24.06.2015: Royals in der Patchistory

Heikler war schon die wachsende Leidenschaft der Königin für die verschiedenen Kartenspiele, mit denen sich der Hof die Zeit vertrieb. Damit standen allerdings weder der französische Hof noch Marie Antoinette alleine da, deren Eltern beide begeisterte Kartenspieler gewesen waren.

Unseligerweise hatten Marie Antoinettes Spielabende, die sich bin in die frühen Morgenstunden hinzogen, Nebenwirkungen. Sie hielten sie davon ab, den schlafenden König zu besuchen, was vielleicht in ihrer Absicht lag, und sie verschärften ihre Geldsorgen, was sie zweifellos gerade nicht wollte.

Aber schlief die Königin auch mit dem attraktiven Graf Fersen? In Anbetracht der Möglichkeiten muss man diese Frage bejahen. Die Vorstellung einer großen, reinen Liebe, die keinen körperlichen Ausdruck findet, widerspricht den Tatsachen des Lebens und der menschlichen Natur. Antonia Fraser: „Marie Antoinette“

1. “Royals”

Passend zum Besuch der Queen servierte uns Günther dieses Spiel mit integrierter königlicher Familie. Den Prototyp dieses Spiels hatte uns unser Lippstädter Preuße bereits vor knapp einem Jahr aufgetischt und damit nur gebremsten Schaum geerntet. Dabei verläuft alles ganz rund.

Wir ziehen Karten verschiedener Farben (rot, grün, gelb und blau) von offenen oder verdeckten Stapel und sammeln sie in unserer Hand. Haben wir von einer Farbe eine bestimmte Anzahl gesammelt, können wir uns damit auf dem Spielbrett engagieren. Sinngemäß geht das ganz ähnlich wie bei „Zug um Zug“; wir punkten aber nicht über Strecken und Städteverbindungen, sondern über Einfluss und Präsenz in je drei bis fünf Städten von vier verschiedenen Ländern. Manche Siegpunkte werden sofort ausgeschüttet, manche erst bei den drei Wertungen, die in den Spielverlauf eingeschoben sind.

  • Wer als Erster eine Stadt besetzt, erhält Siegpunkte, wachsend mit der Kartenzahl, die zur Besetzung notwendig sind.
  • Wer als Erster in allen Städten eines Landes präsent ist, erhält eine Sonderprämie.
  • Wer bei einer Wertung den meisten Einfluss (via Städte-Präsenz) in einem Land hat, bekommt Sonderprämien.

“Royals” sind sieben verschiedene Titel, die den verschiedenen Positionen in den Städten fix zugeordnet sind. Wer sich z.B. in Salamanca mit drei gelben Karten engagiert, erhält einen Punkt für die “Countess”, wer sich in London mit acht roten, oder in Paris mit 8 blauen Karten engagiert, erhält einen Punkt für die Queen, die allerdings auf der “Royals”-Karte eher dem schwarz-perückten Ludwig XIV verdammt ähnlich sieht.

  • Wer sich als Erster bei allen Titeln mindestens einmal engagiert hat, erhält eine Sonderprämie.
  • Wer bei Spielende, d.h. nach der dritten Wertung, die meisten Punkte von einem Titel besitzt, bekommt titel-spezifische Sonderprämien. Hier ist dann natürlich ist eine 8-karätige Queen mehr wert als eine 3-karätige Countess.

Die Prämien liegen haufenweise auf der Straße herum, man muss sich nur bücken. Schneller als die Konkurrenz! Und dazu muss man schneller die richtige Anzahl von Karten in der richtigen Farbe gezogen haben. Mit guten Auge, gutem Glück oder guter Hoffnung.

Kampf gibt es natürlich auch: Mit einer Kampfkarte (alternativ von einem weiteren verdeckter Stapel auf dem Tisch zu ziehen) und mit den entsprechenden Farbkarten kann man einen Mitspieler aus einer Stadtposition verdrängen. Und als flüssiger Ausweg, wenn die letzte benötigte Farbkarte fehlt, kann man drei beliebige Farbkarten zu einer frei wählbaren Farbe umfärben.

Alles rund, keine Engpässe. Und wenn man – vor allem kurz vor hereinbrechenden Wertungen – nicht scharf kalkuliert, wer jetzt wo den meisten Einfluss hat und wo man noch eine Mehrheit erringen oder kippen lassen kann, ist das Spiel auch flott. Es ist wie ein Labyrinth mit hundert Eingängen und hundert Ausgängen. Wohin auch immer man geht, es ist gut und bringt einen vorwärts.Den einen mehr, den anderen weniger. Keine Spannung mit Sackgassen, keine weit vorausschauende Planung für beste Wege, keine eingebauten Finessen, einfach vorwärts gegen. Zu einfach!

Aaron: „Keine neuen Ideen. Das Spiel hätte es einfach nicht gebraucht!“ Günther „Doch, natürlich!“ Günther ist schließlich nicht nur HiG-minded, er ist auch noch Abacus-minded. Alles-Könner, Alles-Spieler, Alles-Minded!

WPG-Wertung: Aaron: 5 (seelenlos, an keiner Stelle spannend, bis man wieder dran ist, ist so viel passiert, was man nicht vorhersehen kann, insofern ist das Spiel nicht planbar. Es ist zwar sauber, aber es macht mich nicht an), Günther: 7 (fix minded), Peter: 7 (simples, reines Mehrheitenspiel, ich hatte Spaß, würde es mir aber nicht kaufen), Walter: 6 (etwas für Krämerseelen: überall Punkte zusammenkratzen, flott aber ohne Charme; man kann sogar rechnen und versuchen, die Mitspieler auszurechnen, aber wehe, wenn man es wirklich tut.).

Und was schreiben die bösesten Kritiker bei BBG über die „Royals“:

  1. ”Fühlt sich an wie viele andere Spiele, bloß nicht so gut!” (ein Amerikaner)
  2. ”Soulless simple Euro!” (ein Holländer; der mit seinem “seelenlos” glatt unserem Aaron zuvorgekommen ist. “Great minds think alike!”)

2. “Patchistory”

Patchistory – Gute Miene zum bösen Spiel
Patchistory – Gute Miene zum bösen Spiel

Beim Auspacken des nagelneuen Spiels fehlten doch glatt zwei grüne und eine gelbe Spielfigur. „Made in China“! (Sorry, bei Ludofact wäre das nicht passiert!)

Angesichts der Masse an Spielmaterial und der massigen Möglichkeiten, damit umzugehen, wollte Aaron nur eine minimale Einführung geben und ansonsten das Spiel peut-a-peut während der ersten Runde erklären. Ein schon häufiger bei uns versuchtes Vorgehen. Aber richtig geklappt hat es noch nie. Zu neugierig sind die Mitspieler auf das Wie und Warum, als dass sie einfach Loslegen, Loskaufen und Losrennen. Außerdem ist das Kennenlernen der Spielregeln doch eines der Vergnügen jedes Spieleabends!

Jeder Spieler hat ein Potential an Diplomatie, Transport, Angriff und Verteidigung, sowie ein regelmäßiges Einkommen an Geld, Nahrung, Eisen und Siegpunkten. Ersteres kann in jeder Runde in der entsprechenden Höhe genutzt werden, ungenutztes Potential geht verloren. Letzteres kann über beliebig viele Runden gesammelt und bei Bedarf in gewünschter (oder benötigter) Höhe eingesetzt werden.

Potentiale und Einkommen ergeben sich über die Zusammensetzung des Geländes, das jeder Spieler besitzt. Das „Gelände“ besteht aus zwei-mal-zwei Felder großen Ertrags-Quadraten, die in bunter Mischung die verschiedenen Einnahme-Pegel erhöhen. Zu Beginn besitzt jeder Spieler ein einziges solches Ertrags-Quadrat, pro Runde ersteigert er sich ein weiteres dazu, und baut sich so sein Gelände zusammen. Die einzelnen Quadrate müssen aber überlappend zusammengesteckt werden, so dass von den vier neu erworbenen Feldern eines Quadrates nur maximal drei, evtl. sogar nur zwei genutzt werden können.

Der Versteigerungsprozess neuer Ertrags-Quadrate ist sehr bemerkenswert: Wie viele Spieler, so viele Quadrate werden ausgelegt. Reihum bieten die Spieler für ein beliebiges Quadrat. Wird ein Spieler überboten, so kann er am gleichen Quadrat wiederum überbieten, oder aber die bisher gesetzte, ggf. noch erhöhte, Summe an einem anderen Quadrat einsetzen. Er darf seine Bietsumme aber nie verringern. Fazit: Wer im Laufe des Bietprozesses seine gebotene Summe immer mehr erhöht hat und schlussendlich an einem besonders gewünschten Ertrags-Quadrat einem Mitspieler dennoch unterlegen ist, muss seinen hohen Betrag jetzt ggf. an einem ungeliebten, vielleicht sogar für ihn recht nutzlosen Ertrags-Quadrat einsetzen, und ist das Geld los. Rational ist das nicht. Der Zufall kann recht schmerzhafte Verluste mit sich bringen. Oder hätte man solche Aderlässe etwas jeweils vorhersehen müssen? …

Ein weiterer krasser Zufallseffekt ergibt sich aus der Prosperity-Wertung am Ende jeder der drei Epochen eines Spiels. Jeder Spieler bringt dann eine seiner individuell zugeteilten „Prosperty Karten“ zur Abstimmung. Damit werden Extrem-Besitztümer honoriert, z.B. die meisten Wasserflächen im Gelände oder die größte Transportfähigkeit. Wer hier vorne steht, bekommt Siegpunkte, und zwar in der Höhe der Stimmen, die für diese Property-Karte abgegeben wurden. Das mag für Leserm die das Spiel nicht kennen, jetzt etwas unverständlich ausgedrückt sein, es fehlt sicherlich etwas Kontext, aber ich möchte hier ja nicht die kompletten 16 Seiten vom Regelheft wiedergeben.

Der Spielablauf wird über folgende Spielmöglichkeiten bestimmt.

  • Mit unserem Geld ersteigern wir neue Ertragsplättchen
  • Mit unserem Ertragsplättchen erhöhen wir unsere verschiedenen Potentiale.
  • Mit unserem Transport-Potential bewegen wir uns über unser Gelände und beeinflussen so dessen Erträge.
  • Mit unserem Transport-Potential bewegen wir uns weiterhin auf gegebenen Handelsrouten zu einem unserer Mitspieler, machen mit ihm ein Deal – zu gegenseitigem Vorteil – oder überziehen ihn mit Krieg – zum einseitigen Vorteil.
  • Mit Angriff- und Verteidigungspotential haben wir bessere Aussichten, einen Krieg zu gewinnen.
  • Mit Eisen können wir im Kriegsfall unsere Schlagkraft erhöhen.
  • Mit Eisen reparieren wir die Weltwunder auf unserem Gelände.
  • Mit Nahrung müssen wir in regelmäßigen Abständen unser eingesetztes Personal an Arbeitern und Helden versorgen.
  • Diplomatie ist überhaupt ein Allheilmittel für Unterstützung, Bedrohung, Allianzen, Handel, Tausch und Kinderkriegen, zum Umwandeln von Nahrung oder Eisen in Siegpunkte und zum Erwerben von Stimmen für die Abstimmung über Prosperity-Karten.

Moritz würde seine helle Freude daran gehabt haben. Wir hatten sie nicht. Es wird eine Unmenge von Mechanismen angeboten, von denen ein Großteil aber nicht funktioniert. Im Grunde genommen haben die Autoren damit eher versucht, die erheblichen Designschwächen zu verschleiern.

Nach zwei Stunden Spielzeit (einschließlich Erklärung) hatten wir gerade das erste Zeitalter geschafft und setzten dem Spiel ein Ende. Ohne dass einer dazu aufgerufen hatte. Es war allen einfach genug.

