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15.07.2009: Spielen mit Willi

Willi ist ein begnadeter Viel- und Alles-Spieler aus dem hohen Norden (Deutschlands). Seine Spiel-Vorlieben decken sich nicht hundertprozentig mit den Schwerpunkten am Westpark. Dann gibt es harte Diskussionen über die weichen Formulierungen in unseren Spielberichten und Kritiken.
Willi vertritt mehr die schweigende Mehrheit der Spieler und hat auch für Wenig- und Gelegenheitsspieler immer einen guten Kauftipp auf Lager.
Sein größtes Verdienst um die Welt des Spiels ist sein konsequentes Bemühen, allen seinen Schülern vor dem Abitur wenigstens die Grundzüge vom “Doppelkopf” beizubringen. Wenn er sich mit der gleichen Leidenschaft auf die Einführung in das Bridgespiel verlegen könnte, wäre ihm gewiß schon das Verdienstkreuz des Deutschen Bridgeverbandes verliehen worden.
Alle paar Jahre wagt er sich in den Freistaat am Fuße der Alpen und kommt dann auch für einen Abend am Westpark vorbei. So auch heute.
1. “Automobile”
Das Thema ist der Automobilbau mit seinen Problemen von Weiterentwicklung, Produktion und Absatz. Wir bauen Fabriken, engagieren Manager mit unterschiedlichen Vertriebskompetenzen, heuern Verkäufer an, produzieren Wagen und setzen sie ab. Wer am Ende das meiste Geld damit verdient hat, ist Sieger.
Aaron und Günther hatten letzte Woche schon eine Proberunde gedreht, heute durften sie die Neulinge mit den Geheimnisse der Globalisten vertraut machen. Aber ganz vorsichtig, den kleinen Wissensvorsprung darf man ja nicht so leichtsinnig herschenken. Auf die Frage nach dem besten Manager rückte keiner mit der Sprache heraus. Doch als sich Willi intuitiv für Mister Howard entschieden hatte (“sells two cars”), tönten sie sofort: “Den hätte ich auch genommen!”
Es ist eine ziemliche betriebswirtschaftliche Herausforderung, den wechselnden Marktbedarf (zufallsabhängig) und die unterschiedlichen Produktionskapazitäten und Produktionsambitionen der Mitspieler mit seinem eigenen Potential unter einen Hut zu bringen. Jeder Zug bietet einen riesigen Handlungsspielraum, bei jedem Zug könnte man unendlich rechnen, um Kosten und Gewinne zu optimieren. Oft genug wird die Produktion nicht voll ausgereizt, weil man Absatzschwierigkeiten fürchtet, oft genug hat man Überkapazitäten nicht berücksichtigt und bleibt unter hohen Verlusten auf seiner Produktion sitzen. Das richtige Timing ist alles.
Die Zugreihenfolge wechselt nach strategischen Überlegungen. Der Startspieler hat bei allen Zugalternativen den Vorteil der freien Auswahl, die nachfolgenden Spieler können dafür schon leichter den Trend erkennen und Marktnischen erspähen. Die wirtschaftlichen Überlegungen sind ähnlich vielschichtig wie bei “1830”. Was an Streckenbau verloren geht, wird an Warenumsatz gewonnen.
Wir brauchten einschließlich der halbstündigen Einführung knappe drei Stunden für ein Spiel, das nur aus vier Runden von etwa zehn Aktionen pro Runde besteht. Solange die neu zu entdeckenden Abläufe fesselnd sind, ist das tragbar. Später könnten ungeduldige Spieler schon mal ihre Probleme damit bekommen. Damit das ganze ein Spiel bleibt und nicht in eine Übungsaufgabe für BWL-Studenten ausartet, sollte man unbedingt die Denkzeit limitieren und alles, was darüber hinausgeht, durch Geldbußen bestrafen!
