effekte wie oben, nur nicht zielgerichtet sondern mehr zufällig.)
  • noch einen Fisch vom verdeckten Stapel dazulegen. Dann müssen beide Fische gekauft werden oder man bekommt gar keinen. (Da freut man sich gerade über einen gelben Billigheimer, da kommt per Zufall noch ein grüner Luxushecht hinzu, den man schon gar nicht in seinem Aquarium gebrauchen kann.)

Steht endlich das Fischangebot fest, geht es um den Preis. Zunächst mal hat die Auslage einen wohldefinierten Preis, Teenager sind billig, Ommas sind teuer. Doch jeder böse Mitspieler kann jetzt

  • den Preis um einzelne Einheiten nach oben bringen. (Gemeinsam sind sie stark!)
  • den Preis verdoppeln (jetzt wird das Angebot so teuer, dass sich das keiner mehr leisten kann)
  • den Preis halbieren (dafür streichen jetzt sie anstelle der Bank das Geld ein. Teilen fällt schwer!)

Wenn man genügend Geld hat, sind diese Preismanipulationen ja noch tolerierbar. Doch nach den ersten paar Geschäften geht allen Spielern schnell die Puste aus. Dazu kommt noch eine weitere Geldschröpfung: Wir müssen in unregelmäßigen Abständen die Fische in unserem Aquarium füttern. Mit unserem Geld. Kurze Überschlagsrechnung: Als Startgeld bekommt jeder Spieler 15 Geldeinheiten. Kauft er sich davon für 5 Einheiten 2-3 Fische (da muß er noch Glück haben, dass die Mitspieler ihm die Preise nicht versalzen), dann muß er bei der Fütterung nochmals zufallsbestimmt das ein- bis dreifache an Geldeinheiten hinblättern. Wenn er das Geld nicht hat, ist er seine Fische wieder los. Frage an Lieschen Müller: Wieviel Fische bleiben ihm denn bei dieser Überschlagsrechnung nach der ersten Fütterung noch übrig?
Das Spiel bietet eine Möglichkeit, seine Fische auch ohne Geld zu füttern: Man kann sich Wasserpflanzen kaufen, die erzeugen dann Sauerstoff und Futter. Doch die Wasserpflanzen sind so sakrisch teuer – von Haus aus schon etwa die Hälfte unseres Grundkapitals, dazu kommt dann noch die Preisverdoppelung der miesnickeligen Mitspieler – , dass sie sich quasi kein Spieler leisten kann.
Es gibt noch eine weitere Möglichkeit, Futtergeld zu sparen: Man schickt zwei identische Fische (in Farbe und Größenordnung) in das Zuchtbecken. Dort verbrauchen sie (offensichtlich bzw. regelrecht) kein Futter, sondern bringen sogar noch pro Runde 1-3 Kröten, sprich Geldeinheiten für den Nachwuchs (nur virtuell) ein. „Fickfische“ haben wir diese Tierchen genannt. Einen englischen Ausdruck gibt es dafür nicht, im amerikanischen Sprachraum wäre das Wort dafür auch schon längst in Guantanamo gelandet.
Fazit war: Die Fütterungen waren so teuer, dass bei Spielende jeder mehr oder weniger vor einem leeren Aquarium stand. Nach einer knappen Stunde Spiel mit Kaufangeboten von etwa 100 verkauften Fischen befanden sich in den Händen aller vier Spieler nur insgesamt 9 lose Fischlein. Es gab keine einzige Fischkombination. Aaron mit einer einzigen Wasserpflanze und zwei blauen Fischlein wurde mit 5 Siegpunkten Sieger. Kann solch ein Ergebnis „gewollt“ sein? Kann es sein, daß wir eine Regel übersehen haben? Oder zwei oder drei? Aaron wollte bis zum Schluß nicht glauben, dass wir das Spiel richtig verstanden haben. Moritz versicherte ihm dies verzweifelt bis glaubhaft.
Fürs nächste Mal versprach er noch eine Expansion (, die ihm die attraktive Verkäuferin in Essen gleich mitaufgedrängt hatte). Oder war das eher eine Drohung?
WPG-Wertung: Aaron: 3 (wegen der Fickfische, sonst weniger. Das Spiel funktioniert nicht), Günther: 2 (wegen der strikten Begrenzung auf nur 2 Fickfische), Moritz: 3 (amüsant – wegen der F. – aber broken), Walter: 2 (überhaupt kein Spielfluß, außer bei den F.)
Vielleicht braucht man für dieses Spiel eine konsequente Strategie:

