03.12.2014: Der Viehdieb kehrt zurück

Es wird immer wieder mal moniert, dass wir nach einem einmaligen Spielen uns bereits trauen, ein Spiel zu bewerten und Spielberichte darüber schreiben, die den Anspruch einer Rezension haben. Moniert wird das natürlich in der Regel von Spielern, die einen anderen Geschmack haben als wir.

OK, OK, zuweilen spielen wir etwas falsch und zuweilen entsteht daraus bei uns ein falscher Spieleindruck. Nobody is perfect. Dass wir aber keine Spielregeln aus dem Regelheft abzuschreiben, ist beabsichtigt; es erspart uns Schreibarbeit und unseren Lesern Lesearbeit. Wir bringen von den Regeln nur so viel, dass ein Leser unseren Spieleindruck, unser Lob und Tadel in etwa richtig einordnen kann.

Schließlich sind wir drei, vier oder mehr Köpfe, die zu einem neuen Spiel ihr Spielgefühl entwickeln und zum Ausdruck bringen. Das sollte dann schon nicht so ganz weit weg von der Realität entfernt sein. Außerdem. Ein Spiel ist wie ein Wein: Es reicht schon ein erster Schluck um zu erkennen, ob es ein gelungenes Produkt ist oder nicht. Prost.

Übrigens: DER Wein, der mich in diesem Jahr auf Anhieb überzeugt hat, war ein Tignanello. Eine tolle Empfehlung für alle, die noch Weihnachtsgeschenke suchen oder sich am Heiligen Abend selbst etwas gönnen wollen.

1. “La Isla”

Stefan Feld war sehr fleißig. Dieses Jahr in Essen sind Aaron gleich drei Neuerscheinungen von ihm aufgefallen: „Aquasphere“ bei Pegasus Spiele, „Brügge“ – Erweiterungen bei HiG und „La Isla“ bei Ravensburger. Der Mann hat’s geschafft. – Auch wenn Ravensburger es offensichtlich nicht beim ersten Anlauf geschafft hat, „La Isla“ zum angekündigten Termin oder zu den anvisierten Herstellungskosten auf den Markt zu bringen: Der Termin wurde verschoben, die hübschen, hölzernen Forscher durch dünnes (aber immer noch funktionelles) Plastikmaterial ersetzt, und die Spielhilfe radikal auf eine Version pro Spielersprache zusammengestrichen, obwohl die Spielhilfe zum Verständnis und Merken der Bedeutung von 180 verschiedenen Aktionskarten nahezu lebensnotwendig ist.

Pro Zug zieht jeder Spieler verdeckt drei dieser Aktionskarten, begutachtet sie (mit oder ohne Spielhilfe) und ordnet sie jeweils einer Spielphase zu. In jeder Spielphase hat jede Aktionskarte eine andere Bedeutung: In der Phase 1 reiht man die entsprechende Aktionskarte in sein Portefeuille ein und darf im weiteren Verlauf ihr Privileg nutzen. Näheres kriegen wir später. In Phase 2 bekommt man einen Spielstein in einer bestimmten Farbe dafür, und in der Phase 3 darf man einen Marker auf einer von fünf Wertungsleisten nach oben schieben. Zwischen diesen Phasen darf man einmal einen seiner sechs schlanken Plastikforscher auf ein ausgewähltes Feld des 25 Felder großen Spielbretts schicken. Dort bleibt er in der Regel stehen, bis dass der Tod uns scheidet.

Ein Mitspieler darf seine Forscher auf die gleichen Felder stellen wie wir. Es herrscht keine Monogami und es kostet auch nichts extra. Frisch, fromm, friedlich wird die Insel mit Forscherpöppeln belebt.

Zwischen den Forscherfeldern des Spielbretts liegen Tierplättchen. Hat ein Spieler an den zwei, drei oder vier Ecken eines Tierplättchens seine Forscher platziert, so darf er das Tierplättchen einstreichen und bekommt dafür sofort und/oder bei Spielende Siegpunkte.

Um diese Tierplättchen könnte es eine echte Konkurrenz gegen, denn wenn das Plättchen weg ist, bekommen die Hinterbliebenen nichts mehr. Allerdings ist die Insel groß, der Forscher wenige, der Tierplättchen viele, und die Auswahl der Felder, auf die man seine Forscher stellen darf, ohnehin begrenzt, so daß große Lust an und auf Konkurrenz erst gar nicht aufkommt. Zudem spielt ein guter (Go-)Spieler bei sich selbst, so dass schon aus diesem Grund die guten Spieler sich nicht ins Gehege kommen.

Jetzt noch zu den Privilegien auf den Aktionskarten. Für ausgewählte Forschungstätigkeiten, für das Platzieren an, bei, neben oder unter ausgewählten Stellen bekommt man Siegpunkte, zusätzliche Spielsteine, braucht weniger Spielsteine um einen neuen Forscher zu platzieren, darf einen Wertungsmarker nochmals verschieben, kann die Farben seiner Spielsteine wechseln, bekommt zusätzliche Forscher, zusätzliche Kapazitäten für seine Privilegien, zusätzliche Aktionskarten zur Auswahl, und was dergleichen Effekte mehr sind. Der gute Stefan Feld hat sich immerhin 180 verschiedene Möglichkeiten dafür ausgedacht. Fast ein Rosenberger!

Wann ist das Spiel zu Ende? Wenn die fünf Wertungsmarker sich auf eine bestimmte Wertungssumme hochgeschoben haben! Dann wird der gesammelte Besitz an Tierplättchen nochmal durch alle Wertungsmühlen gedreht. Friedlich und fromm.

WPG-Wertung: Aaron: 5 (das Spiel ist schnell, aber ich kann ihm nichts abgewinnen. 3 Karten ziehen und nach bestem Wissen und Gewissen einsortieren, macht mich nicht satt), Günther: 5 (komplett solitär und zufällig), Horst: 6 (gute Kombination aus schnell und überschaubar, keine lange Überlegenszeiten, hätte gerne noch vier bis fünf Runden länger gespielt, hätte dem Spiel 7 Punkte gegeben, wenn das Ende nicht so abrupt gekommen wäre), Walter: 5 (Interaktion ist gleich Null).

2. “El Gaucho”

Aarons Engelszungen und dem eigenen schlechten Gewissen, durch Anfängerfehler die geniale Spielkonstruktion zum Einsturz gebracht zu haben, war es zu verdanken, dass ein bereits halb-abqualifiziertes Spiel nochmals auf den Tisch kam. (Siehe Spielbericht von letzter Woche.) Alle richteten ihre Blicke konzentriert auf den Viehdieb; jeder hatte die Absicht, ganz vorsichtig zu agieren, d.h. nur aufsteigende Ketten von zunächst kleinen Rinderwerten zu bilden, und dem Viehdieb keine leichte fette Beute zu überlassen. Zudem liebäugelte jeder, sogar unser Gegenstrategist Aaron, mit einem halben oder ganzen Auge in die Richtung, selber Viehdieb zu werden.

El Gaucho
El Gaucho

Dabei hätte Günther die Güntherrolle (siehe Spielbox-Diskussion zu „El Gaucho“) gerne den Mitspielern überlassen; ihm geht es bei allem Siegeswillen immer auch darum, die verschiedenen Strategien eines Spiels auszuprobieren, selbst wenn da mal was in die Hose gehen könnte. Sollte er aber kalten Blutes heute zusehen, wie Walter ihm den Günther macht? Das ging dann doch über seinen Altruismus. Also schlüpfte er der Not gehorchend, nicht dem eignen Trieb doch wieder selber in die Rolle des Viehdiebes, holte konsequent den Mitspielern das beste Pferd aus dem Stall … und gewann erneut mit nicht unerheblichem Vorsprung.

Die Stimmung war friedlich. Jeder war ja auf diesen Ablauf gefasst gewesen, nur der Erfolg oder Misserfolg dieses Vorgehens war offen. Aber unsere Vermutung des ersten Anscheins wurde vollauf bestätigt: der beste Viehdieb gewinnt.

Alle waren mit dem Viehdieb-Mechanismus in „El Gaucho“ grundsätzlich einverstanden. Er passt thematisch und ist ein hübsches Interaktionselement, das dem ansonsten eher solitären Würfeln-und-Einherden deutlich Spannung und Lebendigkeit verleiht. Doch muss es alle anderen ehrlichen Vorgehensweisen so entscheidend dominieren? Wäre es nicht auch halbstark gegangen?

Bei uns wurde keine einzige 4er Kette von Rindern gebildet und verkauft, immer nur kürzere. Wobei eine 4er oder 5er Kette mit 5 oder 6 als wertvollstem Rind auch absolut witzlos ist. Eine 4er oder längere Kette aber, mit einer 10, 11 oder 12 am Ende – welch eine Hoffnung, welch eine Freude eines jeden Gauchisten! Allerdings weckt sie, wenn sie sich denn überhaupt bilden lässt, in jedem Fall die höchste Begehrlichkeit aller Mitspieler und ist schneller wieder zerstört als aufgebaut. Echt schade um dieses konstruktive Freudenelement! Außerdem: Ist es in einem Familienspiel überhaupt angemessen, dass ein gerissener Vater seiner ungerissenen Tochter ein 12er Rind aus der sorgsam angesammelten Herde stiehlt?

WPG-Wertung: Aaron: 7 (vorher 6), Günther: 4 (bleibt, trotz seines Doppelerfolges; fand die Diebesrolle langweilig; wenn Autor und Verlag an dieser Problematik arbeiten würden, wäre das Spiel locker 7 bis 8 Punkte wert), Horst: 7 (ein super Spiel, findet den Würfelmechanismus total geil, würde ohne das diebische Ärger-Element 9 Punkte vergeben), Walter: 5 (vorher 3, hat seine moralische Entrüstung überwunden).