WPG-Wertung: Peter: 3 (unbalanciert, hat keinen Spaß gemacht), Aaron: 5 (gute Mechanismen; „Unbalanciertheit“ ist nicht erwiesen), Günther: 4 (Rosenberg ist besser), Walter: 4 (unstimming in der Mischung aus scharfer Rechnerei und enormen Zufallseinflüssen; es wären 6 Punkte gewesen, wenn das Spiel nach der erste Runde zu Ende gewesen wäre).

Aaron hat eine Nacht über unser Spielgeschehen geschlafen und anschließend folgenden Korrekturbericht verfasst:

Ich habe heute noch mal über „Patchistory“ nachgedacht und bin zu dem Schluss gekommen, dass ich meine Wertung auf 4 korrigiere. Warum?

Das Spiel hat aus meiner Sicht einen gravierenden Designfehler: es gibt zu viele Elemente, die den Stärkeren noch stärker machen.
Beispiele:

  • Auktion der Patches: Wer reich ist, kann sich das beste Plättchen ersteigern und GLEICHZEITIG die Preise für die anderen Spieler nach oben treiben. Irgendeiner ist am Schluss der Dumme und kauft das schlechteste Teil zu einem überhöhten Preis.
  • Diplomatie: Der Spieler mit vielen Diplomatiepunkten hat die größte Flexibilität: er kann Güter tauschen, Handelsrouten bauten, Schwache bedrohen und mittels Aid Siegpunkte generieren. Und wenn das alles noch nicht reicht, kann er sich Votes kaufen, die am Ende einer Ära im Normalfall 1:1 in Siegpunkte umgewandelt werden.
  • Angriff: Bin ich reich, kann ich mein Militär ausbauen und gewinne alle Kriege gegen Schwächere.
  • Prosperity Karten: Wieder eine Siegpunktquelle, die den Starken bevorzugt. Überhaupt erscheint mir dieses Element problematisch, wenn nicht sogar broken. Mit viel Brimborium wird von jedem Spieler eine Karte verdeckt gespielt, dann diese gemischt und nacheinander aufgedeckt. Wer nicht völlig verblödet ist, spielt alle seine Votes auf seine Karte, wenn er dort die Mehrheit hat. Hat er dort keine Mehrheit, gibt es keine Information, welche Karten noch im Spiel sind und auf welche der nacheinander aufgedeckten man sinnvollerweise seine Votes spielt. Es ist dann also reine Zockerei, ob man seine Votes spielt und wohin. Da nicht gespielte Votes am Ende der Ära verfallen, hat man womöglich noch nutzlos in Votes investiert.

Das alles wäre für mich okay, wenn das Spiel relativ kurz wäre oder interessante Spannungselemente enthielte. So wie es ist, ist es zu lang, zu fummelig und hat das rich-get-richer Syndrom (vielleicht meinte Peter das mit „unbalanciert“).

Habe mich dann gefragt, warum das Spiel so viele gute Bewertungen bei BGG hat und da fiel mir auf, dass die Schwächen rich-get-richer, zu lang und kein Spannungsbogen auf ein anderes Spiel zutreffen, das ich selber auch nicht mag aber von vielen geliebt wird: Risiko.

Schade, Patchistory hat ein paar nette Ideen, die aber in ein unstimmiges Gesamtsystem eingebettet sind. 4 Punkte von mir deshalb, weil es diese Ideen enthält, sonst wären es 3.

Günther hatte noch beim Weggehen bemerkt: „Wieder haben wie ein Spiel runter gemacht! Eigentlich ist es schade!“

3. “Bluff”

Peter übte sich in Horst’s Sternen-Schiene. Erst kickte er damit Walter raus, dann sich selber. Immerhin hatte er zwischendurch auch – nach einem längeren Vorlauf – bei 7 ausstehenden Würfeln auf 7 mal die Fünf gesetzt („mir bleibt ja nichts anderes übrig“) und damit drei Mitspieler um einen Würfel erleichtert. (Diese Leistung wollte er explizit im Protokoll sehen!)

Günther ging mit drei Würfeln in das Endspiel gegen Aaron mit einem Würfel. Gemäß seiner dubiosen Immer-5-Strategie, fing er mit 1 mal die Fünf an. Aaron hob auf 2 mal die Fünf. Günther zweifelte an – da stand es nur noch 2:1. Hätte er mit dem Übergewicht von 3 Würfeln, bei den akzeptablen Augenzahlen Drei, Vier und Fünf unter seinem Becher, nicht eine bessere Chance finden können als die mäßige 2-Drittel-Chance für eine Nicht-Fünf bei Aaron?

Aaron knüpfte ihm auch noch einen zweiten Würfel ab und ging mit der überlegenen Immer-4-Strategie in den 1:1-Endkampf. Günther hob auf 2 mal die Vier. Und hatte verloren! Er hatte zwar selber eine Vier unter dem Becher, Aaron aber nur eine Eins. „Bluff“ heißt das Spiel. Und die „Immer-4-Strategie“ ist ein vorzügliches Element darinnen!

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

17.06.2015: Häuptlinge und andere Haie

Männer ohne Spiel leiden an den gleichen Entzugserscheinungen wie Männer ohne Frau. Was sich vor allem in verbalen Kraftmeiereien ausdrückt. Oder lag es diesmal an den hautnahen Begegnungen mit Transvestiten, Transgendern und Transplantationen, dass das verbale Vorgeplänkel aus dem halbseidenen Rülpsen nicht mehr herauskam? Der Verstand war jedenfalls noch eingeschaltet, denn jeder zweite Satz hieß: „Diese Äußerung bitte ja nicht ins Protokoll übernehmen!“ Beim Abschied distanzierten sich alle Mitspieler nochmals ausdrücklich vom noch ungeschriebenen Session-Protokoll. Hier ist es.

1. “Nobiles”

Aarons Neuentwicklung brachte uns zunächst wieder auf die spielorientierte Schiene zurück. Er hat sein Spiel in den letzten beiden Monaten nochmals wieder gründlich überarbeitet, nachdem im Laufe eines forcierten Reifeprozesses zu Beginn dieses Jahres sich viel Wildwuchs eingestellt hatte. Zurück zu den Quellen war seine Devise. Vor allem sollten die beiden Spannungsfelder des Spiels, das arbeitsame Engagement bei der gemeinsamen Problembewältigung und das siegpunktträchtige Einsteigen in Herrschaft und Politik, besser miteinander verzahnt werden. Einige sehr geniale Umgestaltungen brachten das Spiel jetzt Riesenschritte vorwärts. Peter erkannte es nicht wieder.

„Viel Lob, großes Lob!“ vergab er mit der größten Überzeugung. „Ein super Spiel; es besitzt keine eingefahrene Strategie, sondern ist höchst flexibel“ kommentierte Moritz. Aus bescheidenen Startbedingungen heraus und mit zunächst in verschiedenen Richtungen abtastenden Spielzügen hatte er sich im Mittelspiel noch eine Vorgehensweise zurechtlegen können, mit der er haushoch gewann. Die Mitspieler mussten das aber keineswegs bedröppelt über sich ergehen lassen. Erstens kommt das Ende sehr schnell und schmerzlos herbei, und zweitens erkannten sie – post mortem – sogleich die Fehler in ihren eigenen Zügen, die sie beim nächsten Mal vermeiden wollen. Genau das sind Voraussetzungen für ein großes, strategisches Spiel.

WPG-Wertung: Noch keine Wertung für ein Spiel in der Entwicklungsphase.

2. “Island Fortress”

Valentina plus Zwei! Schön öfters hat sie unseren Spielabend “geschmissen“!
Valentina plus Zwei! Schon öfters hat sie unseren Spielabend “geschmissen“!

Seefahrer, stolzes “Archeron”, Schiffbruch, Jademinen, Gouverneur, Fort Aldenford, Gesindel und Kontrolle sind die Schlagwörter im Regenheft, die für Stimmung und Spiellust sorgen sollen. Vorweg genommen, bei uns kamen sie nicht an.

Drei Rechtecke mit je fünf mal vier internen Quadraten sind das Gelände, auf dem jeder Spieler durch Legen von Bauplättchen individuell vorgegebene tetris-artige Muster herstellen muss. Jedes fertig gestellte Muster liefert Siegpunkte. Die Spieler bauen in Konkurrenz zueinander: wenn ein Spieler gerade seine vorgegebene Tetris-Raute fertiggestellt hat, und ein böser Mitspieler eines der zugehörigen, vorgeschriebenen Bauplätten überbaut, dann sind die Siegpunkte erst einmal aufs Eis gelegt.

Zu Bauen braucht man Arbeiter, Bauplättchen und Geld, die man sich mit Hilfe seiner Aktionskarten, Anwerber, Planer und Schatzmeister geheißen, peut-a-peut besorgen kann. Der Aufseher bestimmt dann noch, in welcher der drei Gelände-Rechtecke man bauen darf, der Baumeister tut es und rechnet die Fertigstellung ab.

Es gibt noch ein paar mehr Schnörksel, die das Spielgeschehen etwas bunter machen sollen, uns kam es heute aber ziemlich grau vor. Noch dazu ist die Übersetzung der deutschen Regeln und die Druckqualität des deutschen Spielmaterials eine echte Zumutung. „Schrott“ war heute der etwas überspitzt dafür gebrauchte Ausdruck. Vielleicht lag das auch an der mitgebrachten Stimmung, den oben erwähnten Entzugserscheinungen und den hohen Erwartungen nach Aarons „Nobiles“.

Nach anderthalb Runden fragte sich Peter, wieviel Lust er am Weitergang des Spiels noch hatte. Nach einer weiteren halben Runde fragte er das uns. Zwei waren für einen lustlosen Abbruch, nur Moritz hätte noch gerne ein paar Feinheiten des Spiels kennengelernt. Dabei „war ich gerade dabei zu gewinnen“. Dieses Siegergefühl gönnten wir ihm noch eine Spielrunde, dann brachen wir ab. Zu diesem Zeitpunkt stand der Abbrecher Peter mit großem Abstand an der Spitze.

WPG-Wertung: Aaron: 4, Peter: 3 („Das sind Spiele, die jemand erfindet, der in seiner Nachtschicht genervt ist und nicht einschlafen kann.“ – Genau diese Erfindermotivation hat der Autor Bryan Johnson in seinen Designer Notes bekanntgegeben), Walter: 4 (abstrakt, langweilig, repetitiv, mit erheblichen Kingmaker-Effekten), Moritz: 7 („ich habe mich nicht gelangweilt, ich finde es echt nicht schlimm, es hätte sich noch vieles tun können“).

Kritische Leser mögen hier vorwurfsvoll anmerken, dann man nach einer Kostprobe von gerade mal zwanzig Prozent einer einzigen Durchführung ein Spiel noch nicht aburteilen kann / darf / soll. Alte Erwiderung: Ein Weinkenner kann nach einem einzigen Schluck ebenfalls schon feststellen, ob ihm der Wein zusagt. „Island Fortress” hat uns nicht zugesagt, zumindest 75 Prozent der Spieler unser heutigen Runde nicht. Das Spiel mag trotzdem gut sein. Andersgeschmackliche können sich in jedem Fall auf Moritz berufen.

Zum Schluss bekannte Aaron noch: „Ihr ahnt es sicherlich, dass es ein Kickstarter Spiel ist …“

3. “Stimmvieh”

Mein Gott, diesmal sind wir Wahlkampfmanagerinnen und setzten unsere Politikerinnen, Hinterbänklerinnen oder Spitzenkandidatinnen ein, um möglichst viel Geldinnen und/oder Stimminnen zusammen zu bekommen. Ein Spiel für 3-4 Spielerinnen von Andrea Meyer. Vier teils knackige, teils ausgeknackte Spielermännchen setzen sich an den Tisch, um Autorin Andrea auf den Zahn zu fühlen. Wohin den sonst …

Und womit? Jeder Spieler bekommt neun Karten mit Zahlen von 1 bis 9, die er reihum einzeln ausspielt, um damit aus einer offenen Auslage von insgesamt vier Geld- bzw. Stimm Karten sich eine davon anzueignen. Je höher die ausgespielte Karte, desto höher der erlaubte Wert der eingehandelten Karte.