Willi dachte garantiert nicht am längsten nach, aber durch eine harmonische Investitions-, Produktions- und Absatzpolitik wurde er – als Neuling! – Sieger. Ein Kompliment an den guten Geist des Nordens! Allerdings wäre er nicht auf das Siegespodest gekommen, wenn Fortuna in der letzten Runde für den Absatz von Mittelklasselimousinen nicht einen Wert nahezu beim Minimum vorgegeben hätte. Das stimmt natürlich bedenklich: Sollte ein dreistündiger Wirtschaftskampf durch einen einzigen zufälligen Würfelwurf entschieden werden? Dabei gäbe es dafür leicht Abhilfe: Warum werden die zufallsbestimmten Absatzzahlen einer Runde nicht schon aufgedeckt, bevor man mit Managern und Verkäufern in die Marktsituation eingreift? Damit die geborenen BWLler bei ihren Zügen nicht noch länger nachdenken?
WPG-Wertung: Aaron: 8 (bleibt), Günther: 7 (“hätte auch 8 sein können”), Walter 7 (“8 Punkte mit Schachuhr und eingeschränktem Zufall”), Willi: 5 (“habe 3 Stunden meines Lebens geopfert”)
Die Rotweinflecken auf dem Spielgeld stammen nicht von der heutigen Runde am Westpark, sondern von letzter Woche in Aarons Hauptquartier.
2. “Flaschenteufel”
Die alte Diskussion, ob Flaschenspiel nur ein Chaos-Spiel ist, wurde durch Willi wieder neu angefacht. Doch wie fast immer, mußte der Vertreter der Chaos-Fraktion einsehen, daß das hier dominierende “Größte-Kleinere”-Prinzip durchaus eine Logik besitzt. Wenn etwas schief geht, liegt es nicht an der Unberechenbarkeit des Spiels, sondern am falsch zugrunde gelegten Axiomensystem.
WPG-Wertung: Willi: 4 (“ich möchte es nicht nochmals spielen”. Kein Kommentar vom Rest der Westparker.)
3. “Bluff”
Willi demonstrierte, daß man selbst beim Bluff lange nachdenken kann. Manchmal sogar mit Erfolg. Das hätte er mal beim “Flaschenteufel” tun sollen. Und zwar im richtigen Axiomensystem!
WPG-Wertung: Willi lag mit seinen 10 Punkten voll im Trend.

24.06.2009: Spielen mit Lisi

Heute war Walters Hochzeitstag. Er hatte dieses Jubiläum bereits gestern in den Tag hineingefeiert und heute mit einem feierlichen Champagner-Abendessen abgeschlossen. Die Tischdecke bekam auch ein Gläschen ab. Die Westpark Gamers konnten ohne eheliche Gewissensbisse empfangen werden.
Aaron brachte auch einen Schaumwein mit. Damit durften wir seinen letzte Woche erfolgreich unterschriebenen Vorruhestands-Vertrag begießen. Zunächst mal nur in den jeweiligen Kehlen. Günther steuerte ein B0027JTCN8 bei : “Leitfaden für Spieleerfinder und solche die es werden wollen.” Moritz wird Konkurrenz bekommen!
Lisi, eine junge Nachbarin, war heute auch mit von der Partie. Ihr Debut am Westpark hatte sie bereits in den neunziger Jahren des letzten Jahrtausends gegeben. Damals war sie halb so alt wie heute, aber schon durchaus ein ernsthafter Konkurrent bei unserem Patronatspiel “1830”. Ihr Lieblingsspiel praktiziert sie allerdings auf der Geige. Meisterhaft. Mit bereits vielen Debuts in allen Teilen Europas.
1. “Trans Europa”
Walter durfte erklären. Kurz, knapp, zwingend! Einfach Spitze. Keine einzige Rückfrage zu den Regeln, nicht mal von Lisi. So genial erklärt? Oder so genial verstanden?
Wir bauen Gleise von Madrid bis Moskau und von Sankt Petersburg bis Yspahan. Jeder für sich und im Grunde doch alle gemeinsam. Sobald der erste Spieler seine fünf Pflichtstädte verbunden hat, ist eine Runde zu Ende. Für alle Streckenabschnitte, die den Mitspielern zu ihren Pflichtstädten noch fehlen, gibt es Minuspunkte. Wer nach mehreren Runden die wenigsten Minuspunkte hat, ist Sieger.