3. “Abluxxen”

Schon acht mal wurde uns dieses frische, als Amuse Gueule, Vorspeise, Suppe, Hauptspeise und als Dessert gleichermaßen willkommene Gericht aus der Kramer-Kiesling-Küche serviert. Wir haben uns daran noch nicht übergessen. Ganz im Gegenteil. Immer noch die gleiche Gaumenfreude.

Auch hier gibt es Ärgerelemente. Aber sie sind absolut integriert in den grundsätzlichen Abluxxen-Mechanismus, ja sie sind sogar das Salz in der Suppe. Und wenn es weh tut, dann mit dem wehmütigen Gedanken, dass man selber im Timing etwas verkehrt gemacht hat.

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

26.11.2014: So gehn die Gauchos …

Vater werden ist nicht schwer, Vater sein dagegen sehr. Andrea war auf einer Spritztour, und Moritz mußte am Abend seine Kinder hüten. Deshalb lud er die Westpark-Gamers diese Woche zum Spielabend in seine Wohnung im Glockenbach Viertel ein. Beim Eintreffen die von Kennern erwartete Szenerie: die Oma kämpft erfolglos mit dem abendlichen Abfüttern; die Blagen interessieren sich natürlich mehr für die Gäste im Spielzimmer als für das Wurstbrot. Und wenn ein bestimmter Duft die Zimtsterne übertrifft, dann müssen halt die Windeln gewechselt werden. Moritz schaffte alles mit vorzüglicher Kompetenz und Gelassenheit.

Walter hat aus der Betreuung seiner Enkelkinder Ähnliches gerade genugsam erlebt. Sein Fazit: ein Hoch auf alle erziehenden Mütter und alle erziehenden Väter! Vor allem, wenn sie das alleine tun müssen!

1. “Machi Koro”

Das kleine japanische Würfelspiel kam 2012 heraus. Dieses Jahr hat es KOSMOS übernommen und für Essen nochmals herausgebracht.

Die Westpark-Gamers im Glockenbach-Viertel
Die Westpark-Gamers im Glockenbach-Viertel

Jeder bekommt als Anfangsausstattung die Gebäude-Karten „Weizenfeld“ und „Bäckerei“. Reihum wird mit einem, später optional auch mit zwei Hexawürfeln gewürfelt. Wenn irgend ein Spieler eine 1 würfelt, bekommt jeder Weizenfeld-Besitzer (also alle!) eine Münze. Die Bäckerei bringt eine Münze ein, wenn eine 2 oder 3 gewürfelt wird. Die bekommt diesmal aber nur derjenige, der diese Augenzahl gewürfelt hat.

Mit den eingenommenen Münzen legt man sich sukzessive weitere Gebäude zu, die ebenfalls Münzen einbringen, je nachdem, welche Augenzahlen gewürfelt wurden. Manche Gebäude bringen eine, manche zwei, manche sogar fünf Münzen für den richtigen Würfelwurf.

Meist kommt das Geld von der Bank. Für das „Café“ und das „Stadion“ muss sogar der Mitspieler blechen, der die segensreiche Augenzahl gerade 3 bzw. 6 gewürfelt hat. Da kommt Freude auf …

So wachsen die Gebäude-Ensembles, man bekommt pro Würfelwurf immer mehr Geld und tritt ggf. seinen Mitspielern den geforderten Obolus ab. Wenn man genügend Geld beisammen hat, legt man sich eines seiner vier Sondergebäude zu, die kein Geld sondern Vorteile beim Würfel einbringen, z.B. nochmals würfeln, mit zwei Würfeln würfeln, oder Sonderprämien bei Paschs. Wer als erster alle seine vier Sondergebäude gebaut hat, beendet das Spiel als Sieger.

Heute machte uns Günther den Aaron, d.h. er würfelte grottenschlecht. 90% seiner Würfe waren Dreier, mit denen er regelmäßig sein gesamtes Geld unter die Kaffeetanten verteilen mußte. Aaron hingegen machte uns den Günther: er legte sich die durchdachtesten Gebäudekombinationen zu, so dass er schon einige Runden vor Schluss unabhängig von den noch zu würfelnden Augenzahlen der sichere Sieger war. Was haben die anderen bloß falsch gemacht? …

WPG-Wertung: Aaron: 6 (super Absacker mit Ärgerpotential), Günther: 4 (das Spiel hat schon gewisse Geschichtln [was immer er darunter verstehen mag]), Moritz: 4 (habe schon tausende von Spielen dieser Art gespielt, kein Mechanismus davon ist bemerkenswert [neu]), Walter: 4 (chaotisches Würfelspiel mit Ärger- respektive Schadenfreude-Elementen, 5 Punkte gäbe es, wenn die Enkeltochter schon im Vorschulalter wäre).

2. “El Gaucho”

Das diesjährige Essen-Spiel von Aaron’s Yunnan Argentum-Verlag. Hallo Verlag: Herzlichen Glückwunsch zum 10-jährigen Bestehen! Mit Argentum-Vorschusslorbeeren gingen wir an die Arbeit.

Aaron durfte erklären. Ohne Ausschweifungen und ohne seine Vorkenntnisse auszugraben ging er ganz linear nach dem Regelheft vor! Ganz unten auf Seite 2 steht hier auf einmal:
„Tipp: Bevor ihr anfangt, erklärt an dieser Stelle vollständig das Spiel!“
Na, wenn sich hier keine mindestens 10-jährige Vielspieler-Erfahrung ausdrückt! Alle hörten der weiteren, vollständigen Erklärung ohne Zwischenfragen zu.

Nach Ysphahan-Manier würfelt der jeweilige Startspieler mit allen (= Spielerzahl × 2 + 1) Würfeln für sich und seine Mitspieler. Reihum darf sich jetzt jeder zwei beliebige Würfel aussuchen und nutzen. Dabei gibt es folgende Möglichkeiten:

  1. Sich eines oder zwei der ausliegenden Rinder aneignen.
    Auf dem Spielplan liegen Rinderkarten mit aufgedruckten großen Zahlen zwischen 1 und 12. Für jeden der beiden ausgewählten Würfel darf man einen Besitzpöppel auf eine Rinderkarte stellen, die genau die entsprechende Augenzahl aufweist. Oder auf eine Rinderkarte, die genau die Summe der beiden Augenzahlen entspricht.
  2. Sich eines oder zwei der ausliegenden Rinder reservieren.
    Auf den Rinderkarte ist auch noch je eine kleine Zahl zwischen 1 und 6 aufgedruckt. Reservieren funktioniert genauso wir das Aneigenen, nur muss mit den gewählten Würfel(n) halt die kleine Zahl genau getroffen werden.
    Beim Reservieren wird der Besitzpöppel auf die Rinderkarte gelegt. In einem späteren Zug kann man durch das Wählen eines Würfels mit nochmal dieser gleichen kleinen Zahl aus dem Reservieren ein Aneignen machen.
    Allerdings unterliegt man hier dem Risiko, vorher von einem bösen Mitspieler bereits wieder verdrängt worden zu sein (siehe unten).
  3. Mit den Loserwürfen 1 bis 3 kann man bei den Rinderherden keinen großen Pappenstiel gewinnen; dafür aber darf man mit ihnen “Sonderaktionen” einkaufen, die man ab der nächsten Runde einmal beliebig nutzen kann
  • Die Sonderaktion “Wunschwurf” stellt – für den Rinderkauf – einen zusätzlichen virtuellen Würfel mit einer beliebigen Augenzahl zur Verfügung.
  • Die Sonderaktion “Rind stehlen” erlaubt es, einem Mitspieler ein beliebiges Rind aus seiner Auslage zu stehlen. (Oh Gott, oh Gott!).
  • Die Sonderaktion “Gauchos aufwecken oder verdrängen” erlaubt es,
    a) aus ein bis zwei eigenen Reservierungen jeweils ein Aneignen zu machen
    oder
    b) aus einer fremden Reservierung ein eigenes Aneignen zu machen; der fremde liegende Besitzpöppel wird entfernt und stattdessen ein eigener Pöppel auf die Karte gestellt. (oh Halbgott, oh Halbgott!).
  • Mit der Sonderaktion “Sofortverkauf” darf man eine seiner Herden sofort an die Bank verkaufen. Ansonsten ist der Verkauf nur in bestimmten Spielsituationen erlaubt.
  • Mit der Sonderaktion “Einsortieren” darf man ein irgendwann mal später erworbenes Rind an beliebiger Stelle innerhalb seiner Herden einordnen, ansonsten muss es genau ans Ende der Herde gestellt werden. Was es damit zu tun hat, kriegen wir gleich.

Rinderkarten gibt es in fünf verschiedenen Farben. Jeder Spieler muss seine Rinder farbenweise zu einer Kette zusammenstellen. Jedes neue Rind muß rechts an die Kette der gleichfarbigen Rinder angelegt werden. Dabei müssen die großen Zahlen der Rinderkarten streng aufsteigend oder streng absteigend aufeinander folgen. Wird ein Rind erworben, bei dem diese geforderte strenge Ordnung unterbrochen wird, so wird die bisher in dieser Farbe gesammelte Herde an die Bank verkauft und mit dem neu erworbenen Rind eine neue Kette angefangen.

Der Wert einer Herde bestimmt sich aus dem höchsten Wert der darin enthaltenen Rinderkarten multipliziert mit der Anzahl der verkauften Rinder. Es ist also besonders lukrativ, beim Verkauf ein 12er Rind am Anfang oder am Ende einer Kette zu haben. Aber genau diese hohen Karten werden natürlich die bevorzugten Opfer von Viehdieben.