Klar ist, dass jeder Spieler mit seiner gespielten Karte den zulässigen Höchstwert aus der Auslage nimmt, und klar ist, dass jeder Spieler eine solche Karte spielt, zu der in der Auslage eine genau passende Karte vorhanden ist. Solange die Auslage das bietet. Am Ende, wenn man nur noch wenige Karten in der Hand hat, kann die Diskrepanz zwischen dem Wert der gespielten Karte und dem Wert der bekommenen Karte ganz erheblich sein.

Die Zuordnung der Kartenwerte ist gerecht und einfältig, z.B. bekommt man für eine 1 immer 50 Tausend Euros, für eine 8 immer (maximal) 150 Tausend und für eine 9 immer (maximal) 200 Tausend. Die anderen Werte liegen nicht-linear aber proportional dazwischen. Ob ich jetzt eine 1 verfallen lassen muss, weil keine 1er Wertkarte mehr in der Auslage liegt, oder ob ich mit meiner 9 mangels Angebot nur eine 8er Wertkarte bekomme: das ist gehupft wie gesprungen, ich „verliere“ 50 Tausend Euros. So ist das ganze Spiel lediglich ein kurzes Gehupt-wie-Gesprungen, immerhin erfreulich schnell, und am Ende hat einer die Nase vorne. Bei uns war das zweimal Aaron! (Zweimal! Richtig, richtig, liebe Schnellmerker, nach dem ersten Durchgang haben wir sofort einen zweiten drangehängt. Wir waren einfach noch nicht schlüssig, ob unsere Politikerinnen wirklich so einfältig waren oder ob wir sie nur falsch behandelt haben.)

Halt, einen wichtigen Aspekt habe ich vergessen. Statt der Geld-Karten kann man ja auch Stimm-Karten aus der Auslage nehmen. Mit welchem Effekt? Wer am Ende die meisten oder zweitmeisten Stimmen einkassiert hat, darf in der Abrechnung den Wert seiner geldwerten Karten verdoppeln. Alle anderen Stimmkarten sind für die Katz.

Und die „Vorwahl“ ist ebenfalls noch erwähnenswert: Jeder Spieler muss aus seinen neun Handkarten vier Karten auswählen, die nach dem Spielen eine neue Stimmkarten in die Auslage bringen; die anderen fünf Handkarten bringen nach dem Spielen eine neue Geldkarte in die Auslage. Die jeweils nachzuziehende Karte liegt offen auf, so dass jeder ermessen kann, welche steile Vorlage er seinem Nachfolger in die Auslage legt. Gehupt oder gesprungen. Vielleicht nicht ganz so trivial, wie es der erste Durchgang suggeriert, aber immerhin noch reichlich …

Schon gar nicht trivial ist die Spielregel. Vier erfahrene Spielermännchen bissen sich fast die dritten Zähne daran aus, bis sie den trivialen Spielaufbau, die triviale Vorwahl und den trivialen Spielablauf verstanden hatten. Selbst unser knusprigster Geistes-Überflieger bekannte „Ich kapier’s nicht!“

WPG-Wertung: Aaron: 5 (möchte es nicht zu oft spielen), Moritz: 5 (sehr leichtes, sehr schnelles Kartenspiel, durchaus OK, aber mit beschissener Spielanleitung), Peter: 3 (1 Pluspunkt für die weibliche Spielanleitung. [Ob der Pluspunkt jetzt schon dabei gezählt wurde, verrate ich nicht]), Walter: 4 (kein großer Wiederspielreiz).

Auf den ersten Blick kommt das Spiel von der Aufmachung daher wie eine Kartenversion vom Polit-Seminar „Die Macher“ (ein super-geiles Spiel!), doch vom Ablauf ist es eher ein lockeres Kinderspiel, wenn das Kind erst einmal den Zahlenraum von 1 bis 9 beherrscht, und später 150 und 200 addieren kann.

4. “Bluff”

Peter gewann das 3:2 Endspiel gegen Walter in zwei Zügen.

Im letzten Zug fing er mit 1 mal die Eins an. Mit dem Rücken an der Wand hob Walter auf 3 mal die Vier. Welche Augenzahlen zeigten Peters drei Würfel und was setzte er, um Walter endgültig den Hals umzudrehen?

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

Als Absacker erzählte uns Peter noch etwas über die Fortpflanzung von Haien. Der männliche Hai habe zwei Penisse und zeuge damit recht eindringlich seinen Nachwuchs. Jetzt kann ich ihn mittels Wikipedia bei der ersten Übertreibung seines Lebens überführen: „Nur bei knapp 70% der zur Zeit lebenden Haien werden die Eier im oberen Eileiterteil des Weibchens befruchtet.“

10.06.2015: Malen und Zahlen

Unser Host Walter weilt immer noch in Südfrankreich, um sich an der Schönheit der Landschaft und der (weiblichen) Bevölkerung zu erfreuen und so ganz nebenbei auch seiner Gattin beim Malen zuzuschauen. Als freiwilliger Ersatz-Host stellte sich unser Komponist aus dem Drei-Mühlenviertel spontan zur Verfügung. In kleiner Besetzung lagen diesmal ausschließlich Kartenspiele auf dem Tisch.

1. The Game

Nachdem beim letzten Spieleabend The Game so gar keinen Funken hat überspringen lassen, wollten wir dem Spiel noch eine Chance geben. Immerhin ist es für den Spiel-des-Jahres-Preis nominiert! Irgendetwas müssen wir doch übersehen haben.

Da wir es mit einem kooperativen Spiel zu tun haben, stellt sich die Frage, auf welche Art soll und darf hier kooperiert werden. Die Spielregel spricht ein klares Verbot aus: Keine Nennung konkreter Zahlenwerte in irgendeiner Form. Erlaubt sind aber Hinweise der Art „Auf diesen Stapel bitte nichts mehr legen!“. Im Forum der Spielbox gibt es dazu einen interessanten Thread, in dem die Zulässigkeit bestimmter Hinweise diskutiert wird. Mit urdeutscher Regelaffinität werden dort Hinweise, die konkrete Zahlenwerte bedeuten könnten oder sogar sämtliche codierte Information angeprangert und verboten. Wird nicht in einer Gruppe jeder noch so allgemeine Hinweis über die Zeit zu einem Code für eine bestimmte Spielsituation? Geht es nicht darum, dass das Spiel Spaß machen soll?

Nun ist The Game vom Ansatz her nichts anderes als ein Solitär-Puzzle, das man aber nicht nur alleine, sondern auch mit bis zu sechs Spielern spielen kann. Spiele ich alleine, habe ich die Auswahl aus 8 Karten, bei mehr Spielern entsprechend weniger. Diesen Nachteil gilt es durch eine sinnvolle Kommunikation der Spieler untereinander auszugleichen.

Unseren ersten Durchgang haben wir strickt nach Spielregel gespielt. Die Kommunikation beschränkte sich darauf, die anderen Spieler (mehr oder weniger erfolgreich) zu bitten, auf bestimmt Stapel nichts mehr zu legen. Den anderen in der Regel als Beispiel gegebenen Hinweis „Bitte auf diesem Stapel nur einen ganz kleinen Sprung machen“ haben wir nicht benötigt, denn der gilt wohl immer.

Am Ende war bei verbliebenen 12 Handkarten Schluss. Gut? Schlecht? Keine Ahnung. Also gleich noch eine Wiederholung. Allerdings diesmal entgegen der Spielregel mit maximaler Kommunikation untereinander, realisiert dadurch, dass wir mit offenen Karten spielen. Geht jetzt ein Aufschrei durch die Spielergemeinde, weil die Westpark Gamers ein Spiel kaputt machen, indem sie nicht nach den korrekten Regeln spielen? Egal, ist ja nur ein Experiment.

Dieser zweite Durchgang war insoweit interessant, als es jetzt deutlich mehr Kommunikation gab als vorher. Alle Spieler waren permanent beteiligt, um sicherzustellen, dass niemand eine geniale Zugfolge übersieht. Hier beweist das Spiel seine klaren Solitär-Qualitäten. Überraschenderweise endete das Spiel mit 19 verbliebenen Handkarten, was zumindest beweist, dass auch dieses Maximum an Kooperation nicht dazu führt, dass man besser spielt als mit minimaler Kommunikation. Uns hat übrigens der zweite Durchgang mit vollständiger Information nicht weniger Spaß gemacht als der erste.

Was sagt uns das jetzt über das Spiel? Wer Solitärspiele mag, für den ist The Game als Solospiel durchaus ein netter Zeitvertreib. Mit mehr Spielern macht eine Kommunikation  der Spieler untereinander das Spiel nicht kaputt sondern ändert nur dessen Charakter hin zu einem Gemeinschafts-Puzzle. Ohne Kommunikation ist es mit mehreren Spielern ein dumpfes Glücksspiel ohne Pfiff. Und mit der nach Spielregel erlaubten Kommunikation wird es zwar etwas weniger glückslastig, birgt aber das Problem, dass sich beim Spielen in der gleichen Gruppe selbst die erlaubten Hinweise über kurz oder lang als Codes für bestimmte Situationen etablieren und damit eigentlich wieder verboten sind. Erbsenzähler hätten damit dann ein Problem.

The Game lässt uns weiterhin etwas ratlos zurück.

WPG-Wertung: keine neue Wertung

2. Res Publica

Der Knizia-Klassiker von 1991, damals erschienen bei Hexagames, wurde von Queen Games  inzwischen in der 3. Auflage herausgebracht. Wir haben die Version der 2. Auflage gespielt. Gegenüber dem Original hat man dankenswerterweise die Völkerkarten so geändert, dass jetzt 5 Völker mit unterschiedlichen Anfangsbuchstaben in den Kartenecken gewählt wurden. Das erleichtert die Übersicht in der aufgefächerten Kartenhand. Außerdem gibt es zwei kleine aber wichtige Änderungen in den Regeln. So erhält man auch schon beim Ablegen von 5 Völkerkarten eine Siegpunktkarte (Wert 3). Zusätzlich wurde eine kleine Ungerechtigkeit behoben: Jetzt dürfen alle Spieler in der letzten Runde noch einmal 5er-Sets ablegen.

Vor mehr als 10 Jahren gab es bei uns unterschiedliche Meinungen  über die Qualitäten von Res Publica. Wer Verhandlungsspiele mag, dem gefällt es. Wer nicht gut verhandeln kann oder sich über schreiende Ungerechtigkeiten und Kingmakereien ärgert, dem eher nicht. Wir kamen diesmal zu dem Schluss, dass wir deutlich mehr Spaß an Res Publica hatten als an The Game.

WPG-Wertung: keine neue Wertung

3. Machi Koro

Ein weiterer Spiel-des-Jahres-Kandidat. Bei uns war das Spiel bereits durchgefallen, aber aufgrund der Nominierung kam es gestern dann doch noch einmal auf den Tisch. Vielleicht würde es uns diesmal besser gefallen?

Kurz gesagt, nein, es hat auch diesmal keinen besseren Eindruck hinterlassen. Diese Mischung aus viel Würfelglück, Aufbauspiel und Ärgerelementen ist offenbar nicht so unser Ding.