  • Im ersten Drittel kauft man nur Pflanzen (wenn sie denn angeboten werden und erschwinglich sind)
  • In allen weiteren Runden setzt man aus und kassiert dafür das Sitzungsgeld. (Dies beschleunigt Denkprozesse und Spiel)
  • Mit den letzten beiden Spielzügen kauft man für sein gesamtes Geld alles Fischige was zu haben ist. (Für das dann übrig bleibende Geld kann man die eingehandelten Fische wohl auch noch ernähren)

Zumindest nach dem heutige Ablauf wäre man damit unangefochtener Sieger geworden.
4. “Flaschenteufel”
Aaron muß heute früh raus. Deswegen um 24 Uhr nur noch einen schnellen „Flaschenteufel“ bis 100 Punkte. Mit Stoppuhr-Limit für den Sudden Death. Mit der notwendigen Grübelzeit für Kartenablage und Kartenpflege schafften wir in 20 Minuten gerade mal 4 Runden. Moritz legte sich nach der dritten Runde auf einem Polster mit 75 Pluspunkten zu Ruhe. Es reichte zum Sieg.
Keine neue WPG-Wertung für einen hübschen Absacker.

04.01.2012: Glück und Zufall in der Goldenen Stadt

„Wir wissen es wohl: wer nur wie im Spazierengehen einmal einen Blick nach der Wissenschaft hin tut, nach Art der Frauen und leider auch vieler Künstler: für den hat die Strenge ihres Dienstes, diese Unerbittlichkeit im Kleinen wie im Großen, diese Schnelligkeit im Wägen, Urteilen, Verurteilen etwas Schwindel- und Furchteinflössendes. Das Gutmachen gilt als die Regel, das Verfehlte als die Ausnahme. Diese “Strenge der Wissenschaft” erschreckt den Uneingeweihten. Wer aber an sie gewöhnt ist, mag gar nicht anderswo leben, als in dieser hellen, durchsichtigen, kräftigen, stark elektrischen Luft, in dieser männlichen Luft.“
Der gute Nietzsche hat in seinen „Die fröhlichen Wissenschaften“ so manchen Blödsinn verzapft. Co-Mentar würde sogar schreiben: „einen rechten Scheiß“. Beim obigen Spruch weiß ich nicht so recht, wie ich ihn einordnen soll. Zumindest überlasse ich es unseren Spielern und Lesern, sich selber einzuschätzen, was sie sind: Frauen, Künstler oder elektrische luftige Männer.
1. “Die goldene Stadt”
Gut zwei Jahr ist das Spiel alt und Aaron fragte provokativ: „So ein altes Spiel traust Du uns vorzulegen!“ Horst entschuldigte sich: “Einige Monate liegt es schon am Westpark herum. Es wird höchste Zeit, die Schimmelflecken davon zu entfernen.”
Die goldene Stadt ist eigentlich eine Insel. Wir fangen unseren Marsch an einem der vielen Orte ihrer Küstenlinie an, ziehen durchs Vorland, errichten Handelshäuser, gewinnen Geld und Siegpunkte, bis wir schlußendlich das Innere der Insel erreichen, dabei den größten Reibach machen und das Spiel beenden.
Für jeden Schritt auf der Insel müssen wir die richtigen Bewegungskarten besitzen. Pro Zug stehen jedem Spieler zwei neue Bewegungskarten zu, die von einer offenen Auslage gezogen werden. Der Startspieler darf sich die ersten beiden aussuchen, doch können sie ihm von jeden Mitspieler streitig gemacht werden, der bereit ist, dafür Geld zu bezahlen. Wer mit seinem Geld lieber Siegpunkte kassiert, der muss sehen, was übrig bleibt.