Günther fand mit „Rind stehlen” und “Sofortverkauf” eine Aktionskombination, die er konsequent verfolgte und mit der er alle seine Mitspieler überrundete: 204 Siegpunkte vor Moritz als Zweitplatziertem mit 142 Siegpunkten. Weil uns schien, dass diese “böse” Strategie allen anderen „guten“ konstruktiven Sammelstrategien überlegen war, geriet die positive Anfangsstimmung schnell ins Wanken. Selbst Argentum-Nibelunge Aaron konnte das anrollende Grimmen nicht mehr abfedern. Nach jedem Spielzug von Günther wurden die vergebenen WPG-Noten reduziert, bis sie schließlich bei frustrierten 2-3 Punkten stehenblieben.

Hier gehört auch noch dazu, dass Moritzens zweiterfolgreichste Strategie ebenfalls eine „böse“ war: Er ließ vorzugsweise mit „Gauchos verdrängen“ die restlichen (braven, konstruktiven) Mitspieler hinter sich. Ja, wenn „El Gaucho“ ein Familienspiel sein soll, dann darf man – schon aus erzieherischen Gründen – nicht durch Stehlen und rüpelhaftes Verdrängen gewinnen. Wie gut, dass Moritz’ Kinder schon im Bett waren.

Aber wenn „El Gaucho“ kein Familienspiel sein soll, und wenn sich alle Spieler auf raubeiniges Vorgehen einlassen müssen, dann ist der Ablauf zu chaotisch. Zu unberechenbar für den hier trotzdem noch benötigten Gehirnschmalz.

WPG-Wertung: Aaron: 6 (Es hat Gegenstrategien, wir haben sie einfach nicht praktiziert! [Nicht gefunden?]) Günther: 4 (Ich versuche, dem Spiel noch was Positive abzugewinnen. Das Prinzip ist ja ganz nett, leider die Destruktion aber zu dominierend), Moritz: 4 (wegen des hübschen Materials gebe ich keine 3), Walter: 3 (hübsches Design mit mancherlei netten Mechanismen; doch die negative Killerstrategie macht es kaputt!)

3. “Jungle Rumble”

Moritz errinnerte hier an „Rumble in the Jungle“, einen historischen Boxkampf zwischen George Foreman und Muhammad Ali, der am 30. Oktober 1974 in Kinshasa stattfand. Afrika gewann an Selbstwertgefühl und der Veranstalter sparte sich gemäß damaliger Rechtslage 100% der Steuern. Muhammad Ali gewann, nachdem er sich mehrere Runden lang freiwillig hatte in die Seile drängen lassen und dann Foreman in der achten Runde mit zwei schnellen Links-rechts-Kombinationen und neun aufeinander folgenden Kopftreffern niederstreckte.

Spielhilfe. Moritz sagt, es wäre japanisch
Spielhilfe. Moritz sagt, es wäre japanisch

Ob diese Dschungel-Schlägerei für „Jumble Rumble“ der Namenspatron war, darf bezweifelt werden. Hier wird nicht geprügelt, überhaupt nicht, sondern friedliche Familien wetteifern um die Vorherrschaft auf dem Sofa. Ob diese Familien nun aus den üblichen Pöppeln, aus Katzen oder aus Mäusen bestehen, hat mit dem weiteren Thema überhaupt nichts zu tun. Es sind schlichtweg Arbeiter, aber „Jungle Rumble“ hat sie in der Inkarnation von Katzen zur Welt gebracht.

Wie vom Autor Andreas Seyfarth bei „Puerto Rico“ und „San Juan“ vorgemacht, wählt sich ein Startspieler eine von fünf Aktionen aus, die er für jede seiner aktiven Katzen ausführen darf; die Mitspieler dürfen die gleiche Aktion ebenfalls ausführen, aber nur für eine ihrer Katzen. Dann wählt der nächste Spieler für sich und alle seine Katzen eine der restlichen Aktionen aus, und wiederum dürfen die Mitspieler auf Wunsch mit einer ihrer Katzen nachziehen. So setzt sich das fort, bis in jeder Runde jeder Spieler eine Aktion wählen durfte.

Jede aktiv gewordene Katze fällt unverzüglich aus und muss für ihre nächste Aktion explizit aufgeweckt werden. Aber was tun die Katzen, wenn sie aktiv sind?

  • sie verwandeln sich in Nahrung, die a) zur Ernährung benötigt wird und b) am Ende (ein paar spärliche) Siegpunkte einbringen
  • sie verwandeln sich in Felder und Wassergräben, die pro Runde neue Nahrung und am Ende Siegpunkte liefern
  • sie verwandeln sich in Goldstücke, die a) zur Erzeugung neuer Katzen benötigt werden und b) am Ende (ein paar spärliche) Siegpunkte einbringen.
  • sie verwandeln sich und Goldstücke in zusätzliche Katzen
  • sie verwandeln sich und Goldstücke in Ladenbesitzer, die aus Nahrung und Goldstücken erklecklich mehr Siegpunkte machen können.

Einige hübsche Optimierungsszenarios können hier durchgespielt werden. Man kann Katzenzucht betreiben, schnell auf möglichst viele Katzen lossteuern und sie oft genug und progressiv wachsend in Katzenfutter verwandeln. Man kann seine Katzen kurz halten, sich vorsichtig Felder zulegen, damit kein Nahrungsengpass entsteht und man sein Aktionspotential variable und konstruktiv nutzen kann. Man kann auf Ladenbesitzer machen, um mit ihrer Hilfe sein Gold und seine Nahrung mit gesteigerter Effizienz in Siegpunkte umzuwandeln. Man kann … Kann man? Wir sind mehr oder weniger alle den haushälterischen Weg mit den Feldern gegangen. Kein einziger Ladenbesitzer wurde eingetauscht. Entsprechend einförmig war der Spielablauf. Und da man am Anfang auch nur mit sehr spärlichen Betriebsmitteln ausgestattet ist, verlief die Entwicklung der verschiedenen Katzenfamilien auch noch ziemlich schleppend. Für San Juaniter etwas unbefriedigend.

WPG-Wertung: Aaron: 5 (das Spiel war zu Ende, als es gerade erst in Schwung gekommen war), Günther: 4 (es funktioniert), Moritz: 5 (ich habe das Gefühl, dass wir irgendetwas falsch gespielt haben; vielleicht war es auch ein Fehler, dass wir alle zu ähnlich gespielt haben; vielleicht hätte jeder eine andere extreme Strategie wählen sollen), Walter: 5 (konstruktiv mit viel Interaktion, aber zu gleichförmig).

4. “Bluff”
Nachdem Aaron und Walter blitzschnell rausgekickt waren, lieferten sich Moritz und Günther mit 5:3 Würfeln den Kampf der Giganten.

Moritz: 2 mal die Zwei
Günther: 2 mal die Drei
Moritz: 3 mal die Vier
Günther: 2 mal Stern
Moritz: 5 mal die Zwei
Günther: 6 mal die Zwei
Moritz: 6 mal die Vier
Günther: 4 mal Stern
Moritz: 5 mal Stern
Günther: 6 mal Stern!

Jetzt zweifelte Moritz an und Günther verlor einen Würfel! Einen einzigen! Es war die erste falsche Angabe innerhalb dieser Sequenz. Was hatte ein jeder unter dem Becher?

Selbst post mortem kann man es höchstenfalls ahnen. Lediglich dass eine Menge Sterne im Spiel waren, war klar. Moritz hatte 1 mal die Vier und 4 mal den Stern und Günther hatte Zwei, Vier und einen Stern.

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

19.11.2014: Zweimal fünf Stämme

Wann macht ein Spiel eigentlich Spaß? Die Antwort „Wenn es ein gutes Spiel ist.“ wäre zu einfach. Oft haben wir ein Spiel mehrfach gespielt und dabei festgestellt, dass sowohl die Stimmung am Spieltisch als auch die Zusammensetzung der Runde zum Spielspaß bei ein und demselben Spiel beitrugen. Nun dürfte bekannt sein, dass wir bereits dann ein Spiel bewerten, wenn wir es zum ersten Mal gespielt haben. Wenn ein Spiel dann gefallen hat, kommt es auch irgendwann wieder auf den Tisch und die Wertungen werden gegebenenfalls angepasst. Was aber, wenn ein Spiel durchfällt? Dann kommt es wahrscheinlich nie mehr wieder auf unseren Tisch. Lag es dann wirklich am Spiel? Oder an der Stimmung? An der Zusammensetzung der Runde? Und berücksichtigen Spielverlage so etwas bei ihren Tests? Keiner weiß es.

1. Five Tribes

Wegen kurzfristiger Absagen traf sich diesmal nur eine 3er-Runde am Westpark. Und nachdem keine Extremgrübler anwesend waren und Günther versprach, heute ausnahmsweise einmal eher intuitiv zu spielen, bot es sich an endlich „Five Tribes“ von Bruno Cathala auf den Tisch zu bringen, denn das Spiel ist dafür berüchtigt, mit Grüblern unspielbar zu werden.

Je 3 Meeple in den Farben der 5 Stämme werden zu Spielbeginn zufällig auf ein 6×5 Raster von 30 Landschaftsplättchen gestellt. Dann gibt es noch eine Auslage von 9 Ressourcen-Karten und 3 Dschinn-Karten, die die Spieler im Laufe einer Runde erwerben können.

Grübeln ohne Spielspaß
Grübeln ohne Spielspaß?

Jede Runde beginnt damit, dass die Spieler auf die Spielerreihenfolge Geld bieten. Danach führt jeder Spieler genau einen Zug aus. Dazu nimmt er alle Meeple von einem Landschaftskärtchen und legt einen davon auf ein orthogonal benachbartes Gebiet. Dies macht er solange, bis er alle Meeple verteilt hat. Die einzige Bedingung ist, dass sein letzter gelegter Meeple auf ein Feld gelegt werden muss, auf dem bereits mindestens ein Meeple der gleichen Farbe steht. Der Spieler nimmt sich daraufhin alle Meeple dieser Farbe von dem Plättchen und führt a) die Aktion, die dieser Meeple-Farbe zugeordnet ist und b) die Aktion, die dem Gebiet zugeordnet ist durch. Sollte er das Gebiet leergeräumt haben, nimmt er es zusätzlich noch in Besitz, sofern es nicht bereits einem anderen Spieler gehört.