Erst beim Abräumen fiel unser Blick auf die empfohlene Variante, in der nicht alle Ausbaukarten von Beginn an offen ausliegen. Also wurde noch ein zweiter Durchgang gestartet. Gefühlt war man jetzt noch etwas abhängiger vom Glück, weil man auch noch der Option der Planung seiner Aufbaustrategie beraubt wurde. Aber unser Mathematiker Günther erklärte, dass diese Variante durch die Erhöhung der Zufallseffekte eher ausgleichend wirkt. Wie auch immer, nur er fand das Spiel mit dieser Variante etwas besser.

WPG-Wertung: keine neue Wertung

4. Das stärkste TierSpiel

Ohne Wale ohne Ziel
Ohne Wale ohne Ziel

Moritz als Spielesammler hütet so einige Schätze in seinem Spielzimmer, viele davon 20, 30 Jahre alt oder älter. Als absolute Rarität legte er Das stärkste TierSpiel auf den Tisch. Die kleine, nach heutigen Maßstäben nicht besonders professionell gemachte Schachtel enthält ebenso unprofessionell wirkende Spielkarten in einem eher unhandlichen Langformat. Jede Karte zeigt eine Zeichnung eines Tiers und trägt in kleiner Schrift die „Rangfolge“ und dessen Namen am oberen Rand. Die Tierbilder sind mit schwarzem Filzstift willkürlich übermalt und Günther nahm zuerst an, dass sich Moritz‘ Nachwuchs das Spiel bereits vorgeknöpft hatte. Dem war aber nicht so, denn die Bemalung ist Teil des künstlerischen Gesamtprojekts, wenn auch spielerisch völlig belanglos.

Nun muss man wissen, dass der Autor des Spiels, Alexeij Sagerer, Theaterregisseur, Schauspieler und Medienkünstler ist. Als er 1986 das Spiel in einer Auflage von 1000 Stück „unter Mithilfe des Walfischs und des Schnabeltiers“ im Rahmen seiner Theaterproduktion „proT“ veröffentlichte, teilte er auf der Schachtel mit: „Rettet die Tiere!!! Die Einnahmen aus dem Verkauf fließen unmittelbar in den Tieger von Äschnapur Unendlich“. Ein Geheimnis ist, was uns der Autor mit diesem Text und seinen Schreibfehlern vermitteln möchte. Wie auch immer, das Spiel sollte also seine Theater-Produktionsreihe „Der Tiger von Äschnapur“ unterstützen.

Mit den 72 Tierbilderkarten, die alle verteilt werden, spielen wir ein einfaches Stichspiel: Eine ausgespielte Karte muss gestochen werden, wenn man kann, ansonsten darf man eine beliebige Karte abwerfen. Tiere mit niedrigerem Rang stechen Tiere mit höherem. Wer einen Stich gewinnt, spielt wieder an. Wer am Ende die meisten Stiche gemacht hat, gewinnt das Spiel. Das war’s. Ach nein, den Clou hätte ich beinahe vergessen: es gibt das stärkste Tier, den Elefanten, gleich dreimal, alle anderen nur einmal. Und wer zuerst einen Elefanten spielt, gewinnt den Stich.

Ziemlich ratlos spielten wir unsere Karten von oben nach unten runter und jedes Mal gewann der zuletzt Ausspielende den Stich. Gab es eine Möglichkeit, diese Abfolge zu durchbrechen? Wir haben keine gesehen. Bei den letzten beiden Stichen entschied dann wie erwartet das Kartenglück und es gab tatsächlich noch einen Sieger.

Sollten wir irgendeine geniale Taktik übersehen haben? Oder handelt es sich bei Das stärkste TierSpiel um ein reines Kunstprojekt? Die Tatsache, dass Turnierregeln mitgeliefert werden, lässt vermuten, es ist ein ernst gemeintes Spiel. Das Beiblatt, in dem aufwändig über die Charaktere der Tiere geschrieben wird („der Damhirsch ist das damischste Tier“) lässt doch eher auf ein Kunstprojekt schließen.

WPG-Wertung: Aaron: 27 (echte Kunst), Günther, Moritz: unbewertbar

5. Diamondback

Und weil’s so schön war, legte uns Moritz gleich noch ein weiteres Schätzchen auf den Tisch: Diamandback aus dem Jahr 1978. Dieses Kartenspiel stammt ebenfalls von einem Künstler: Dave Sim, der zwischen 1977 und 1981 die 25-bändige Comic-Buchreihe „Cerebus“ veröffentlichte.

Das Spiel ist eine Poker-Variante, die je nach Spielerzahl mit 15 (2 Spieler) bis 43 (4 Spieler) Karten gespielt wird. Leider besitzt Moritz nur die 2-Spieler-Version. Dort gibt es 5 verschiedene Kartentypen (1x Magier, 2x Prinzessinnen, 3x Könige, etc.). Jeder Spieler erhält 2 Karten und der Dealer legt eine seiner Karten offen aus und macht das erste Gebot. Es wird solange geboten, bis der Dealer die Bietrunde beendet. Dann werden alle Karten offengelegt und der Spieler mit dem höchsten Paar gewinnt den Pott.

Gewöhnungsbedürftig sind die Paarwerte, die man sich irgendwie merken muss, da jede Karte in Kombination mit einer anderen Karte einen andern Wert hat.

Uns erschien das nicht prickelnd genug, um zu später Stunde noch ein Spiel zu beginnen, insbesondere da nur zwei von uns hätten spielen können. Ein kurzer Blick bei Boardgamegeek zeigte dann auch, dass es sich hier wohl eher um ein Sammlerprodukt für echte „Cerebus“-Fans handelt.

WPG-Wertung: keine Wertung, da nicht gespielt.

Side by Side Puzzle Wettbewerb!

Lange ist es her, dass es bei den Westpark Gamers ein Gewinnspiel gab – jetzt ist es wieder soweit!

Da Günther als Spieler auch ein Fan von Zahlenrätseln und Puzzles ist und als Softwareentwickler sich schon immer einmal mit der App Entwicklung beschäftigen wollte, hat er dies jetzt kombiniert und ein kleines Zahlenrätsel für mobile Geräte (Phones und Tablets) entwickelt:

sbslogoSide by Side

(Suche im App Store am besten mit “Side by Side Rosenbaum”)

Wenn ihr auch Gefallen an Zahlenrätseln habt und diese Art von kleinen Rätseln (ein weit entfernter Verwandter von Sudoko) einmal ausprobieren wollt, dann ladet euch doch einfach “Side by Side” aus dem jeweiligen App-Store (Links siehe oben) herunter. Die App unterstützt die Sprachen Deutsch und Englisch. 99 Cent, die sich lohnen! Alternativ gibt es unten ein Bild der Aufgabe, das ihr ausdrucken könnt, um das Rätsel mit Papier und Bleistift zu lösen. Die Lösung müsst ihr dann händisch in das Formular unten übertragen.

Macht euch das Knobeln mit “Side by Side” Spaß habt ihr die Möglichkeit, an unserem Puzzle-Wettbewerb teilzunehmen mit der Chance, etwas zu gewinnen.

Ein einfaches Beispiel:

Aufgabe                                      Lösung

Aufgabe  Loesung

Side by Side Regeln

Ziel des Spieles ist es, die leeren Kästchen mit den Zahlen 1, 2, 3, 4 oder einem X zu füllen. Dabei sind schon einige (schwarze) Zahlen vorgegeben.

Alle Zahlenkästchen (1,2,3 oder 4) müssen einen einzigen zusammenhängenden Bereich bilden – jede Zahl muss also durch waagerechte oder senkrechte Verbindungen mit jeder anderen Zahl verbunden sein, wobei die Xe auf dem Verbindungsweg nicht genutzt werden dürfen (Xe sind Hindernisse). Dabei gibt jede Zahl an, wie viele der (bis zu vier) direkt benachbarten Kästchen ebenfalls eine Zahl beinhalten; eine 1 bedeutet also, dass genau ein Nachbar eine beliebige(2, 3 oder 4)  Zahl ist und alle anderen Nachbarn aus Xen bestehen. Weiterhin dürfen zwei direkt benachbarte Kästchen niemals die gleiche Zahl enthalten (Xe dürfen aber in beliebiger Anzahl zueinander benachbart sein).

Das war es schon! Versucht einfach, die Regeln an dem obigen Lösungsbeispiel durchzuspielen. Diese Regeln mit einigen weiteren Erläuterungen und Bedienungshinweisen für die App findet ihr unter http://www.rosenbaum-games.de/sw/sidebyside/  und auch in der App selbst.

Was benötigt ihr, um an unserem Gewinnspiel teilzunehmen?

Hier ist unser erstes, nicht zu schwieriges Rätsel. Ihr müsst ein Apple- (IOS 6.1 oder neuer) oder Android- (4.0.3 oder neuer) Smartphone bzw. Tablet besitzen und darauf „Side by Side“ installiert haben oder ihr druckt das Bild aus und löst das Rätsel händisch:

Rätsel Nr. 1
Rätsel Nr. 1

Wie kommt das Rätsel in euer Handy? Seid ihr mit eurem Handy direkt auf dieser Seite, so kopiert ihr einfach diesen Link in die Zwischenablage (der Link führt auf keine gültige Seite und dient nur dazu, euch das Kopieren zu erleichtern):

1097000165613398352935843578840053260174005368621206750476947853378518048696409101269

Nun startet ihr die „Side by Side“ App und drückt dort den sbsbutton Barcode Button unten auf der Startseite; es erscheint ungefähr folgender Dialog:

scanscreen

Habt ihr den Link vorab in die Zwischenablage kopiert? Falls ja, so wählt ihr einfach „Barcode aus der Zwischenablage einfügen“ aus.
Ergebnis: Das Puzzle wird direkt angezeigt und ihr könnt sofort beginnen, es zu lösen!

Falls nein, müsst ihr den folgenden Barcode ausdrucken oder auf dem Bildschirm eures PCs anzeigen lassen. Dann wählt ihr „Neues Barcode-Puzzle scannen“ aus. Jetzt wird eure Smartphone-Kamera gestartet und ihr könnt den Barcode direkt scannen. Anschließend wird das Puzzle sofort angezeigt.

barcode_quizz

Wie bekommen wir eure Lösung?

Als Lösung schreibt ihr einfach die Zahlen und Xe im Lösungsraster von oben links nach unten rechts auf; z.B. lautet die Lösung unseres anfänglichen Beispiels „23232132X2XX2X143232X243241X32X1X12X“. Diese gebt ihr dann zusammen mit eurem Namen, eMail und Adresse in das folgende Formular ein.

Hinweis: Direkt nach korrekter Lösung des Puzzles wird die Lösung automatisch in die Zwischenablage kopiert. Ihr könnt sie von hier dann auch ganz einfach in das Feld “Lösungs-Code” einfügen.

[si-contact-form form=’1′]

Wer meint, er könnte die Hilfefunktionen des Programmes zur Lösung des Gewinnspieles nutzen, wird enttäuscht werden…

Was gibt es zu gewinnen?

Zum Auftakt gibt es auch eine richtige Knobelei zu gewinnen – den Puzzle-Klassiker Quadron von Naef!

Jpeg
Quadron

Der Gewinner wird unter allen Teilnehmern, die mit obigem Formular die richtige Lösung einschicken, ausgelost.

Einsendeschluss ist der 31.7.2015.

Der Gewinner wird per E-Mail benachrichtigt und der Preis an die angegebene Postanschrift verschickt. Stelle daher sicher, dass du beides korrekt angegeben habt.

Mit dem Absenden des Lösungsformulars erkennst du die folgenden Teilnahmebedingungen an.