Zuerst spielten wir ohne die Expansion mit den privaten Gleisabschnitten. Sie bringt im Prinzip kein neues Element ins Spiel, sondern verlangsamt nur durch Einbau leicht-überwindbarer Schikanen.
Nach drei Runden lagen wir immer noch alle dicht beieinander, und Aaron schlug vor, jetzt doch die Expansion hinzuzunehmen. Durch geeignetes Abschotten teuerer Bauabschnitte kann der am glücklichsten operierende Spieler den anderen noch ein paar zusätzliche Minuspunkte aufdrücken. Die Siegpunkt-Differenzen werden größer.
Nach wie vor ist die Frage ungeklärt, ob man besser im Zentralbereich oder in der Peripherie anfängt.
WPG-Wertung: Lisi bliebt mit 7 Punkten leicht unter dem bisherigen Durchschnitt.
2. “Dice Town”
Aaron muß noch eine Rezension schreiben. Da kommt jede Gelegenzeit zum Üben recht. Er durfte auch das Spiel erklären, ist er doch “einer unser besten Erzähler, besonders, wenn er vorliest!”
Jeder muß sich mit Spezialwürfeln eine optimale “Pokerkombination” zusammenwürfeln. Anschließend wird – im Gegensatz zu Poker – nicht das beste Ergebnis bewertet, sonder alle Blätter (Würfelkombinationen) bringen ihrem Besitzer irgend etwas Nützliches ein: Goldnuggets, Dollars oder Sonderkarten. Entweder bekommt man das von der Bank oder man darf es von den Mitspielern stehlen. Wie lustig! Am Ende wird die gesamte zusammengeraffte Habe in Siegpunkte umgerechnet.
Die Fitzeligkeit , d.h. die Betrugsmöglichkeit mit dem heimlichen Würfeln und Würfel-Zusammenstellen ist nach wie vor ein deutlicher Kritikpunkt. Die Freude am randomisierten Chaos verebbt schnell, leider sehr viel schneller als die Spieldauer lang ist. Wie schon beim ersten Versuch brachen wir nach ca. 1 Stunde Spieldauer ab. Es tut sich nichts Neues mehr. Gleichförmiges Würfeln und den Mitspielern Sonderkarten Wegnehmen verliert am Westpark schnell seinen Nährwert.
Wir trösteten uns mit Aaron Cremant, so erfolgreich, daß auch diesmal wieder Tisch und Bänke etwas davon mitbekamen. Wie diese Substanz dabei auch in Walters Augen geriet, ließ sich nachträglich nicht mehr genau rekonstruieren. Wenigstens fand er dabei eine neue Wette für Thomas Gottschalks berühmte Sendung: “Wetten, daß ich alle Schaumweine der Welt am Brennen in meinen Augen erkennen kann!”
WPG-Wertung: Lisi konnte auch mit gnädigen 6 Punkten den WPG-Durchschnitt nicht über die 5 Punkte-Hürde heben.
3. “Wind River”
Aaron strapazierte wieder von vorneherein die geringen Kingmaker-Kapazitäten dieses tadellosen strategischen Meisterwerkes des Jahres 2009. “Ich spiele so, daß ich möglichst schnell einen Spieler eliminiere” bekannte er, als sein auffällig asymmetrisches Agieren kritisiert wurde. Wen hatte er “zufällig” wieder als Opfer ausgesucht? Natürlich weder den heeren Strategen Günther noch den attraktiven Sonnenschein Lisi. Es war Walter, der selbst an seinem Hochzeitstag seinem Schicksal nicht entgehen konnte.
Der hielt (und hält) diese Spielweise für “bescheuert”, widerspricht sie doch dem Kantschen kategorischen Imperativ: “Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könne.” Wenn wir in “Wind River” alle danach streben würden, möglichst schnell einen Spieler zu eliminieren, geht das sehr schnell gegen den schwächsten, der gegen die vereinigte Übermacht niemals eine Chance hat. Zumindest für diesen wird das Spiel dann a priori frustrierend! Auch so kann man ein Super-Spiel kaputtmachen.