Das hört sich alles einfach an, ist es aber nicht. Es dauert schon eine ganze Weile, den für sich optimalen Zug zu finden, denn recht bald stehen auf den Gebietsplättchen die Meeple in verschiedenen Anzahlen und bunter Farbmischung. Aber was ist überhaupt ein optimaler Zug?

Schauen wir uns dazu die Siegbedingung an: es gewinnt, wer am meisten Siegpunkte hat. Wo gibt es Siegpunkte? Für eingenommene Gebietsplättchen (4 bis 15), für gelbe Meeple (1 plus 10 für jede Mehrheit), für Palmen auf eigenen Gebieten (3), für Paläste auf eigenen Gebieten (5), für Ressourcenkarten (möglichst verschiedene, 1 bis 60) und indirekt für einige Dschinn-Karten, die andere Siegpunktquellen verstärken. Es gibt also Siegpunktquellen genug. Die Frage ist, kann man daraus einen optimalen Zug ableiten?

Nehmen wir an, es wäre so. Dazu suche ich, wenn ich am Zug bin, das Gebiet, das genau die Anzahl und Farbzusammensetzung an Meeples hat, die ich benötige, um mein Zielfeld (das mir entweder den Gebietsbesitz bringt oder Ressourcen oder einen wichtigen Dschinn oder einen Palast oder eine Palme) mit der richtigen Meeple-Farbe zu erreichen. Nun, das stellt sich in dem Meeple-Chaos auf den Feldern schon als kleine Puzzle-Aufgabe dar. Dazu kommt aber noch die Überlegung, inwieweit ich dem nachfolgenden Spieler mit meinem Zug eine Steilvorlage biete, um richtig dicke Punkte zu machen. Um dann abzuwägen, ob der Nutzen für mich größer ist oder für den Mitspieler.

Okay, wir hatten uns ja darauf geeinigt, diese grüblerische Optimiererei zu lassen und stattdessen aus dem Bauch raus zu spielen. Das hatte zur Konsequenz, dass auch das Bieten auf die Spielerreihenfolge meistens eine, im wahrsten Sinne des Wortes, Nullnummer war. Nur zweimal waren wir bereit, für den ersten Platz Geld auszugeben, denn aus der Vorrunde war eine Siegpunkt trächtige Vorlage übriggeblieben. Und jedes Mal wurde danach gezweifelt, ob sich der Einsatz gelohnt hat.

Das Spiel endete nach etwas über einer Stunde mit einem überraschenden Ergebnis: Günther landete auf dem letzten Platz mit 136 Punkten, Aaron und Walter teilten sich den ersten mit jeweils 147 Punkten. Walters trockene Bemerkung: „Da Günther verloren hat, muss es ein Glücksspiel sein.“

WPG-Wertung: Walter: 5 (gute Konstruktion aber zu viel Tüftelei, keine Planung möglich und ärgerliche Meuchelei mit den roten Meeples), Günther: 6 (nicht der Renner, aber man kann schon planen, wenn auch nicht beim ersten Spiel), Aaron: 5 (zu hohes Grübelpotenzial, mag keine Puzzle-Spiele)

2. Die vergessene Welt

Nach dem Kampf mit den 5 Stämmen in „Five Tribes“ bot sich „Die vergessene Welt“ mit ihrem Kampf um die Gunst von 5 Stämmen regelrecht an.

Der klassische Worker Placement Mechanismus wurde durch die Wertigkeit („Talentwert“) der Worker („Bürger“) zusätzlich angehübscht und bietet damit zusätzliches Interaktionspotenzial. Gleichzeitig biete das Spiel als alternative Zugmöglichkeit statt des Einsetzen eines Bürgers den Angriff auf einen Titanen, der sich schnell als wichtiges Spielelement herausstellte. Aber der Reihe nach.

Mit unseren zu Beginn 3 Bürgern mit den Talentwerten von 1 bis 3 können wir:

  • unseren Stadtstaat mit Gebäuden ausbauen, die zusätzliche Fähigkeiten bringen,
  • unseren Stadtstaat mit Provinzen erweitern, um zusätzliche Kapazitäten zu erhalten,
  • weiteres Militär rekrutieren, um stärkere Titanen angreifen zu können,
  • unser Wissen erhöhen,
  • Gebäude entdecken,
  • zerstörte Gebäude wieder aufbauen, und
  • uns vermehren.

Jede dieser Bürgeraktionen dürfen von mehreren Bürgern gleichzeitiggenutzt werden, allerdings nur (mit 3 Ausnahmen), wenn der eingesetzte Bürger einen höheren Talentwert besitzt als alle dort bereits eingesetzten. Damit bietet sich eine Möglichkeit, anderen Spielern eine wichtige Aktion für eine Runde vorzuenthalten.

Titanen kommen in drei Stärken und von jeder Stufe liegt jeweils eine offen aus. Kann man mindestens die gleiche militärische Stärke wie ein Titan aufbieten, besiegt man ihn bei der alternativen Angriffsaktion sofort und erhält die Gunst der Stämme, die als Banner auf der Karte aufgedruckt sind. Genau diese Banner in den fünf Farben werden bei Spielende gezählt und bringen Siegpunkte. Zusätzlich werden beim Kampf in der Regel eigene Gebäude zerstört, die erst wieder mühselig aufgebaut werden müssen.

Vereinfacht ausgedrückt nutzen wir unsere Arbeiter (Worker Placement), um unseren Stadtstadt auszubauen (Aufbauspiel), um damit Titanen zu besiegen, die bei Spielende je nach Anzahl (Set Building) Siegpunkte bringen.

Anders als bei „Five Tribes“ wirkt das Thema nicht völlig aufgesetzt und wird durch die schöne Grafik noch unterstützt. Auch die einzelnen Spielmechanismen sind sauber konstruiert und in sich stimmig und zum Thema passend. Aber leider wird das Spielgefühl durch die Zufälligkeit der Kartenauslage ziemlich beeinträchtigt, denn Planbarkeit ist hierdurch doch recht wenig gegeben. Man lebt, soweit es die Gunst der Stämme betrifft, irgendwie von der Hand in den Mund und nimmt was man kriegen kann. Gleichzeitig versucht die Spieler eine möglichst effektive Stadtstaat-Maschine zu konstruieren, um gegen die immer mächtiger werdenden Titanen eine Chance zu haben. Hier können einem die kleinen Miesnickeligkeiten der Mitspieler schon mal Sand ins Getriebe werfen. Trotzdem bleibt das Spiel, insbesondere im direkten Vergleich mit „Five Tribes“, zu jedem Zeitpunkt übersichtlich.

WPG-Wertung: Walter: 6 (übersichtliche Spielmechanismen), Günther: 6 (zu starke Zufallselemente), Aaron: 6 (keine wirklich neue Mechanismen, aber gut konstruiert und keine Grübelei)

3. Verflixxt!

Um die Tendenz vom Grübelspiel zum lockeren Spiel fortzusetzen, schlug Walter als Absacker ein „Verflixxt!“ vor. Als lockeres Würfelspiel bietet es genügend Entscheidungsmöglichkeiten, um bis zum Ende spannend zu bleiben. Es ist immer wieder faszinierend, wie schnell man den hohen Zufallseffekt des Würfelwurfs vergessen kann.

WPG-Wertung: keine neue Wertung für ein tolles Kramer/Kiesling-Spiel

12.11.2014: Häfen kommen, Burgen gehen, aber die Könige bleiben bestehen

Der beste Wurf, den man mit dem Würfelbecher tun kann, ist der zum Fenster hinaus. (aus den „Fliegenden Blättern“, Verfasser unbekannt)

1. “Kingsport Festival”

Wem gehört welche Hand beim Aufbau von „Kingsport Festival“
Wem gehört welche Hand beim Aufbau von „Kingsport Festival“
„Kingsport“ – haben wir diesen Spiele-Namen nicht schon einmal gelesen? Claro, die Experten erkannten die Assoziation sofort: „Kingsburg“. Zu diesem Spiel, von dem unbekannten Mario Truant Verlag im Jahre 2007 herausgebracht, schrieben wir in unserem Session Report:

Ein Brettspiel mit vielen Würfeln als dominierendes Spielelement, bei dem aber doch nicht vorwiegend die Summe der zufälligen Würfelergebnisse den Ausschlag über Sieg oder Niederlage gibt. Jeder Spieler wirft mit drei (oder mehr) Würfeln und darf die Ergebnisse einzeln oder in beliebigen Kombinationen für seine Züge ausnützen. Er besetzt damit entsprechende Zahlenfelder („Gouverneure“), die ihm Einkommen in Form von Rohmaterial (Holz, Stein oder Gold) gewähren, Kampfstärke gegen regelmäßige feindliche Angriffe verleihen, oder Bonuspunkte für seine nächsten Würfelkombinationen vergeben.

Jedes Zahlenfeld (mit den Werten von 1 bis 18) kann pro Runde nur von einem Spieler genutzt werden. Wer mit seinen Würfelergebnissen nur noch auf Felder kommen kann, wo schon Mitspieler stehen, verliert diesen Zug. Deshalb setzt nach jedem Würfelwurf (gleichzeitig und öffentlich von allen Spielern) ein eifriges Analysieren ein, welche Kombinationen die Mitspieler auch erzielen können, welche Felder also umkämpft sind, und welche Zahlenwerte man nur allein kombinieren kann, für deren Zug man sich also noch Zeit lassen kann. Diese Phase dauerte bei uns zu dritt schon recht lange, bei vier oder mehr Mitspielern (Denkern) kann sie vielleicht sogar unterträglich werden.