Teilnahmebedingungen
(1) Teilnahmeberechtigt sind alle Personen, die das 18. Lebensjahr vollendet und ihren ständigen Wohnsitz in einem Mitgliedsland der EU haben.
(2) Die Westpark Gamers und deren Angehörige sind nicht gewinnberechtigt.
(3) Jede Person darf nur einmal am Gewinnspiel teilnehmen.
(4) Eine Barauszahlung des Gewinns bzw. ein Umtausch ausgeschlossen.
(5) Wir behalten uns vor, Teilnehmer von der Teilnahme am Gewinnspiel auszuschließen. Dies gilt insbesondere falls Teilnehmer den Teilnahmevorgang oder das Spiel manipulieren bzw. versuchen zu manipulieren.
(6) Wir dürfen den Namen des Gewinners öffentlich auf den Internetseiten der Westpark Gamers bekannt geben, es sei denn, der Gewinner widerspricht ausdrücklich einer Veröffentlichung.
(7) Wir behalten uns vor, das Gewinnspiel jederzeit abzubrechen oder zu beenden. Den Teilnehmern stehen in einem solchen Fall keine Ansprüche gegen die Westpark Gamers zu.
(8) Alle personenbezogenen Daten des Teilnehmers werden ausschließlich zum Zwecke der Durchführung und Abwicklung des Gewinnspiels gespeichert und genutzt. Eine unberechtigte Weitergabe an Dritte oder eine Nutzung für Werbezwecke findet nicht statt. Nach Abschluss des Gewinnspiels werden die Daten der Teilnehmer unverzüglich gelöscht.
(9) Der Rechtsweg ist ausgeschlossen.

“Auf den Spuren von Marco Polo” ist unser Spiel des Monats

Auf den Spuren von Marco PoloBei diesem mit Spannung erwarteten Spiel vom Hans im Glück Verlag reisen wir auf den Spuren von Marco Polo durch Asien und errichten an unseren Ankunftsorten Kontore. Nun können wir dort mit Gold, Pfeffer und Seide Handel treiben. Stimmen diese Orte mit unseren persönlichen Zielkarten überein, erhalten wir am Spielende hierfür noch zusätzliche Siegpunkte.

Nachschub an Waren erhalten wir durch einen sehr schönen Würfel-Workerplacement-Mechanismus; dieser Nachschub kann dann über Auftragskarten oder über unsere Kontore in Siegpunkte verwandelt werden.

Das Salz in der Suppe und ein echtes Highlight sind aber die Charaktere: Jeder Spieler schlüpft zu Beginn des Spieles in eine von mehreren unterschiedliche Rollen mit spezifischen Spielvorteilen. Die eigene Spielweise geschickt an diese Charaktere anzupassen, ist der Schlüssel zum Sieg! Auch wenn dies in den ersten Spielen noch nicht so richtig geklappt hat, liefert dies zusammen mit dem variable Spielaufbau viele Herausforderungen für andauernden Spielspaß in weiteren Partien.

“Marco Polo Expedition” is our Game of the Month

Auf den Spuren von Marco PoloIn this highly anticipated game published by Hans im Glück we travel through Asia following the footsteps of Marco Polo and on our arrival build trading posts. From now on, we are able to trade gold, pepper and silk there. If these locations coincide with our personal goal cards we receive additional victory points at end of the game.

The supply of goods is handled by a very nice dice-worker-placement mechanism and these goods can into victory points using contracts or our trading posts.

But the icing on the cake and a real highlight are the characters. Each player at the beginning of the game takes in a different role card with specific game advantages. Adjusting one’s tactics to those characters is the key to victory! Even if this has not worked so properly in the first few games, this and the variable game setup provide many challenges for ongoing fun in many more plays.

27.05.2015: Wer kehrt, oder Who Cares?

Manchmal bringen Urlaube, Krankheiten und Enkelbesuche unsere Spieleabende ganz schön durcheinander. Seit dem letzten Spielbericht sind jetzt vier Wochen vergangen und wir haben in dieser Zeit gerade einmal zwei Abende gespielt. Sei’s drum, hiermit wird der Spielbericht vom 29.4. nachgeholt und der von gestern pünktlich geliefert, auch wenn unser Lieblings-Host ihn diesmal nicht schreiben kann, weil er heute bereits in den Urlaub fährt.

1. Indoor Curling

Als in Bayern Lebende kennen wir uns natürlich mit der britischen Variante des Eisstockschießens bestens aus. Grobmotoriker und Menschen mit schlechter Hand-Auge-Koordination sind da bekanntermaßen chancenlos.

Kosmos hat versucht, die Curling-Bahn und die Steine so nachzubilden, dass damit unter Anwendung der Originalregeln so etwas ein Curling-Gefühl auf dem Spieltisch entstehen könnte. Die Bahn besteht aus einer rutschigen Kunststofffolie und die Steine aus kleinen Kunststoffteilen, die den echten Steinen in ihrer Form nachgebildet sind. Damit die dann auch möglichst widerstandslos über die Folie gleiten, besitzen sie im Innern eine Stahlkugel, die aber letztendlich über die Bahn rollt. Da ist dann auch schon der Bruch mit der Curling-Realität: Die Kunststoffsteine rollen statt zu gleiten und damit ist das wesentliches Element des Steindrehens (Curling!) nicht mehr abbildbar. Und ebenso dienen die beigelegten Schwämme nicht dazu, der Bahn unterschiedlichen Widerstand zu verleihen, sondern sind ausschließlich dafür gedacht, Fettfinger-Tatzer auf der Folie zu entfernen.

Das Gefühl, hier so etwas wie Curling zu spielen, kann also nicht wirklich aufkommen. Es bleibt beim eher munteren Losrollen der eigenen Steine Richtung Haus und der Hoffnung, die gegnerischen dabei irgendwie weg zu kicken, wobei einem die nicht immer präzise laufenden Steine dabei oft genug einen Strich durch die Rechnung machen.

Die Schwächen in der Umsetzung (oder vielleicht unsere zu hohe Erwartungshaltung) dämpften den Spielspaß dann doch erheblich. Vielleicht hätten wir vorher mehr von Moritz‘ exzellentem Whisky trinken sollen…

WPG-Wertungen: Moritz 3 (kein Spielspaß), Günther 7 (funktioniert als Dödelspiel), Aaron 5 (funktioniert halbwegs, keinerlei Innovation und fehlende Anpassung an die Tischsituation)

2. Witches

Das 2013 erschienene „HeartSwitch“ wurde von Amigo im letzten Jahr als „Witches“ herausgebracht mit einem Thema, das zum ebenfalls dort vor vielen Jahren erschienenen „Wizard“ passt. Wie bei „Wizard“ haben wir auch hier ein Stichspiel vor uns. Allerdings versuchen wir nicht, die Anzahl der Stiche vorherzusagen, sondern möglichst wenige „Feuerpunkte“ zu erhalten, wenn wir einen Stich nehmen müssen, oder, als Alternative mit entsprechendem Risiko, alle Karten mit Feuerpunkten abzustauben.

Zu Beginn eines Durchgangs werden alle Spielkarten (im Wert von 1 bis 14 in 4 Farben plus 4 Zauberer ohne Farbe und Wert 0) an die Spieler verteilt. Ähnlich wie bei „Flaschenteufel“ betreiben die Spieler vor jedem Durchgang ein bisschen Kartenhandpflege, indem sie Karten an ihren Tischnachbarn weitergeben. Gespielt wird dann nach klassischen Stichspiel-Regeln: die angespielte Farbe muss bedient werden, es sei denn, man spielt einen Zauberer. Die höchste Karte der angespielten Farbe gewinnt den Stich und wird neuer Ausspieler.

Die Würze des Spiels sind Sondereigenschaften der Hexen-Karten (Wert 11, in der Farbe Grün auch die 12). Drei Hexenkarten bringen zusätzliche Feuerpunkte, zwei verringern oder negieren gesammelte Feuerpunkte. Falls ein Spieler alle Feuerkarten gesammelt hat, bestimmen seine Hexenkarten die Anzahl Minuspunkte, die die anderen Spieler kassieren.

„Witches“ spielt sich schnell und relativ locker und ist ein typisches Absackerspiel, das man gerne mehrmals hintereinander spielt.

WPG-Wertung: Andrea 7 (flottes Partyspiel), Günther 6 (einfach, schnell, hoher Glücksfaktor)
Moritz 7 ( mehr Feinheiten als auf den ersten Blick erkennbar), Aaron 7 (locker)

3. The Game

Kooperative Spiele sind bei uns bisher noch nie gut angekommen. Deshalb haben wir uns aus einem „6 nimmt!“ den für „The Game“ notwendigen Kartensatz selbst gebastelt, um dieses für das Spiel des Jahres nominierten Spiel einmal gespielt zu haben. Es könnte ja sein, das diesmal der Funke überspringt. Umso mehr, als das bei „The Game“ der Anführereffekt („Mach jetzt mal das!“) wegen der verdeckten Kartenhand nicht besonders stark ausgeprägt ist.

Worum geht es? Auf insgesamt 4 Kartenstapel müssen die Spieler gemeinsam versuchen, alle 98 Karten (von 2 bis 99) abzulegen, auf zwei Stapel absteigend bis zur 2, auf den beiden anderen aufsteigend bis zur 99. Es wird reihum gespielt und jeder Spieler muss mindestens 2 Karten auf beliebige Stapel ausspielen und danach seine Kartenhand wieder auffüllen. Sobald der Nachziehstapel aufgebraucht ist, dürfen die Spieler auch nur eine Karte ausspielen.

Das Ganze wäre ziemlich unmöglich, gäbe es nicht die Zusatzregel, die es erlaubt, auf den aufsteigenden Stapeln auch eine Karte zu spielen, die exakt 10 niedriger ist als die oberste dort Liegende bzw. exakt 10 höher auf den absteigenden zwei Stapeln. Es gibt also einen kleinen „Rücksetzefffekt“.

Das Spiel endet, sobald ein Spieler keine Karte mehr ausspielen kann. So wie die Spielregel formuliert ist, träte das Spielende auch ein, wenn ein Spieler keine Handkarten mehr besitzt und dann wieder an der Reihe ist. Wir haben dies als Regelunschärfe definiert und so gespielt, dass dieser Spieler dann einfach übergangen wird und das Spiel weiterläuft.

Es ist laut Regeln explizit verboten, anderen Spielern Hinweise mit der Nennung konkreter Zahlenwerte zu geben. Erlaubt sind aber Hinweise darauf, auf welche Stapel die anderen Spieler möglichst keine Karte ablegen mögen (um dann z.B. ein Rücksetzen ausführen zu können, wenn man an der Reihe ist). Unser Mensa-Mitglied „Ich weiß eh alles (besser)“ mit Anführereffektneigung  nutzte diese Regel dann auch oft genug, um gleich zwei Stapel zu blockieren. Bei 5 Spielern nicht unbedingt die beste Vorgehensweise.

Unser Spiel endete, bevor alle Karten ausgespielt waren. 8 blieben übrig, wir hatten also verloren, ob nun hoch oder nicht, wissen wir nicht. Moritz hatte auch einen Vorschlag für eine geniale Gewinnstrategie: Karten mit der Endziffer 2 werden nur gespielt, wenn absolute Not am Mann ist, ansonsten aber auf der Hand gehalten, damit dann irgendwann alle Spieler in einem Super-Coup einen Stapel komplett auf die 2 zurücksetzen können. Unsere Mathematiker am Tisch bezweifelten, dass das funktioniert, was letztendlich dazu führte, dass ein zweiter Durchgang beschlossen wurde, um dies zu beweisen.

Dass dieser Durchgang nach der Hälfte von einen Spieler durch das Ausspielen aller Handkarten zwangsbeendet wurde (der nachfolgende Spieler konnte nirgendwo mehr anlegen), weil er keine Lust mehr hatte weiterzuspielen, verhinderte leider eine Verifikation der Moritzschen Gewinnstrategie. Keine hatte Lust auf eine dritte Runde.