Das Spiel ist ein monetärer Konkurrenzkampf beim Ersteigern des Wegerechts und ein topologischer Konkurrenzkampf beim Belegen der Straßen auf der Insel. Walter sah „viele Wege zum Glück“. Für Aaron waren alle „zu mehr als 50% vom Zufall abhängig“. Zumindest im Ertrag. Wem das Glück bzw. der Zufall gewogen ist, der bekommt gleich in der Startphase die richtigen Bewegungskarten, wo er auf seinem Weg lukative Bonuskarten findet und hohe Siegpunktquoten einfährt. Wer weniger glücklich bedacht wird, kann zwar reichlich Pläne machen – immerhin ein deutliches Plus im Spieldesign – , doch auf seinem Weg fließt Milch und Honig nur in dosierten Mengen.
WPG-Wertung: Aaron: 6 (keine Begründung, warum er einen Punkt mehr oder einen Punkt weniger vergeben solle), Günther: 7 (locker, es gibt eine Menge Ausgleichsmöglichkeiten für Unbilden des Schicksals), Horst: 7 (flüssig), Walter: 7 (konstruktiv).
2. “Ora et Labora”
Das neue Monsterwerk von Uwe Rosenberg ist als Quadrat-Agricola verschrieen. Die Menge und Vielfalt der Karten ist unbeherrschbar und ließ Walter schon in der Ankündigung eine Gänsehaut über den Rücken laufen. Aber irgendwann muss dieses Monsterspiel auch am Westpark gespielt werden. Also heute, wenigstens in der Anfängerversion.
Doch beim Öffnen der Schachtel starrten uns gleich hunderttausend Landschaften, Marker, Karten, Pöppel und Anzeiger frech und hämisch ins Gesicht. Walter schlug die Hände überm Kopf zusammen. Heute nicht. Lieber irgendwann mal in einer Privat-Session bei Moritz. Ohne ihn. Immerhin bat Horst darum, beim nächsten Ausprobieren der Voll-Version dabei sein zu können.
3. “Principato”
Jeder Spieler besitzt ein Fürstentum, repräsentiert durch einen 20 mal 30 cm großen Pappkarton. Darauf gibt es fünf farbige Bereiche (grünes Land, gelbe Stadt, blaues Schloss, purpur Kirche und rote Stadtmauer), die es zu entwickeln gilt. Die grünen Früchte werden auf den grünen Feldern geerntet und in den grünen Höfen gespeichert. Mittels grüner Früchte werden gelbe Banken und gelbe Paläste errichtet. In den Palästen wird gelbes Geld erzeugt und in den Banken gespeichert. Mit dem Geld werden wiederum grüne Felder und Höfe gekauft. In dieser Abhängigkeit ist eine Minimalausrüstung an grünen und gelben Betriebsmitteln unabkömmlich, auch wenn man nicht unbedingt Felder und Paläste braucht, sondern die Produkte per Steuereintreiber gleich aus dem Nichts heraus erzeugen lassen kann. Später lohnt sich eine Konzentration auf eine einzige Farbe, in der wir unsere Siegpunktquellen einseitig kräftig sprudeln lassen.
Mittels gelber und/oder grüner Produkte erstehen wir Statuen, Bilder und Manuskripte, die wir im Schloss sammeln. Alle diese Kunstwerke liefern in der Schlußwertung mehr oder weniger Siegpunkte. Und wenn einem Spieler gar nichts Gescheites einfällt, investiert er in die Kirche und handelt sich damit Gunststeine ein, die ihm bei dieser oder jener Mangelerscheinung aus der Patsche helfen.