Sinngemäß ganz genauso läuft die entscheidendste Spielphase auch in „Kingsport F“ ab. Jeder Spieler wirft mit genau drei Würfeln, die Zahlenfelder heißen nicht „Gouverneure“ sondern „Große Alte“, und das Einkommen besteht nicht aus Holz, Stein oder Gold sondern aus den Belohnungen „Übel“, „Tod“ und „Zerstörung“. Der Rest ist wie gehabt. Selbst das Unerträgliche, wenn fünf Mitspieler mit ihren Denkprozessen erst einsetzen, wenn sie dran sind und mit einem mechanischen aber gerade noch unhörbaren Rattern analysieren, welche Würfel sie wann zu welchen Kombinationen auf welche Zahlenfelder setzen, um für sich die größtmögliche Belohnung herauszuholen, den Mitspielern dabei auch noch en passant etwas zu vermasseln, und zu verhindern, dass ihnen selber etwas vermasselt wird. Die einzige, und dabei recht statische Interaktion im Spiel.

Der Rest ist solitär bis autistisch. Mittels der Belohnungen breiten wir uns auf dem Spielbrett aus: friedlich, ohne jegliche Konkurrenz und mit beliebiger Mehrfachbelegung auf jedem Siedlungsgebiet. Jedes neue Gebiet bietet allen Bewohnern Vorteile, die vor allem in der Konvertierung von „Geistiger Gesundheit“ in „Magiepunkte“ und „Kultpunkte“ liegen. Oder in umgekehrter Richtung. Diese abstrakten Einheiten benötigen wir, um Zaubersprüche umzusetzen, mit denen wir uns zusätzlich Belohnungen verschaffen, oder uns stark machen, um die periodisch auftretenden kosmischen Angriffe zu bestehen.

Das ganze Werk könnte man ruhigen Gewissens als gelungenes Gesellenstück eines Spiele-Erfinder-Gesellen ansehen, wenn es nicht schlichtweg ein Autoplagiat wäre. Die Autoren Andrea Chiarvesio und Luca Iennaco haben nichts anderes getan, als in ihren Erstlingswerk “Kingsburg” ein paar Zierbleche anzuschrauben und es dann neu anzustreichen. Und der große KOSMOS-Verlag hat hunderttausend junge, imaginierte Autoren mit ihren Spiele-Ideen draußen vor der Tür frieren lassen und lieber die ollen italienischen Kamellen aufgewärmt.

Sollen wir uns die verschiedenen Vorteile unserer bis zu zwölf Siedlungsgebiete alle merken, oder sie für jeden Spielzug auf dem Spielbrett sequentiell neu zusammenklauben? Mühsam, mühsam! Schließlich gleiten wir alle spürbar hinüber in das Alter mit lediglich funktionierendem Langzeitgedächtnis. Bei „Kingsburg“ hatte jeder Spieler für diese individuellen Vorteile ein eigenes Board, das er auf einen Augenaufschlag hin überblicken konnte.

Was nützen uns Zaubersprüche, die uns am Ende Belohnungen versprechen, die zu diesem Zeitpunkt überflüssig sind wie ein Kropf, weil nur noch Kultpunkte zählen? Was helfen Zaubersprüche, die Geistige Gesundheit in Kultpunkte verwandeln, wenn wir unsere Geistige Gesundheit gerade verpulvert haben, um einen „Großen Alten“ rumzukriegen? Nach einer Stunde Spielzeit dämmerte Moritz das gewaltige Handicap: „Es ist dumm, dass die Zaubersprüche glücksabhängig sind!“ Eine unwahrscheinlich scharfsinnige Beobachtung zu einem ungewöhnlich frühen Zeitpunkt. Walter dämmerte das unglückliche Design der Zaubersprüche noch eine geschlagene Stunde später, aber immerhin noch rechtzeitig, um in seiner Notengebung negative Spuren zu hinterlassen. Erst nach einer Stunde Erklärung und fast 2 ½ Stunden Spielzeit waren wir im Königshafen.

Dabei löste eine Zauberkarte eine längere Diskussion aus: „Sieht ein Kultist [= Spieler] diese Karte mittels Hellsehen, darf er sie allen Spielern [warum nicht ’Kultisten’?] zeigen und erhält dafür 2 Kultpunkte. – Wird diese Karte in der Phase Angriff aufgedeckt, verliert jeder Spieler 1 Punkt Geistige Gesundheit.“
Behält diese Karte nach dem Hellgesehenwordensein ihre Wirkung und wird zur Seite gelegt, oder wird sie beim kommenden Angriff noch einmal aufgedeckt? Darf ein zweiter Spieler diese Karte nach dem ersten Hellsehen noch ein zweites Mal Hellsehen? Dies sind natürlich alles keine spielentscheidenden Fragen, aber a) liebe Leser, ihr könnt hieraus erkennen, welch Geistes Kind die Westpark-Gamers sind und b) liebe Autoren, ihr könnt hieraus erkennen, welchen Auslegungen euer sorgfältig ausgetüfteltes Regelwerk ausgesetzt ist.

WPG-Wertung: Aaron: 3 ([für KB 4] von Thema habe ich nichts gespürt, deutlich zu lang), Günther: 6 ([für KB 7] lieber KB, das ist übersichtlicher und konzentriert sich auf das Wesentliche), Horst: 6 ([für KB 8], ich mag diesen Würfel-Zug-Mechanismus), Moritz: 4 (mag die Thematik, aber nicht so aufgebläht ohne Mehrwert; die Zaubersprüche sind ein Scheiß), Walter: 3 ([für KB 7] langatmig, langweilig, repetitiv, mit marginaler Interaktion; diesmal keine Honorierung für eine aufgewärmte, aufgemotzte Ingenieursleistung).

Horst schlägt den Autoren vor, im nächsten Jahr nach dem gleichen Muster eine Version herauszubringen, die im Science Fiction Milieu spielt. Arbeitsname „Kingskong“. Er würde dieses Werk heute schon mal subskribieren.

2. “Fünf Gurken”

Obwohl das Spiel beim letzten Mal nicht punkten konnte, wurde es heute mit allseitiger Zustimmung noch einmal aufgetischt. Günther kannte es noch nicht, und nach dem drögen “Kingsport” verlangten wir alle nach einer Dödelpause.

Moritz fühlte sich in der Lage, die KI für dieses Spiel zu schreiben, obwohl er selbst keine Ahnung von Programmierung hat. (Ein bisschen BASIC.) Genauso funktionieren die „Fünf Gurken“, und genauso sollte man es auch spielen.

Tatsächlich wurde locker gedödelt und in der kurzen Spielzeit sogar häufiger hellauf gelacht. Wenn man keine Erwartungshaltung mehr hat, kann man sich voll der reinen Schadensfreude hingeben. Die Schadenfreude ist zwar von der Art, wie wenn eine alte Oma über eine Bananenschale stolpert, aber das störte heute keinen großen Geist.

WPG-Wertung: Die bisherigen Noten lagen zwischen 3 und 4 Punkten; keiner fand sich genötigt, hier etwas drauf zu legen. Wir haben vergessen, Günthers Noten abzufragen: so wie ich ihn einschätze, wird er sich mit 5 Punkten an die Spitze setzen.

3. “Flaschenteufel”

Moritz hat das Image, dass er diesen wunderschönen Vor-Absacker nicht mag. Dabei hat er stolze 9 Punkte dafür vergeben. Auch heute unterstrich er hier wieder seine Ambivalenz. „Es hat schon einen Grund, warum ich dieses Spiel nicht mag“ resignierte er, nachdem ihm von Aaron und Günther regelmäßig die gelbe Eins und Zwei zugeschoben worden waren. Auf die Frage „Willst Du deine Wertungsnoten reduzieren?“ kam aber ohne Zögern ein überzeugtes und überzeugendes „Nein“!

Auch beim Flaschenteufel gibt es viel schadenfreudiges Gelächter. Aber hier ist sie wenigstens von der Art, wie wenn Angela Merkel über eine Bananenschale stolpert. Das stört erst recht keinen großen Geist.

Keine neue WPG-Wertung für ein sehr hübsches Spiel.

4. “Bluff”

Seit 30 Jahren Bluff-Erfahrung zum ersten Mal erlebt, dass man hier auch Selbstmord begehen kann. Aaron hatte zu häufig Moritzens geniale Vorgaben angezweifelt und stand mit einem Würfel den je fünf Würfeln von Günther, Moritz und Walter gegenüber. Schon bei der allernächsten Gelegenheit zweifelte er Moritzens „4 mal die Fünf“ erneut an.

Fünf Würfel hätte er aktuell dafür abgeben müssen, wenn er noch so viele gehabt hätte. Ungestört konnte er sich zurückziehen und auf seinem Handy unsere Spielkritik zu „Kingburg“ (nein, nicht die zu „Kingsport“, die gab es ja noch nicht) nochmals reinziehen.

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

“Euphoria” is our Game of the Month

EuphoriaIf someone had told George Orwell in the year 1948 that humanity would deliberately try to create the perfect dystopia in the future, he would have thought they are mad.

And I don’t mean the excellent board game “Euphoria” which exactly uses this scenario as a thematic base – because in contrast to our increasingly surveyed and manipulated world “Euphoria” is quite a lot of fun, even though it is a “Kickstarter”-game (which are looked at especially critically in our group).

“Euphoria” uses many new mechanics that make worker-placement (or rather “clone-placement”) fresh and new. Even random dice play an important role (without making the game random). And although the rules seem complex at first the game plays extremely fluidly and keeps one’s interest.

It is probably impossible to experience a real dystopia that fast and beautiful – therefore we give this game quite unanimously the laurel of our “game of the month”!