WPG-Wertungen: Moritz 5 (mit Walter am Tisch: 2), Walter 3 (überhaupt kein Pfiff und keine Spannung), Peter 3 (macht keinen Spaß), Günther 3 (fällt keine Spielerrunde ein, in der ihm dieses Spiel Spaß machen würde), Aaron 4 (weiß nicht warum er dieses Spiel noch einmal spielen sollte und fragt sich, warum es nominiert wurde).

4. Broom Service

Als Nächstes lag einer der für das Kennerspiel des Jahres Nominierten auf dem Tisch. Die Nominierung ist alleine schon deshalb bemerkenswert, als dass „Broom Service“ eine Weiterentwicklung des 2008 nominierten „Wie verhext!“ desselben Autors ist. Sehen wir es mal positiv, dass die Jury durchaus auch bereit ist, einem Spiel eine zweite Chance zu geben. Bei uns war der Vorgänger mit einer Durchschnittswertung von 5,3 nicht besonders gut angekommen und wir waren gespannt, ob uns die Weiterentwicklung jetzt besser gefällt.

Broom ServiceJede der 7 Spielrunden läuft identisch ab: die Spieler wählen aus ihren 10 Charakterkarten 4 aus, die sie in dieser Runde nacheinander ausspielen. Die Charaktere besitzen unterschiedliche Eigenschaften/Aktionen wie die Generierung von Ressourcen, dem Bewegen der Spielfiguren bis hin zum Liefern von Zaubertränken an Türme für Siegpunkte. Der Clou (und Hauptmechanismus) ist die Möglichkeit, eine Charakteraktion mutig oder feige auszuführen. Spiele ich sie feige, ist die Aktion schwächer aber ich kann sie dafür sicher ausführen. Spiele ich sie mutig, ist sie stärker, aber wenn ein anderer Spieler nach mir den gleichen Charakter ebenfalls mutig ausspielt, verliere ich die komplette Aktion. Es gilt also, geschickt zwischen Risiko und Sicherheit abzuwägen.

Diese Unkalkulierbarkeit, ob man eine Aktion ausführen kann oder nicht, hatte uns schon beim Vorgänger nicht besonders gefallen. Hier ist mit der feige/mutig Entscheidung und der Bewegung auf dem Spielplan etwas mehr Berechenbarkeit ins Spiel gekommen. Leider wirkte sich das in unserer Runde nicht wirklich positiv aus. Außer Moritz war jeder der Meinung, doch zu stark von den Aktionen der Mitspieler abhängig zu sein. Diese eigentlich positiv zu wertende Interaktion wirkte auf uns eher als pures Mitspielerchaos. Vielleicht haben wir nicht lange genug über unsere Züge gegrübelt? Aber das hätte es auch nicht besser gemacht.

Für mich, der gestern eher aus dem Bauch heraus spielte, weil ich keine Lust zum Grübeln hatte, war jedenfalls nach 4 Runden der Frust dank misslungener Planungen und gefühlter völliger Abhängigkeit von den Zügen der Mitspieler das Spiel gelaufen. Die letzten 3 Runden boten ohne weiteren Spannungsaufbau nur noch „more of the same“ ohne Abwechslung.

WPG-Wertung: Moritz 8 (habe immer einen Plan gehabt), Walter 3 (Pseudoplanspiel genau wie Robo Rally), Peter 2 (reines Glücksspiel, das viel zu lange dauert), Günther 5 (Mitspielerchaos mit Planungselementen), Aaron 4 (kein Spannungsbogen und zu viele Frusteffekte)

5.Viticulture

Wieder mal eines dieser berüchtigten Kickstarter-Projekte. Nachdem in der vorliegenden 2. Auflage einige grobe Schnitzer ausgemerzt wurden und die Resonanz in Vielspielerkreisen überaus positiv ist, habe ich mir das Spiel nun doch zugelegt. Der etwas hohe Preis wird mit einer exzellenten Ausstattung belohnt: viele Holzteile in den Spielerfarben, und zwar nicht die üblichen Standardformen und Farben sondern Spezialteile abgestimmt auf das Spielthema. Das Spielbrett und die Spielertafeln sind zweiseitig bedruckt, eine mit Erläuterungen und die andere mit der reinen Illustration. Ob es das alles gebraucht hätte sei mal dahingestellt, ist aber vielleicht typisch für erfolgreiche Kickstarterprojekte mit vielen „stretch goals“. Nun stellt sich die Frage, ob hinter dem vielen Chrom auch ein ebenso feines Spiel steckt.

Jeder Spieler betreibt ein Weingut, dass in seiner Startaufstellung aus drei leeren Feldern, zwei Pinot-Reben und drei Arbeitern mit etwas Geld besteht. Die Reben gilt es zu pflanzen, weitere Reben zu erwerben und ebenfalls zu pflanzen, die Trauben zu ernten, den Wein zu keltern und letztendlich damit Aufträge zu erfüllen, um Siegpunkte zu kassieren. Das Spiel endet, sobald der erste Spieler 20 SP besitzt.

Das Thema ist mit seinen vielen Details stimmig umgesetzt. So gibt es die 4 Jahreszeiten mit den wichtigen Aktionen im Sommer und im Winter, unterschiedliche Ausbauten wie Spaliere oder Bewässerungssysteme, die erst erworben werden müssen, um einige Rebsorten anpflanzen zu können oder Saisonarbeiter bzw. –gäste, die einem Vorteile gewähren. Und über die Merkwürdigkeiten, dass Roséwein ebenso wie der Schaumwein aus roten und weißen Trauben gemischt wird, wollen wir mal im Sinne der Vereinfachung der Spielmechanismen hinwegsehen, oder wird das in den USA tatsächlich so gemacht?

Wegen der recht knappen Startausstattung beginnt das Spiel etwas schleppend und wird massiv von verdeckt gezogenen Karten beeinflusst. Das hat einerseits den Vorteil, dass sich die Aktionen der Spieler schnell in unterschiedliche Richtungen entwickeln, aber auch den Nachteil, dass es gefühlt seeehr langsam losgeht und man sich gerne vom Pech beim Kartenziehen benachteiligt fühlt. Das Rad dreht sich dann aber nach ein paar Runden immer schneller und die Zunahme an Siegpunkten pro Runde nimmt gerade für Zurückliegende eine bedrohliche Größenordnung an.

Leider konnten wir das Spiel nicht zu Ende spielen, da unser Mensa-Mitglied für das Erreichen der optimalen ÖPNV-Verbindung mit einer Einsparung von immerhin 8 Gehminuten gerne einmal alles stehen und liegen lässt. Alle hatten zu diesem Zeitpunkt ihre Weingüter soweit ausgebaut, dass sie rund liefen und das Spiel in einer, spätestens zwei Runden beendet sein würde. Schade.

WPG-Wertung: Moritz 6 (Thema stimmig umgesetzt, Karteneffekte etwas zu krass), Walter 6 (eigentlich ein 8-Punkte-Spiel aber etwas zu langatmig zu fünft, Planbarkeit durch Karteneffekte eingeschränkt), Peter 7 (im Weggehen zugerufen), Günther 6 (etwas zu kartengetrieben), Aaron 7 (zu fünft zu lang, ansonsten stimmig und interaktiv)

Westpark Gamers zu Besuch bei LUDO FACT

GebäudeWer gelegentlich neben Spielen aus renommierten Verlagen auch einmal obskurere Brettspiele spielt, weiß, dass es enorme Qualitätsunterschiede geben kann: Während bei Spielen aus großen deutschen Verlagen das Brett absolut flach liegt, sich problemlos reinigen lässt und nicht aufwellt, auch wenn man ein Glas Wein darüber kippt, und die Stanzung der Pöppel so erfolgt, dass der Druck wirklich zentriert ist, kann man z. B. bei vielen amerikanischen Spielen ganz andere Erfahrungen machen.

Woher kommen eigentlich all diese technisch perfekt produzierten Spiele?

Mehr als die Hälfte all dieser makellosen German Games stammt vom selben Hersteller, nämlich LUDO FACT, der selbst wohlweislich keine eigenen Spiele verlegt, sondern lediglich für all die großen Namen unter den Spielverlagen EingangQualitätsprodukte herstellt. Insgesamt 14 Spiele des Jahres wurden bei LUDO FACT produziert, darunter Siedler von Catan und Carcassonne (oder auch die SdJ der letzten beiden Jahre, Hanabi und Camel Up). Über 170 Verlage lassen bei LUDO FACT produzieren, darunter auch viele im Ausland.

Als wir Westpark Gamers die Produktion am 23. April 2015 besuchen durften, sahen wir zum Beispiel die Live-Produktion eines holländischen Siedlers von Catan, eines spanischen Carcassonne und des Spiels „Samti baSal“ des israelischen Verlages Shafir Games.

Bei der Brettspielproduktion spielen hochspezialisierte Maschinen und Handarbeit eine gleichermaßen wichtige Rolle. Viele der Spezialmaschinen kommen von einem italienischen Maschinenbauer, dessen Kompetenzvorsprung bei der Herstellung von Kartonnagemaschinen daraus resultiert, dass die italienische Schuhindustrie schon vor Jahrzehnten Maschinen erforderte, um elegante Schuhschachteln herzustellen. Selbst die Maschinen zum Puzzle-Bröseln (also zum Auseinandernehmen der Teile) lassen sich vorgefertigt kaufen (allerdings hat LUDO FACT die eigene Maschine mit einem hocheffizienten Geheimverfahren zur Entfernung des Puzzle-Staubs verbessert, über das wir hier nicht berichten können). Nur wenige Maschinen sind Spezialanfertigungen, so etwa die Anlage, die das Gewebeband auf Spielbrettern anbringt. Dank dieses Bands kann man später den Karton vollständig durchschneiden, mit der Folge, dass das Brett 100%ig flach liegt.Verpacken

Handarbeit ist allerdings noch wichtiger. Bereits zu Beginn des Besuchs sagte man uns, dass wir auch in der Produktion überall fotografieren dürfen, denn der wahre Vorsprung von LUDO FACT vor Konkurrenten liegt in der Kompetenz der Mitarbeiter. Ein paar Beispiele: Die Stanzen für die Pöppel müssen für jedes Spiel einzeln von Hand aufgebaut werden. Bei der Puzzle-Produktion muss die Vorlage für die Stanzmaschine in den stundenlanger Arbeit vorbereitet werden, damit einerseits der Karton ganz durchgeschnitten wird, andererseits die Messer nicht durch zu weites Schneiden beschädigt werden. Die MaschStanzunginenführer müssen bei allen Arbeitsschritten genau aufpassen, dass das Endprodukt wie gewünscht aussieht und sich nicht etwa das noch aufgequollene Papier verschiebt oder ähnliches. Das Bestücken der fertigen Spiele („Konfektionieren“) muss zwangsläufig in Handarbeit erfolgen, da es sehr, sehr viele unterschiedliche Schachtelgrößen mit ebenso unterschiedlichen Inhalten gibt. Manche Arbeiten sind sogar ausgelagert an Heimarbeiterinnen, etwa das Vorfalten der Schachteleinlage oder das Zusammenbauen von komplexeren Elementen (etwa Würfeltürmen).

Alles, was Karton oder Schachtel ist, ist Kernkompetenz von LUDO FACT und wird selbst hergestellt. Vor nicht allzu langer Zeit hat LUDO FACT eine Druckerei zugekauft und stellt seitdem Spielkarten und viele Druckelemente selbst her (allerdings wird in diesem Bereich auch weiterhin viel zugeliefert). Andere Dinge, wie HoCarcassonnelzfiguren, Metallschachtel usw. usf. kauft man zu, von Unternehmen in Deutschland, dem europäischen Ausland und natürlich China. Für spezielle Anforderungen muss LUDO FACT erst Lieferanten auftreiben. Ein schönes Beispiel sind die „sandsteinartigen“ Pöppel von Babel, für die man erst herausfinden musste, ob es das überhaupt gibt, wer das macht, und ob das zu einem vertretbaren Preis machen lässt.