Die rote Stadtmauer ist für das Militär gedacht. Hier können wir Rekruten, Söldner oder Katapulte aufstellen. Die Katapulte kosten lediglich bei ihrer Anschaffung Früchte und Geld, anschließend stehen sie kostenlos herum. Für Rekruten und Söldner müssen wir bei den Zwischenwertungen jedes Mal reichlich Früchte und Geld ausgeben, um sie bei Stange zu halten. Das kostet so viel, dass es sich wirklich lohnt darüber nachzudenken, ob man in diese Militärelemente überhaupt einen einzigen Pfifferling investiert. Ihre Kosten-Nutzen-Relation bei Siegpunkten ist nur marginal, besonders wenn sich mehrere Spieler um die Dominanz streiten. (Hallo Thomas, bringe bitte schnellstens unsere Körndelfresser aus Afistan nach Hause!)
In Gang gesetzt werden unsere Aktivitäten in unserem Fürstentum mittels Aktionskarten, die es erlauben, jeweils einen Wirtschaftsvorgang in unserem Fürstentum durchzuführen, z.B. Felder anzulegen oder diese abzuernten. Dabei ist ein sehr pfiffiges Spielkonstrukt eingebaut: wir müssen unsere benutzten Aktionskarten in einen öffentlichen Pool zurückgeben, so dass sie früher oder später jedem Spieler einmal zur Verfügung stehen. Nach einem wohldefinierten Alterungsprinzip werden die Karten in diesem Pool ausgetauscht.
Beim funktionellen Design der Aktionskarten hat der Autor Touko Tahkok Allio deutlich Rücksicht genommen auf die intellektuelle Aufnahmefähigkeit der Mitspieler. Er hat genau den entgegengesetzten Weg eingeschlagen wie Uwe Rosenberg mit seinen Karten-Monstern: In „Principato“ gibt es nur etwa 12 verschiedene Kartentypen, die sich in allen drei Spielphasen – mit leichten Variationen in der Häufigkeit – wiederholen. Leicht zu merken, aber auf Kosten einer möglichen Dynamik.
WPG-Wertung: Aaron:6 (es wären 7 Punkte gewesen, wenn nach der zweiten Spielphase Schluß gewesen wäre), Günther: 5 (zu wenig Variation in den Karten), Horst: 6 (unstressig; viele Spielelemente sind allerdings zu unausgewogen), Walter: 6 (das Spiel könnte durch eine bessere Kartenauswahl mit gezielten Steigerungseffekten erheblich gewinnen).
4. “Bluff”
Günther verlor mit Walters „Immer-4-Strategie“ das 3:1-Endspiel gegen Horst. Altes Mathematiker-Dilemma: Man muss Theorien nicht nur kennen, sondern auch richtig anwenden können! Zu seiner Ehrenrettung: Er war im Endspiel derjenige, der nur einen Würfel hatte.
Im zweiten Spiel stieg Horst auf die Massiv-Einser-Strategie um. Aber nur, weil er die letzte U-Bahn erwischen wollte. Doch massiv Federn lassen mußte dabei Günther. Nach drei Runden war er ausgeschieden. Aaron gab vor: „Wer als nächster ausscheidet, muß zur U-Bahn!“ Es traf den Hausherrn.
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.
Zum Schluss noch einen Frauenwitz von Horst. Im ersten Ehejahr sagt man: “Kann ich Ihnen meine Frau vorstellen.” Nach dem fünften Ehejahr sagt man: “Können Sie sich vorstellen, das ist meine Frau!” Nach dem zehnten Ehejahr heißt es: “Können Sie sich bitte vor meine Frau stellen.”
Nachtrag für Birgit: “Ganz ohne Weiber geht die Chose nicht!”