“Euphoria” ist unser Spiel des Monats

EuphoriaWenn man im Jahre 1948 George Orwell gesagt hätte, dass sich einmal Menschen freiwillig damit beschäftigen werden, eine möglichst perfekte Dystopie zu kreieren, hätte er einen für wahnsinnig gehalten.

Und damit meine ich jetzt nicht das exzellente Brettspiel „Euphoria“, das genau dieses Szenario durchspielt – denn im Gegensatz zu unserer immer mehr überwachten und fremdgesteuerten Welt macht „Euphoria“ so richtig Laune. Und das sogar, obwohl es ein „Kickstarter“-Spiel ist (die in unserer Runde gerne kritisch beäugt werden).

„Euphoria“ hat viele originelle Mechanismen, die einen das Platzieren von Arbeitern (hier wohl eher „Klone“) so richtig frisch und unverbraucht erscheinen lässt. Sogar zufällige Würfel spielen eine entscheidende Rolle, ohne das Spiel wirklich zufällig zu machen. Und obwohl die Regeln erst einmal kompliziert erscheinen, erweist sich das Spiel in der Praxis als extrem flüssig und kurzweilig.

Schöner und schneller kann man eine Dystopie definitiv nicht erleben – daher verleihen wir hier ungewöhnlich einstimmig das Prädikat „Spiel des Monats“!

29.10.2014: Lebendige und Tote

Aaron hat in diesen Sommer an zwei Crowdfunding-Projekten der Spieleschmiede teilgenommen:

  1. Neuauflage von „St. Petersburg“ zusammen mit Hans im Glück (alleine schon wegen der neuen Spielphase; zudem bürgt HiG immer für Qualität)
  2. „Historia“ zusammen mit Giochix.it (sehr gutes Civilization Spiel, über das es nur Positives zu lesen gab)

Beide Spiele hatten einen angekündigten Erscheinungstermin vor Essen, und beide Spiele waren in Essen auch zu erwerben. Leider aber konnte man „aus logistischen Gründen“ dort als Förderer seine schon bezahlten Exemplare nicht abholen. So warten wir heute noch immer auf diese beiden Spiele.

Und nun zum Preis. Für „St. Peterburg“ waren 38 € als Förderer fällig. In Essen kostete dieses Spiel dann regulär 35 €, bei Heidelberger wurde es am letzten Messetag im Bundle mit Pantheon zusammen(!) sogar für sage und schreibe nur 25 € hergegeben! „Historia“ ist inzwischen auch schon im Online-Handel bestellbar, für 12% weniger als Aaron dafür bezahlt hat.

Nachdem er schon bei „Stimmvieh“ von Andrea Meyer die Erfahrung gemacht hatte, dass man als Förderer offenbar mehr bezahlt als den späteren regulären Preis (16,80 € statt 12,40 €), hat Aaron sich schon fast mit diesen Mehrkosten abgefunden (insbesondere, da man ja noch „exklusive“ Förderer-Add-ons bekommt).

Wenn mit dem Mehrpreis aber zusätzlich einhergeht, dass man sein Spiel später erhält als reguläre Käufer, fragt man sich dann aber doch, warum man da eigentlich mitmachen soll. Gut, hätte man nicht gefördert, wäre das Spiel vielleicht nie gemacht worden. Auf der anderen Seite leistet man aus Idealismus eine Anschubfinanzierung für etwas, was sich später vielleicht als Gurke herausstellt.

Die Spieleschmiede hat mit dieser Marktpolitik dem Crowdfunding von Spielen ganz sicher einen ziemlichen Bärendienst erwiesen: diese Kombination aus drei Risiken (teurer, später, schlechter) ist irgendwie nicht tragbar und kann auf Dauer nicht gut gehen.

PS: Während des heutigen Spielabends kündigte die Spieleschmiede Aaron per E-Mail einen Gutschein über 3 Euros an. Damit kann man fast schon Porto und Verpackung für die nächste Bestellung bezahlen.

1. “Dead Drop”

Tropfen leben, Briefkästen auch, selbst tote Briefkästen können ein bewegtes Leben haben. Ob „Dead Drop“ in diese Kategorie der Lebendigen fällt – wir möchten es bezweifeln.

Das Deduktionsspiel enthält 13 Karten mit Zahlen zwischen 0 und 5. Eine Karte davon wird verdeckt auf den Tisch gelegt, die anderen Karten werden an die Spieler verteilt, ein paar von ihnen kommen noch in eine offene Auslage. Die Spieler müssen mit ihren Aktionen nun herausfinden, welches die verdeckte Zahl ist. Dazu dürfen sie:

  • Eine Handkarte mit einem Mitspieler tauschen. Der Mitspieler entscheidet frei, welche Karte aus seiner Hand er zurückgibt.
  • Eine Handkarten gegen eine der offenen Karten auf dem Tisch tauschen.
  • Zwei Handkarten einem Mitspieler zeigen: Wenn dieser eine Zahlenkarte mit der Summe der beiden Karten hat, muss er sie gegen eine der beiden Karten herausgeben.

Wer glaubt, genug Karten gesehen zu haben, um zu wissen, welches die verdeckte Karte NICHT ist, kann messerscharf daraus schließen, welches sie ist. Allerdings darf er dann nicht einfach herausplatzen, z.B. „Es ist eine 2“, er muss noch in seiner Hand zwei Karten eingetauscht haben, deren Summe genau die ermittelte Zahl ergibt. Das ist nicht so einfach.

Walter bekam zu Beginn die einzige 5 und 4 des Kartensets ausgeteilt, ein Haufen 0er (alle?) waren zu sehen. Er tauschte mit Moritz und bekam eine 2 (davon mußte Moritz offensichtlich genug haben). Und Aaron wollte von Günther mit zwei Handkarten eine definierte Karte sehen, mutmaßlich eine 2 oder 3. Eine etwas vage Schlussfolgerung: Die verdeckte Zahl muss eine 1 sein. Und wenn diese Schlussfolgerung falsch ist, dann hat die dröge Deduktion wenigstens ein Ende.

Allerdings hatte Walter weder eine 1 noch eine 0 auf der Hand und somit keine Chance, die erforderliche Karten-Summe auf den Tisch zu legen. Drei Runden lang Tausch mit allen Mitspielern, aber keiner rückte weder eine 0 noch eine 1 heraus, und am Tisch lag auch keine davon. Das ging dann über seine Spiel-Toleranz. Rundenlang stumpfsinniger Kartentausch mag praktizieren wer mag. Er forcierte das Ende. Mehr oder weniger alle waren froh, aus dieser Deadlock-Situation befreit zu sein.

Aber das ist nicht die einzige Dead-Lock-Situatiuon in „Dead Drop“. Laßt sie uns gar nicht erst alle aufzählen, es strotzt davon.

WPG-Wertung: Aaron:1 (broken, funktioniert nicht) , Günther: 3 (Deduktion ohne Notizbuch ist sowieso schon mal problematisch, das ist etwas für 20-30 Jährige, aber nicht für 60 Jährige), Moritz: 2 (witzlos), Walter: 1 (sprachlos).

Das Crowdfunding-Spiel ist noch nicht erschienen. Bis morgen kann man für 22 Dollar die Luxus Edition, und für 12 Doller die Basis-Version zeichnen. Dakota tribal wisdom says that when you discover you are riding a dead horse, the best strategy is to dismount. In meinem Archiv gibt es mindestens einundzwanzig Alternativ-Vorschläge, mit einer solchen Situation umzugehen. Eine davon lautet: „Buying a bigger whip.“

Oh, da fällt mir ein, wie das Spiel funktionieren könnte: Als Kooperationsspiel! Die Spieler müssen gemeinsam herausfinden, welches die verdeckte Zahl ist. Je schneller, desto besser!

2. “Melee”

Das enge Schlachtfeld von "Melee"
Das enge Schlachtfeld von “Melee”

Angeblich eines der Highlights von Essen 2014. Allerdings ist die Scout-List von „Fair Play“ jenseits von Gut und Böse. Wer diesem Laden kein Spiel schenkt, wird gnadenlos aus der Liste gestrichen, selbst wenn er dort gerade einen Platz unter den Top-10 eingenommen hat. Bei solch einem rowdyhaften Vorgehen bekommen deren windschiefe Statistiken noch dazu einen betrügerischen Anstrich! Da kann jetzt „Melee“ natürlich nix dafür.

Es ist ein braves, kurzes Kriegsspiel. Wir leisten uns Ritter, Knappen, Katapulte und Marketender und stillen damit unsere Kriegsgelüste. Ritter und Knappen rücken auf Nachbarfelder und Nachbarschlösser vor. Dort stellen sie sich einem edlen Zweikampf. Katapulte machen einen Nachbarn ganz unedel platt, sind es hinterher aber auch selber. Und Marketender laden zur Reha ein.

Wer zwischendurch mal ein Nachbarschloss erobert hat, beendet sofort das Spiel als Sieger. Ansonsten gewinnt derjenige, der bei Spielende die meisten Gebiete besetzt hält.

Bemerkenswert die Entscheidungen bei Angriffen. Der Angreifer muss seine Truppen mit Geldmitteln motivieren; dazu nimmt er geheim eine Anzahl Goldmünzen in die Hand. Der Verteidiger hat gewonnen, wenn er errät, mit wievielen Münzen der Angreifer anrückt.

Kleine Überschlagsrechnung: Jeder bekommt zu Spielbeginn 15 Münzen. Ein Reiter kostet 6, bleiben noch 9. Wer all seine liquiden Mittel einsetzt, wird mit 8/9 Wahrscheinlichkeit einen Kampf gewinnen. Hat er dabei allerdings alle 9 Münzen eingesetzt, ist er bankrott und kann er keinen weiteren Kampf mehr finanzieren. Hat er 8 Münzen eingesetzt, so bleibt nur noch 1 Münze übrigt, und er würde bei jedem weiteren Kampf vom Verteidiger ausgezählt. Also sollte man in seinem ersten Kampf nur maximal 7 Münzen setzen. Auch damit wäre man hinterher ziemlich zahnlos. Angreifen ist fragwürdig! Vor allem wenn es planlos ist.