Wir haben viel Neues gelernt, zum Beispiel, dass Spiele in Abständen in geringen Mengen produziert werden: Also jetzt ein paar Tausend, dann wieder ein paar Tausend, dann noch ein paar Tausend. Der Mehraufwand ist den Verlagen offenbar lieber als die ansonsten notwendige Lagerhaltung. À propos Lagerhaltung: Direkt anschließend an LUDO FACT ist LUDO PACKT, die Logistiktochter, mit monströsem Lager und eigener Auslieferung. Dadurch können die Händler sehr schnell beliefert werden.

Auf Nachfrage erfuhren wir auch das Geheimnis, wie man ein echtes LUDO-FACT-Spiel erkennt. Denn da man sich als Dienstleister der Verlage versteht, hält sich der Produzent weitgehend im Hintergrund. Bei neueren Spielen ist das aufgrund einer gesetzlichen Vorgabe recht einfach: Beim Barcode außen auf dem Spiel gibt es quer eine Zeile, die bei LUDO-FACT-Produkten mit LF beginnt. Bei älteren Spielen muss man sich die Innenseite [!] des Schachtelbodens genau anschauen. Im „Umschlag“ (also dem Teil des bedruckten Papiers, das in den Karton hinein umgeschlagen ist) steht bei LUDO-FACT-Spielen eine Kennzeichnung, typischerweise zwei Buchstaben mit einer Zahl dahinter.

LUDO FACT ist ein schönes Beispiel für einen deutschen Mittelständler: Der breiten Öffentlichkeit unbekannt, auch wenn jeder Produkte kennt, die dort hergestellt wurden, und viele sie im Schrank haben (etwa „Siedler von Catan“). Kompromisslose Qualität, und Export in aller Herren Länder.

22.04.2015: Der Charme von Marco Polo

Charme ist besonders aufmerksame Ignoranz.
Charme ist die Erotik des Geistes.
Charme ersetzt auf Dauer keine Leistung.
Charme ist angewandte Lebenserfahrung – ohne Erfolg.
Charme reicht bis zur ersten Enttäuschung.
Charme fesselt das Auge, aber Verdienst erobert die Seele.
Charme ist oft nur ein anderer Name für geistige Biegsamkeit.
Charme ist die Gabe, den anderen vergessen zu lassen, daß er aussieht wie er aussieht.
Charme ist die Eigenschaft bei anderen, die uns zufriedener mit uns selbst macht.

Das Leben hat nur einen wirklichen Charme: Das Spiel. (Baudelaire)

1. ” Auf den Spuren von Marco Polo “

Auf den Spuren von Marco Polo
Auf den Spuren von Marco Polo

Obwohl Moritz letzte Woche gute 7 Punkte für dieses Spiel vergeben hat, leistete er heute erheblichen Widerstand gegen eine Wiederauflage. So viel zum Wiederspielreiz von hoch bewerteten Spielen! (Oder schwelgen wir in einem Spiele-Schlaraffenland, wo es nicht immer Kaviar sein muss… ?)

Marco-Polo-Neuling Walter gab den Ausschlag für die Auswahl des ersten heutigen Spiels; die Alternative „Die Staufer“ war zwar verlockend, aber bereits bekannt. Um den „Experten“ noch einen kleinen Motivations-Schub zu geben, durften sie vor den Spiel geheim schätzen, welche Note am Ende Walter wohl für „Marco Polo“ vergeben würde.

Aaron hat das Spiel und unsere Eindrücke in seinem Session-Report von letzter Woche schon ausreichend beschrieben. Würfel sind der Motor des Spiels. Fünf Runden lang darf jeder Spieler je einmal mit fünf Würfeln würfeln und aus dem Ergebnis das Beste machen, d.h. die Würfel an den verschiedenen Arbeitsplätzen einsetzen: Einzelne Würfel, Würfel-Kombinationen und nachträglich erworbene Würfel erlauben den Gewinn von Rohstoffen, das Herumreisen zwischen Venedig und Peking, und den Erwerb von Aufträgen, die über das Abliefern von Rohstoffen Siegpunkte einbringen.

Was den Vor- oder Nachteil hoher Augenwürfe betrifft, möchte ich einer Aussage unseres notorisch schlechten Würflers Aaron doch gelinde widersprechen: Hohe Augenzahlen sind nicht durchwegs gute Werte; z.B. erzielt lediglich der erste Anleger bei den Ressourcen dafür kostenlos mehr Einkommen; der zweite Interessent muss schon eine seiner Augenzahl entsprechende Geldsumme blechen, um sich hier beteiligen zu dürfen; je höher die Augenzahl, desto größer die Beteiligungskosten. Das gilt gleichermaßen auch für alle anderen Arbeitsplätze. Bei den Bewegungspunkten reichen meist Augenzahlen zwischen 1 und 2 für die gewünschte und bezahlbare Mobilität, weil man für mehr Schritte auch erheblich mehr Geld bezahlen muss, was die Geldbörse schnell überfordert, da spielt eine höhere Augenzahl auch keine Rolle mehr.

Siegpunkte lauern überall; von der Menge der konstruktiven Optionen könnte man sich schier überfordert fühlen. Doch für Spiele-Freaks steckt gerade dahinter die entscheidende Herausforderung des Spiel: jeder wählt zu Spielbeginn ein individuelle Rolle mit charakteristischen Qualitäten und füllt sie – auf einem konstanten, überschaubaren Schauplatz – so aus, dass er optimal davon profitiert, jedenfalls mehr als seine Mitspieler. Es ist schon erstaunlich, wie viele total verschiedene Fähigkeiten hier sehr gut ausbalanciert angeboten werden.

Günther wurde studienhalber die Rolle des „Wilhelm von Rubruk“ aufgedrückt, in der er möglichst weit reisen und möglichst viele Handelsposten errichten sollte. Ihm stellte sich Moritz als „Johannes Caprini“ gegenüber, der mit seiner Sonderfähigkeit einer springenden Fortbewegung ebenfalls viel unterwegs sein wollte. Zu diesen beiden Reisenden gesellte sich Walter als Polo-Gebrüder und peilte die hohe Prämien für die doppelt erfüllten Reiseaufgaben an. Alle konkurrierten um das beschränkte bzw. um das immer teurer werdende Reisepotential, was ihre Siegeschancen erheblich beeinträchtigte. So konnte sich Peter als „Raschid ad-Din Sinan“, der seine Würfel jeweils auf beliebige Augenzahlen drehen durfte, als unbewegter Erfüller viele Aufträge schnell an die Spitze des Feldes setzen und einem unangefochtenen Sieg entgegengehen.

WPG-Wertung: Günther: 8 (bleibt), Moritz: 6 (ein Punkt weniger als letzte Woche, „blödes Maximierspiel, das Spiel hat keine Magie, es fehlt der Charme“), Peter: 7 (es ist ein gutes Spiel, aber eines der schwächeren HiG-Spiele), Walter: 7 (ausgewogenes Spieldesign gekonnt umgesetzt, längerfristige Herausforderung für Freaks, auch wenn gewisse autistische Züge nicht zu übersehen sind).

Peter hat Walters Wertungsnote “7” exakt geschätzt, Günther lag mit der Einschätzung „6“ knapp, Moritz mit „5“ schon deutlich daneben.

2. “AbluXXen”

In den letzten 12 Monaten schon 8 mal am Westpark gespielt, hat das schnelle, pfiffige Kartenspiel noch nichts von seinem Charme verloren. Jeder bastelt an seinem Glück, freut sich über sein Können, dass ihm den Sieg beschert, und lacht mit dem Zufall, der ihm und den anderen den Sieg verwehrt.

Dass in einer Vierer-Runde ein Spieler einen Durchgang gewinnt, ist absolut sicher. Dass der gleiche Spieler auch noch den zweiten Durchgang gewinnt, dafür ist die Wahrscheinlichkeit statistisch gesehen nur noch 25%. Dass er auch noch das dritte Spiel gewinnt, kommt nur in 6,25 % aller Fälle vor. Moritz brachte heute dieses Kunststück fertig – eine Mischung aus Können und Zufall, wobei jeder Mitspieler den Anteil der Grundstoffe hier unterschiedlich einschätzen wird.

Keine neue WPG-Wertung für ein glattes 8 Punkte-Spiel.

3. “Bluff”

Peter ging mit zwei Würfeln in das Endspiel gegen Moritz mit einem Würfel und legte stramm „einmal die Fünf“ vor. Moritz hatte nur eine Drei unter dem Becher, kniff den Schwanz ein und zweifelte an. Das war natürlich sein Ende.

Peter hatte nicht nur eine Fünf, sondern sogar eine Fünf und einen Stern unter dem Becher. Ein schnell geblufftes „zwei mal die Fünf“ von Moritz hätte ihn nicht nur aus der Bahn werfen können, sondern es hier tatsächlich auch getan.

In der Post-Mortem-Analyse kamen Günther und Walter beide zu dem Schluss, dass Moritz’ Anzweifeln „schlecht“ war, dass Peters Vorgabe aber noch schlechter gewesen war. Mit der trivialen Vorgabe „zweimal die Fünf“ hätte er schon mit (ungefähr) zwei Drittel Wahrscheinlichkeit den Sieg auf seiner Seite gehabt. So hat er mit der erheblich risikobehafteten Ein-Drittel-Wahrscheinlichkeit spekuliert, dass Moritz eine Fünf oder einen Stern unter dem Becher hat.

Tip1 (erste Näherung): Stehst Du mit einem Würfel in Endkampf gegen einen Gegner mit zwei Würfeln, der mit „einmal die Fünf“ anfängt, so hebe grundsätzlich auf „zweimal die Fünf“.
Tip2 (zweite Näherung) für die gegebene Situation: Hebe nicht grundsätzlich auf „zweimal die Fünf“, sondern ziehe einen Zufallsgenerator für die Entscheidung heran, ob Du hebst auf

  • zweimal die Fünf
  • zweimal die Zahl, die Du selber unter dem Becher hast
  • dreimal die Fünf, wenn Du eine Fünf unter dem Becher hast
  • einmal den Stern, egal, was Du unter dem Becher hast
  • … und es gibt noch mehr, keineswegs ganz aussichtslose Hebungen

Man sieht mal wieder, dass das so einfach aussehende “Bluff” doch eine verblüffend hohe Anzahl von sinnvollen Entscheidungsfreiheiten hat. Als es 1993 zum “Spiel des Jahres” gekürt wurde, waren wir über diese Auszeichnung bass erstaunt. Heute überhaupt nicht mehr.

Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

15.04.2015: Frustrationstoleranz

Seit ein paar Tagen diskutieren wir darüber, warum unsere Spielewertungen in den letzten Jahren immer schlechter geworden sind. Liegt es an den Spielen, liegt es an uns oder liegt es an etwas ganz anderem?

wpgwertungenjgDie Grafik zeigt die Tendenz der Wertungs-Mittelwerte aller Westpark Gamer der Spielejahrgänge 2003 bis 2014. Bemerkenswert ist der Peak der Wertungen im Jahr 2007, und dass danach die Wertungen, mit einem Ausreißer im Jahr 2010, stetig schlechter geworden sind.

Während es beim Jahrgang 2007 kein einziges Spiel mit einer Durchschnittswertung schlechter als 4 gab, waren es im darauf folgenden Jahr bereits vier (Senji, Rice Wars, Krakow 1325AD, Monopoly Deal) und im Jahr 2009 gab es die ersten Spiele mit Wertungen im 2er-Bereich (Die Insel der steinernen Wächter, Sector 41, 7 ate 9, Chairman of the Board). Auf der positiven Seite gab es 2007 noch vier Spiele mit einem Mittelwert 8 oder größer (1848, Steam over Holland, Wikinger, Brass), zwei Jahre später beim Jahrgang 2009 nur noch eins (Small World).