The Gaming Year 2011

Transcript of the podcast published January 2nd, 2012.

Thoughts on the year as a whole
I think this was a solid year for games – there was lots of meaty stuff for gamers to enjoy and there were surprisingly few duds and annoying games. The quality publishers kept their quality and didn’t disappoint, and the publishers of Munchkin or Fluxx?, well, they published Munchkin and Fluxx!…. My feeling is that the scene is in waiting mode regarding the development and increasing success of iOS and android board games, hybrids and conversions. I suspect that the most innovative things will happen there the next year.

Best game
That would be a very close race between three different games in three different genres: “Strasbourg” would win in the Euro category, “Mansions of Madness” in the Ameritrash category, and “Olympos” in the civilization building category.

Best reprint
Of course one should mention the new version of “Puerto Rico”, but as a fan of the game I also would especially recommend the “Game of Thrones” board game, which still ranks among the best franchise themed board games ever made. We shouldn’t also forget “Airlines Europe”, a loving reprint of a gaming classic.

Biggest disappointment
The biggest disappointment as a game this year was “Sid Meier’s Civilization” by Fantasy Flight Games. It didn’t work at all for me – a dull civ building game with all the known problems of the genre amplified by take that cards and imbalanced player powers.

Biggest surprise
My biggest good surprise this year was the sudden emergence of Pegasus games as a serious Euro game publishing contender, and of excellent Euro games to boot. This is as surprising as if Fantasy Flight Games would suddenly publish “Agricola”.

Biggest news
Rich Sommer from my most beloved show “Mad Men” on the Dice Tower? That’s frakkin’ unbelievable! Next thing you probably want to tell me that internationally known games expert Tom Vasel and famous voice actor Eric Summerer are on the show as well. They are? Aaaaahhhh!!!!!!

Best card game
Apart of “Game of Thrones CCG” I also like “Lord of The Rings The Card Game” for its bold innovative idea of making solitaire or group play the basic mechanic of the game, something that had not been done that well yet in the expandable card game genre. Perhaps anybody remembers “Ruins World”, which went into that direction? It was an excellent idea, but awfully handled, FFG did it right.

Best expansion
I have only played it on the iPad yet, but “Ascension: Return of the Fallen” is a good expansion to an already great game.

Best children’s game
It’s a strange choice as it isn’t marketed as a kid’s game, but Polish game “Drako” is simple enough to be played with kids and actually teaches them concepts like hand management very well. It also plays very quick, in 10-20 minutes, so it is really an excellent introduction to meatier games, like their game K2 a year back was as well.

Strangest game
I haven’t played it yet, but “011” looks extremely strange and interesting, a little like my beloved “City of Chaos”. But is it a good game? I haven’t tried it yet, but some say it’s like a bad “Cluedo” variant, we will see.

Worst game
I don’t know if you heard about the three Nazi terrorists in Germany who were recently discovered by the police. In their backyard they produced a game with which they hoped to finance their terrorist activities – it was called “Progomly”, a miserable monopoly variant that actually sold a handful of copies in terrorist circles. I don’t know what’s worse – the idea of such a game or the notion to be able to make money of it.

Biggest brainburner
Ok, at some point in ambitious online Carcassonne play the realization sets in, that from a certain level of play on luck will play a huge role in determining the winner. But how on earth can people get to an ELO of nearly 2000 then, whereas I seem to get stuck between 1700 and 1800? Why????????

Most innovative game
It was a late discovery for me, but “Olympos”, the new game by the designer of “Small World”, has many extremely interesting concepts, like the handling of resources possession and the way civilization advance is handled. It also plays really quick, for me it was the surprise hit of 2011.

Favorite gaming event of 2011
My favorite gaming event continues to be our summer visit at Alea gaming apartments on Paros, Greece, and the time spent there with Dimitris Varrias and his family.

Wish I had played
“Warriors and Traders” is a game that created quite a buzz in Essen and which I have sitting on my shelf. I love the idea of an empire building and conquest game that gives you the option to win peacefully and solves the typical problem of whoever battles or is battled first loses.

Best components
Ok, I just live “Mansions of Madness” and its many bits, a lot of attention to detail has gone into the creation of this monster haunted house game, and it shows.

Best art
I have to say that Fantasy Flight Games “Game of Thrones” card game holds a continuous standard of excellent illustrations, even though recently a slight resemblance to the TV version actors shows through in recent illustrations. But that is not the worst thing, as the TV series is excellent too!

Special Award
The best inside joke award in game design goes to Geoff Engelstein and his son for their inclusion of the Eggert reactor in their excellent game “Ares Project”. Actually I wish I own that reactor and have endless power!

All the best for our friends in 2012, the year of the where the creepy Mayo prophecy will finally come through. Yes: French fries actually DO taste better with Mayo, I don’t care what Quentin Tarantino says.

"Was lag auf den Tisch?"