Fünf schnelle Runden dauert das Spiel, in jeder Runde darf man genau eine Aktion durchführen. Fünf mal Reha, und das Spiel ist vorbei. Oder einmal Steuer eintreiben, zweimal rekrutieren und zweimal in angreifen. Lustvoll schnell geht das alles über die Bühne.

Günther wollte es noch schneller haben. Zur Startaufstellung kaufte er sich einen Ritter und in seinem allerersten Zug, galoppierte er auf Walters Schloß zu, um es zu erobern. Für einen Gesamtsieg mußte er hier mit seinen verbliebenen 9 Goldmünzen lediglich zwei Angriffe siegreich bestehen. Einen gegen den Nachtwächter und einen gegen den Schlossherrn.

Im Schloss sind den Verteidigern allerdings jeweils zwei Versuche zugestanden, um die Höhe von Angreifers Motivation zu erraten. Bleibt trotzdem noch eine Gewinnchance von etwa 40%! (Wie habe ich das jetzt gerechnet?) Weit höher als die Ein-Viertel Siegchance in einer 4-Personen-Runde. Günthers erster Angriff mit drei Goldmünzen blieb erfolgreich, sein zweiter Angriff – zum großen Halloh aller Beteiligten – allerdings nicht. Andernfalls hätte Günther das Spiel als Sieger beendet, bevor Walter und Moritz auch nur einen einzigen Zug getan hatten.

Am Ende hätte Günther trotzdem noch gewonnen, wenn Aaron die Motivation von Moritz’s letztem Angriff (es ging nur um die Höhe von 1 oder 2!) richtig erraten hätte. Melee – mein Gott, was habt ihr euch da ausgedacht!

WPG-Wertung: Günther: 4 (kein langfristiges Planen, etwas blödsinnig für das Matt in einem Zug), Moritz: 6 (es macht, was es macht), Aaron: 4 (es macht, was es macht, und das ist nicht viel), Walter: 2 (immerhin doppelt so viel wie für die toten Tropfen; Lotterie-Kämpfen ist fad, aber das ist das einzige Lustige am Spiel.)

3. “Viceroy”

Das Spiel war in Essen am ersten Messe-Tag vormittags bereits ausverkauft. Hat sich da jemand verkalkuliert? Oder war das eine Marketing-Strategie?

In einem Zwei-Phasen-Spiel kauft sich jeder Spieler in der ersten Phase eine Baukarte und in der zweiten Phase baut er sie in seine lokale Pyramide ein. Einbauen kostet Juwelen (in definierter Zusammensetzung der Farben rot, grün, gelb und blau) und bringt entweder neue Juwelen, weitere Baukarten, Wertungskarten, Bonus-Plättchen, Vorkaufs-Privilegien oder direkte Siegpunkte.

Je nach der Pyramiden-Ebene, in der man eine Baukarte einsetzt, kostet es unterschiedliche Juwelen und bringt unterschiedliche Vorteile. Dazu hat jede Baukarte noch verschieden gefärbte Ecken und Kanten. Wenn die Karten in der Pyramide farblich gut zusammenpassen, gibt es Sonderprämien a) Juwelen während des Spiels und b) Siegpunkte am Ende in der Schlussabrechnung.

Ganz wichtig sind die Wertungskarten: Sie bringen Siegpunkte in Hülle und Fülle, jede auf eine andere Art, für den Besitz an Juwelen, an Aufbaukarten oder für bestimmte architektonische Merkmale der Pyramide. Welche der Wertungskarten man bekommt, ist zufällig, aber über keine kann man sich beklagen. Aaron griff am stärksten zu (war das geplant oder schütteten Deine Baukarten mehr oder weniger zufällig soviele Wertungen aus?) und wurde damit Sieger.

Etwas verzwickt ist das „Kaufen“ der Baukarten: Pro Spieler liegt eine Karte aus, und zwar jeweils einer der vier verschiedenen Juwelenfarben zugeordnet. Die Spieler nehmen nun zufällig jeder eine Juwele in die Hand, alle decken sie gleichzeitig auf. Sofern ein Spieler als einziger eine Farbe gewählt hat, bekommt er die zugehörige Baukarte. Haben zwei oder mehr Spieler die gleiche Juwelenfarbe geboten, sind sie erst mal ihren Einsatz los und dürfen diesen Kauf-Vorgang nochmals wiederholen. Lustig, oder was? Damit das konstruktiven Aufbauspiel halt nicht allzu berechenbar daherkommt.

WPG-Wertung: Aaron: 5 (ich fand es heute nur öd), Günther: 6, Moritz: 6 (Multiplayer solitär, das Spiel hat keinen klaren Spielfluss, alle wursteln nur so herum; die verschiedenen Fähigkeiten der Karten sind super, würde es nochmals spielen wollen), Walter: 3 (hat keine Lust, für jede Karte einen neuen breiigen Optimierungsalgorithmus in Gang zu setzen).

4. “Duckomenta”

Diesmal mit den richtigen Regeln gespielt. Knizias „Modern Art“ zeigte sich in alter, aber abgestrippter Schönheit. Honoris causa vergaben die alten Knaben mäßige bis ehrenvolle Wertungsnoten. Sicherlich träumen sie aber weiterhin von jungen, aufgetakelten Schönheiten. Essen hat noch mehr zu bieten!

WPG-Wertung: Aaron: 5 (bleibt), Günther: 7 (neu), Moritz: 7 (neu), Walter: 7 (bleibt).

22.10.2014: Frische Ernte aus Essen

Nachdem auf Wunsch eines einzelnen Herrn die ursprüngliche Einleitung zensiert werden musste, hier die neue:

Es gibt Leute, die tönen herum und amüsieren sich über über die Dummheit anderer. Schade nur, wenn sie dann öffentlich nicht dazu stehen wollen. In solchen Fällen hält der gut erzogene Mensch besser seinen Mund.

1. “Fünf Gurken”

Warum geht es hier um „FÜNF“ Gurken und nicht um sechs? Weil Friedemann Friese immer noch nicht Siedeman Siese heißt!

In einem Stichkartenspiel mit sieben Stichen pro Runde wird nur der letzte Stich gewertet. Die sechs vorangegangen Stiche dienen ausschließlich der Kartenpflege, mit der man den letzten Stich vermeiden will. Wer den nämlich bekommt, erhält Minuspunkte. Minus-Gurken! Und wer sechs davon angesammelt hat, scheidet aus.

Die Kartenzugabe ist ganz einfach: Wer einen Stich gemacht hat, spielt eine beliebige Zahlenkarte aus, jeder weitere Spieler gibt entweder eine höhere Zahl dazu oder – falls er keine höhere hat – zwangsweise! die niedrigste aller seiner Restkarten.

In dieser Zugabe steckt zunächst mal ein technischer Geburtsfehler. Die Mitspieler können nicht kontrollieren, a) ob ein Zugeber keine höhere Karte mehr hat und b) ob er dann auch wirklich seine niedrigste Karte zugeben hat. Mit einem guten Kartengedächtnis könnte man hier hinterher eine Fehlbedienung vielleicht noch rekonstruieren, doch das ist dem leichten Charakter der „Fünf Gurken“ und der damit anvisierten Spielergruppe garantiert nicht angemessen.

Wir hatten schnell heraus, wie der Hase läuft. Nach dem ersten Durchgang konnte in jeder Runde mindestens ein Spieler früher oder später seine Karten sortieren, verdeckt als Stapel auf den Tisch legen und zu jedem Stich die oberste Karte dazugeben. Er hatte halt leider keine hohen Karten mehr auf der Hand und wusste demnach, dass er zwangsweise zu jedem Stich seine jeweils niedrigste Karte zugeben musste. Freiheitsgrad 0 (Null!)! Und wenn die letzte seiner niedrigen bis mittelhohen Karten dann zufällig die höchste der noch verbleibenden ist, kriegt er halt Friesemanns Gurken. Wenn nicht, dann bekommt sie ein anderer Pechvogel. Dieses Prinzip ist kein Geburtsfehler, es ist ein letaler Asthmatismus.

Dass ein Spieler nach der fünften Gurke ausscheidet und die anderen weiterspielen, verbuchten wir zuerst als bluff-ähnliches tolerierbares Design-Element. Doch damit landet diese Buchung auf dem falschen Konto. Bei „Bluff“ ist das Endspiel schnell, und selbst das Zuschauen beim Kampf um jede Würfelvorgabe von amüsanter Spannung begleitet. Bei den „Fünf Gurken“ kann sich das dröge Zugeben vorbestimmter Karten leider noch lange genug hinziehen und ein Freiheitsgrad 0 lässt weder bei Spielern noch bei Zuschauern von Spannung etwas aufkommen. Überhaupt nichts!

Nach der fünften Runde veränderten wir die Endebedingung: Wer die nächste Gurke bekommt, beendet das Spiel als Sieger. Oder so ähnlich. Das Detail war nicht so wichtig, Hauptsache aufhören …

WPG-Wertung: Aaron: 4 (Angeblich spielt man so etwas gerne in Skandinavien. [Oh Gott – hoffentlich in den nicht vorhandenen Sommernächten, und nicht in der unendlich langen Winternacht!], Horst: 4 (mit vielen 15er Karten kann man das Spiel gut steuern. Aaron, schenk’ mir das Spiel, ich habe eine Runde, in der es bestimmt gerne gespielt wird!), Moritz: 3 (Die Entscheidungen sind zu läppisch. Das Spiel hat sich der Friesemann bestimmt in einer besoffenen Nacht im Arosa ausgedacht), Peter: 3 (keine Entscheidungsfreiheit), Walter: 3 (möchte es nicht noch einmal spielen. Nicht einmal mit seinen Enkeltöchtern).