Wie schaut es nun beim Jahrgang 2014 aus? Dort gibt es immerhin drei Spiele mit Durchschnittwertungen im 8er-Bereich (Sankt Petersburg 2. Ausgabe, Istanbul, AbluXXen), dafür aber zehn(!) Spiele mit Durchschnittswerten im 4er-Bereich oder schlechter. Ähnliches gilt für die beiden Jahre davor.

Die Anzahl der von uns gut bis sehr gut bewerteten Spiele eines Jahrgangs hat sich also über die Jahre nicht stark verändert. Umgekehrt ist aber die Anzahl der von uns als schlecht bis sehr schlecht bewerteten Spiele gestiegen. Die Auswahl von Spielen, die uns gut gefallen, passt also weiterhin. Eine sinkende Tendenz durch eine generell kritischere Bewertung ist nicht zu erkennen. Aber die Anzahl der Gurken in unserem Einkaufskorb hat zugenommen und hier fehlt uns noch eine Erklärung.

Mögliche Gründe könnten sein:

  • Die größere Anzahl an Spielen in den aktuellen Jahrgängen bringt auch mehr schlechte Spiele hervor und damit die höhere Wahrscheinlichkeit, eine Gurke zu erwischen.
  • Die gegenüber vor 10 Jahren vielen Berichte und Rezensionen im Netz, die bei manchen Spielen einen Hype verursachen können, uns zum Kauf veranlassen, dann aber bei uns durchfallen.
  • Die Bereitschaft, einem Spiel, das uns nicht gefällt, auch einmal richtig schlechte Wertungen zu geben ist gestiegen, seitdem wir keine Rezensionsexemplare mehr anfordern.
  • Eine Übersättigung ist bei uns eingetreten. Das erste Worker Placement Spiel (Caylus) war noch toll, das hundertste ist vielleicht genauso gut, landet aber durch die Gewöhnung nur noch im Mittelfeld.
  • Unsere Wertungsskala hat sich verschoben: mittelmäßige Spiele bekommen jetzt auch mittelmäßige Wertungen (also 4, 5 und 6).
  • Es gibt einfach mehr schlechte Spiele als vor 10 Jahren.
  • Wir bewerten ganz andere Dinge gut oder schlecht als noch vor Jahren.

Vermutlich treffen viele, wenn nicht gar alle Gründe und noch weitere zu. Eines ist aber sicher: wir sind, was unseren Spielegeschmack angeht, keine homogene Gruppe, denn zu oft klaffen die Bewertungen für ein und dasselbe Spiel weit auseinander (s.u.). Das sollte man berücksichtigen, wenn man unsere Wertungen liest und bedenken, dass alleine deshalb ein Mittelwert aller Wertungen problematisch ist. Und genau deshalb veröffentlichen wir auch die Einzelwertungen mit einer Kurzbegründung.

1. Auf den Spuren von Marco Polo

Das Auffälligste geschieht gleich beim Spielaufbau: jeder Spieler bekommt eine Personenkarte mit einer Sondereigenschaft zugeteilt (in der Basisversion), die er im Spiels dauerhaft nutzen kann. Das klingt jetzt nicht besonders aufregend, schaut man sich allerdings die Sondereigenschaften an, staunt man doch über die relativ krassen Unterschiede und Effekte und fragt sich, wie ausbalanciert das wirklich ist. Günther, der das Spiel bereits zweimal gespielt hat, erklärte, dass diese Asymmetrie gewollt ist und man mit jeder Personenkarte das Spiel gewinnen könne. Nun denn…

Das Spiel geht über sechs Runden in denen wir auf 10 Feldern unsere 5 Arbeiter einsetzen, um 4 verschiedene Ressourcen sowie Geld, Aufträge, Siegpunkte oder Bewegungspunkte für unsere Reise zu erhalten. Weitere Arbeiter können wir für die laufende Runde erwerben, wenn wir die passende Ressource (Kamele) dafür abgeben. Weitere 8 Arbeiter-Einsetzfelder können wir für uns im Laufe des Spiels durch unsere Reise freischalten, wenn wir die zugehörigen Städte erreicht haben. Welche Städte wir ansteuern sollten, ergibt sich aus den bei Spielbeginn ausgelegten Stadteigenschaften sowie zwei jedem Spieler zugeteilte Karten mit einem Reiseauftrag, der bei (Teil-) Erfüllung zusätzliche Siegpunkte bringt.

Damit sich AdSvMP von den 1000 anderen Worker Placement Spielen unterscheidet, sind unsere Worker nicht einfache Pöppel sondern normale 6-seitige Würfel. Und man ahnt es schon: zu Beginn einer Runde würfeln alle Spiele mit ihren Arbeiterwürfeln. Dabei gilt: hohe Werte sind gute Werte, denn mit hohen Werten erhält man mehr Ressourcen, mehr Bewegungspunkte und hat eine größere Auswahl an Aufträgen. Kleine Würfelwürfe sind schlecht, zumindest meistens. In weiser Voraussicht hat Hans im Glück einen kleinen Ausgleich für besonders schlechte Würfe eingebaut: wer mit seinen fünf Würfeln weniger als 15 Punkte erwürfelt, darf sich die Differenz in Geld oder Kamelen aus dem Vorrat nehmen. Aha, kleine Würfe sind also wirklich schlecht.

Da wundern wir uns schon, wenn die Personenkarte des Startspielers der ersten Runde die Sondereigenschaft besitzt: „Du brauchst nicht würfeln sondern drehst, wenn du Würfel einsetzen willst, diese auf den gewünschten Wert.“ Ist das jetzt nicht superstark? Wir werden sehen.

Zu den anderen Sondereigenschaft. Der 2. Spieler bekommt zu Beginn jeder Runde einen weiteren Arbeiterwürfel und einen kostenlosen Auftrag. Der 3. muss nie Geld bezahlen, wenn er ein bereits besetztes Aktionsfeld ebenfalls besetzen möchte und der 4. Spieler bekommt jedes Mal, wenn ein anderer Spieler auf einem der 4 Marktfelder Ressourcen erwirbt, eine Ressource dieses Typs kostenlos. Bemerkenswert asymmetrisch.

Die sechs Runden laufen nach dem gleichen Schema mehr oder weniger interaktionslos dafür mit umso mehr Grübelei ab. Es gilt aus seinem Würfelwurf das Optimum herauszuholen, da jeder eingesetzte Würfel extrem wichtig ist. Völlig frustfrei geht es dabei nicht zu, denn oft passt der Würfelwurf nicht zu dem, was man eigentlich machen wollte und man ist gezwungen, den nächstbesten Zug zu wählen. Also nochmal von vorne überlegen. Und sich darüber ärgern, dass ein Spieler völlig unabhängig vom Würfelglück alles legen kann, was er mag. Das muss man mögen.

Überhaupt, es gibt viele Fehlermöglichkeiten bei AdSvMP und man braucht sicherlich ein paar Spiele, um die schlimmsten zu vermeiden und die richtig sprudelnden Siegpunktquellen anzuzapfen (Peter machte mit nur zwei Würfeln  40 seiner 60 Siegpunkten bei Spielende!).

WPG-Wertungen: Aaron: 4 (funktioniert, aber langweilig), Günther: 8 (man kann optimieren und der Würfelmechanismus ist gut), Moritz: 7 (man kann dem Spiel nichts vorwerfen, ich muss es aber nicht öfter spielen), Peter: 7 (funktioniert gut, zündet aber nicht; nicht elegant).

2. Kraftwagen

Peter fühlt sich wegen einiger problematischer Phalanx-Spiele immer noch Blennemann-geschädigt und war nicht erbaut, als er hörte, dass das neue Spiel von Matthias Cramer von besagtem Redakteur realisiert wurde. Aaron, der das Spiel als Prototyp bereits gespielt hatte, konnte dann aber doch genug Überzeugungskraft aufbringen, um „Kraftwagen“ an diesem Abend eine Chance zu geben.

Wir sind Autobauer. In unserer Fertigung stellen wir aus Karosserie und Motor bestehende Kraftwagen her, die wir zu von uns festgelegten Preisen auf den Markt bringen. Parallel beteiligen wir uns an Grand Prix Rennen und versuchen, dort mit den besten Motoren möglichst jedes Rennen für uns zu entscheiden.

Die Forschung ist der Dreh- und Angelpunkt in der Autokonstruktion. Wer hier am besten investiert, kann Autos mit den besten Karosserien oder den besten Motoren auf den Markt werfen. Aber es gibt auch Käufer, die am Prestige einer Marke interessiert sind oder solche, die nur das günstigste Auto kaufen. Welche Käufer überhaupt an Autos in einer Runde interessiert sind, entscheiden die Spieler ebenfalls über ihre Aktionen.

Und damit sind wir beim zentralen Motor des Spiels: dem schon aus „Glen More“ bekannten Aktionsrondell mit variabler Zugweite. Jedem Spieler stehen grundsätzlich alle Aktionen zur Verfügung. Das Dilemma ist, dass nicht unbedingt die besten Aktionen die in unmittelbarer Nähe sind. Wer aber auf dem Rondell weit nach vorne zu seiner Lieblingsaktion zieht, muss eventuell lange warten bis er wieder an der Reihe ist. Wer diesen Mechanismus schon bei „Glen More“ mochte, der wird ihn auch hier gut und stimmig finden. Andere mögen sich über die Ungerechtigkeit und Unbestimmtheit dieser Art der Aktionsauswahl ärgern („Hier wird man ja gespielt.“).

Neben den Aktionen für die Forschung an Karosserie und Motor gibt es noch die für die Käuferauswahl, die Grand Prix Bewegung sowie den Erwerb von Motoren, Karosserien und Arbeitern. Eine Spielrunde (von dreien) endet, sobald entweder 6 Autos zum Verkauf stehen oder nachdem siebenmal die Käuferauswahl-Aktion gewählt wurde.

Das Timing innerhalb einer Runde kann ziemlich trickreich sein. Einerseits versucht man einen Kraftwagen in seiner Werkstatt herzustellen, der in einer der vier von den Käufern gewünschten Kategorien besser ist als die der Mitspieler, andererseits muss man dafür sorgen, dass mindestens ein Käufer dieses Typs auch wirklich im Spiel ist. Und da jeder Käufer bei gleichwertigen Fahrzeugen immer den billigsten kauft, lohnt es sich, so lange wie möglich zu warten, bis man seine Fahrzeuge auf den Markt bringt, um die Preissituation besser abschätzen zu können. Ganz dumm gelaufen ist es dann, wenn man das beste Auto auf den Markt geworfen hat, aber man es nicht mehr schafft, den passenden Käufer dazu zu rekrutieren.

„Kraftwagen“ schafft es, mit wenigen Spielmechanismen dauernd viele kleine Dilemmata zu erzeugen, die für stetige Spannung im Spiel sorgt. Und anders als das erste Spiel des Abends bringt es dazu noch das Thema des Spiels gut rüber.

Einen kleinen Wermutstropfen gibt es allerdings. Braucht das Spiel wirklich die zusätzlichen Sonder-Siegpunktplättchen und die Ingenieure? Erstere bringen kaum zusätzliche taktische Optionen und Letztere erhöhen den nicht unbeträchtlichen Glücksfaktor der Forschungskartenauswahl zusätzlich. Dem 75-Minutenspiel hätte ein wenig weniger Glück bei den Forschungskarten ebenso gut getan wie eine Verkürzung der Erklärzeit bei fehlenden Ingenieuren.

WPG-Wertungen: Aaron: 8 (locker, mit wenigen Elementen viel Spielspaß und Spannung), Günther: 5 (wenn man es locker spielt, ist es okay;  die Forschungskarten bringen zu viel Zufall ins Spiel), Moritz: 8 (spannend und unterhaltend), Peter: 4 (man wird gespielt, zu viele Regeln).