2. “Euphoria”

Der Westpark in „Euphoria“
Der Westpark in „Euphoria“

Eine riesengroße „dystopische Gesellschaft“ (was immer das ist) wird von uns erschaffen. Aaron brauchte anderthalb Stunden, um uns die umfangreiche Maschinerie zu erklären. Zumindest hatte die Borussia in Konstantinopel schon drei Tore geschossen, als er mit dem Regelheft durch war. Dabei hatte er beim Anblick der verdutzten Gesichter seiner Zuhörer die zwischen die einzelnen Regelpassagen eingestreuten Kalauer ganz schnell ausgelassen.

Wir setzen unsere zwei bis vier Arbeiter im der Euphorianischen Wirtschaft ein,

  • bekommen für sie “Waren” (Wasser, Energie, Nahrung oder Seligkeit)
  • wandeln mit ihrer Hilfe Waren in “Rohstoffe“ (Gold, Stein, oder Ziegel) um
  • erwerben Artefakte, die ebenfalls den Fortschritte im euphorischen Leben befördern
  • erringen “Gefolgsschaftspunkte” (rot, grün, gelb und blau), mit denen wir weitere “Rekruten” für Aktions-Vorteile aktivieren können
  • lassen die Arbeiter sich vermehren, wobei der Würfel dafür sorgt, dass es nicht zu viele werden können
  • errichten Marktplätze, die wichtigsten Positionen, in denen wir unsere “Autoritätssteine” platzieren können. Wer als erster seine zehn Autoritätssteine losgeworden ist, beendet das Spiel als Sieger.

Sehr viele, hübsche neue Ideen sind in diesem Workerplacement-Spiel eingebaut, aber so, dass es gar nicht wie eines der vielen, heute Mode gewordenen Spiele dieses Genre wirkt. Ständig sind die Arbeiter in Bewegung. Sie sind als Würfel realisiert und werden bei jeder Wiedergeburt neu geworfen. Der Zufall spielt mit. Die jeweilige Augenzahl hat einen kleinen Einfluss auf die Effekte des Arbeiters, geworfene Paschs einen leicht größeren …

Interaktion gibt es beim Verdrängen auf den Arbeitsplätzen, beim Fördern oder Blockieren von Rekruten, beim Handeln und Tauschen von Waren (was am Westpark üblicherweise nur sehr selten vorkommen), vor allem aber bei der Beteiligung an Marktplätzen. Wenn ein Marktplatz kurz vor der Eröffnung steht, gibt es einen eiligen Run auf die letzten Anteile. Wer zu spät kommt, den bestraft das Leben. Allerdings ist die Strafe ziemlich human, und man kann ihre negativen Zukunftsfolgen durch einen passenden Entwicklungszug auch wieder aufheben.

Rekruten (Karten mit unterschiedlichsten Bonus-Effekten), die zu Spielbeginn an die Spieler verteilt werden, bringen am Anfang eine leichte Variabilität ins Spiel. Am Ende können sie sogar spielentscheidend sein, vor allem wenn sie falsch interpretiert werden. Moritz bekam „Dr. Nakagawa, der Anerkannte“, der ihm erlaubte, „wenn du einen Arbeiter auf einem Marktplatz platziert hast, darfst du … diesen Arbeiter opfern, um einen zusätzlichen Autoritätsstein auf dem entsprechenden Gebiet zu platzieren.“ Wir verstanden das so, dass Moritz gegen das Opfern eines weiteren Arbeiters jeweils gleich zwei „Autoritätssteine” auf jedem Marktplatz platzieren durfte. Mit dieser deutlichen Beschleunigung seines Arbeiter-Umsatzes war Moritz am schnellsten alle seine Steine” los. Immerhin – in einer 5-Personen-Runde – erst nach knapp anderthalb Stunden.

WPG-Wertung: Aaron: 8 (es gibt viele Spielemente, aber das ist eher angenehm und in jedem Fall konstruktiv), Horst: 8 (hübsches Spielmaterial, viel Dynamik und Variabilität), Moritz: 8 (frisch, unverbraucht, man hat nicht das Gefühl, die Mechanismen schon tausendmal gespielt zu haben), Peter: 7 (mit Tendenz zu 8, hübsche, neue Ideen), Walter: 7 (hübsch, leichter und schneller zu spielen als es nach dem umfangreichen Regelwerk zu befürchten ist; trotz vieler kleiner Interaktionsmöglichkeiten allerdings ziemlich solitär.)

Unbestritten das beste Kick-Starter-Spiel, das wir je hatten. Vielleicht sollte man diesen Markt doch nicht gleich abschreiben.

3. “Duckomenta Art”

Rainer Knizia hat sein „Modern Arts“ abgestrippt und als kleines kompaktes Kartenspiel auf den Markt gebracht. Alles läuft ohne Bieten ab. Dem einen geht damit was ab (Moritz: „Das bester Spielelement aus ‚Modern Art’ hat man weggelassen!“), der andere freut sich über den rasant beschleunigten Spielablauf.

Jeder bekommt dreizehn Gemälde-Karten in insgesamt fünf verschiedenen Farben auf die Hand. Dargestellt darauf sind Verballhornungen echter Mona-Lisas oder Sissis mit Entenschnäbeln nach der Duckumenta-Serie von Pop Surrealism & Urban Art (, was für den Spielablauf und die zu erweckende Sammelleidenschaft der Spieler aber absolut keine Rolle spielt).

Die Spielen legen reihum jeweils eine Karte aus der Hand in eine Kartenauslage offen vor sich ab. Sobald insgesamt sechs Karten der gleichen Gemäldefarbe abgelegt sind, erfolgt eine Zwischenwertung: Für jede Karte der am meisten ausgelegten Kartenfarbe erhält jeder Spieler drei Siegpunkte, für die zweitmeisten gibt es zwei und für die drittmeisten einen Siegpunkt.

Wie bei „Modern Arts“ bleibt jeder Kartenfarbe diese Siegpunkt-Dotierung für den weiteren Spielverlauf erhalten. In der nächsten Runde wird pro Farbe also die Summe aller Wertungspunkte ausgeschüttet. Die Karten-Farben werden immer wertvollen. Eine spieltechnisch durchaus gewünschte Dynamik. Wer nach vier Wertungen die meisten Punkte hat, ist Sieger.

Natürlich ist das Ablegen von Karten mit etwas Pfeffer gewürzt. Schließlich wird uns hier keine Gurke angeboten, sondern mehr oder weniger ein echtes Knizia-Spiel. Je nach Kartenqualifikation darf man beim Ablegen einer Karte auch noch

  • eine Karte vom Nachziehstapel auf die Hand nehmen
  • eine weitere Karte offen auslegen
  • eine weitere Karte verdeckt auslegen
  • einer Kartenfarbe zusätzlich Dotierungspunkte zuschustern

Vor der Rundenwertung darf man nochmals eine oder sogar mehrere Karte aus seiner Hand in die Ablage geben: zu jeder Kartenfarbe, die man bereits in seiner Auslage hat, eine weitere Karte! Hallo, hallo, hier haben wir etwas falsch gespielt: Nicht nur eine weitere Karten darf man spielen, sondern zu JEDER Kartenfarbe eine! Und noch ein Regelfehler, meine Freunde: In jeder Runde liefern nur diejenigen Kartenfarben Siegpunkte, die unter die ersten drei Ränge gelangt sind. Für die vierte und fünfte Farbe gibt es GAR NICHTS, selbst dann, wenn sie in früheren Runden mal auf dem Treppchen standen!

Mit diesen richtigen Regeln besitzt „Duckomenta“ deutlich mehr taktische Raffinesse a) beim Auslegen von Farben, um die gewünschten Farben noch in die Wertung zu bringen und b) beim Zurückhalten von Farben, um die eigenen Auslagen zu jeder Wertung noch anreichern zu können. Von mir gibt es jetzt beim Schreiben vom Session-Protokoll einen Punkte mehr als heute Nacht unmittelbar nach dem Spielen.

WPG-Wertung: Aaron: 5 ([sprachlos durch die Regelfehler?]), Moritz: 5 (witzlos [wegen unserer Regelfehler!]), Peter: 6 (unterhaltsam [selbst mit den Regelfehlern!]), Walter: 7 (schnell, taktisch, eine vorhandene hübsche Spielidee gekonnt abgestrippt).

“La Granja” ist unser Spiel des Monats

La Granja„La Granja“ biete Interaktion und Konkurrenz, konstruktives, progressives Aufbauen, Optimierungen in Auswahl und zeitlicher Reihenfolge, und reichlich Auswege, um Engpässe in Angebot und Nachfrage zu umgehen. Alles hat Effekte und Nebeneffekte. Trotz der ungezählten Abhängigkeiten ist das komplexe Räderwerk sehr gut beherrschbar. Klar sind die Abläufe, die durch die graphische Gestaltung mnemotechnisch hervorragend unterstützt werden und das hervorragend strukturierte Regelheft zeigt eine professionelle Handschrift.

Mit „La Granja“ haben Odendahl/Keller aus bekannten Elementen eine neue, hübsche, funktionstüchtige und brauchbare Maschine konstruiert. Das ist eine anerkennenswerte Ingenieursleistung.

“La Granja” is our Game of the Month

La Granja“La Granja” offers interaction and competition, constructive and progressive development, optimization in selection and sequence as well as an abundance of possibilities to bypass bottlenecks in supply and demand. Everything has effects and side effects. Despite its countless dependencies, the complexity is easily manageable. The game’s elements and mechanics are superbly supported by the graphics design and the superbly structured rules.

With “La Granja”, Odendahl/Keller developed a beautiful, new and functional machine out of familiar elements. This alone is a commendable feat of engineering.