Walters Menetekel: “Du hast noch keine Wind River Partie gewonnen, du wirst auch in Deinem ganzen Leben keine mehr gewinnen. Solange ich mitspiele”.
WPG-Wertung: Lisi lag mit 8 Punkten ziemlich genau im WPG-Durchschnitt
4. “Flaschenteufel”
Walter durfte wieder erklären. Ein Kartenspiel, das auf den ersten Blick chaotisch abläuft, das in seiner inneren Struktur aber klare logische Schlußfolgerungen erfordert. Dann kann man auch überdurchschnittlich oft gewinnen.
Nach vier Spielen mit hohen Umsätzen hatte Lisi gewonnen. Lag es an ihrer spielerischen Genialität oder lag es auch diesmal wieder an Walters genialem Regelvortrag?
5. “Bluff”
Mit einem umwerfenden Lächeln auf den Lippen legte Lisi einen Riesenbluff aufs Parkett und schickte Aaron damit ins Grab: Vier Würfel auf einen Streich reduzierten seine Lebensflamme auf ein spärliches Flackern, das der nächste Windhauch gänzlich ausblies. Balsam auf Walters Wind-River-Wunden.
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

17.06.2009: Spieleabend versus Spieleabend

“Spieleabend” heißt unser regelmäßiges Treffen Mittwochs am Westpark. Zur Koordination, Vor- und Nachbereitung fließen eifrig EMails in alle Richtungen. Seitdem wir die Briefe archivieren, ist daraus ein über 1600 Seiten dickes Word-Dokument geworden.
Heute hat unser “Spieleabend” Konkurrenz bekommen. Die A•DEvantgarde veranstaltet im Kleinen Konzertsaal vom Gasteig einen eigenen “Spieleabend”, d.h. ein Konzert rund um das Spiel. Auf dem Programm stehen u.a.:
“Schere, Stein und Papier”, ein Musikstück für 3 Spieler, kleines Ensemble und Publikum von Gregor Mayrhofer,
“Tactics” für Violoncello, Klarinette, Fagott, Klavier und Schlagzeug von Arash Safaian, und
“Multiversum á la Carcassonne” für Schauspielerin, Zuspielband, Klarinette, Fagott und Schlagzeug von Alexander Sternemann.
Der Name des letzten Stückes rührt tatsächlich von dem berühmtesten Hans-im-Glück-Spiel und nicht etwa von der namengebenden Stadt in Südfrankreich. Moritz hat eine Kompositionsklasse der Münchener Musikhochschule extra zu einem Spielabend in die Verlagsräume bei HiG geführt, damit sich die angehenden Komponisten einen Eindruck von dem verschaffen können, was andere Leute so alles an einem “Spieleabend” betreiben.
HiG war nicht nur gastfreundlich wie immer, er hat dem heutigen Konzert auch eine finanzielle Unterstützung zukommen lassen.
Nur mit Gewissensbissen konnten wir heute dem Konkurrenz-Spieleabend im Gasteig entsagen und unserem traditionellen Spieleabend am Westpark den Vorzug geben. Lediglich Moritz mußte zum anderen Ufer (der Isar). Schließlich ist er künstlerischer Leiter des A•DEvantgarde Festivals.
1. “Wind River”
In diesem super Spiel wird bei uns noch kontrovers diskutiert, ob Kingmakerei die vorzüglichen strategischen Linien des Spielverlaufs unterminieren könne. Günther schlug vor – um seine Kingmaker-These zu unterstreichen “gleich von Anfang an gegen Walter zu spielen”. Ausgerechnet Günther! Der erste charakterliche Minuspunkt in zehn Jahren Spielen!
Sein Vorschlag fiel auf fruchtbaren Boden: Aaron hatte sich selbst “für heute vorgenommen, von vorneherein einseitig” gegen Walter zu spielen. “Ich wollte so schnell wie möglich ein 3er Spiel daraus machen. ” Absolut irrational, denn in der Ausführung beförderte er sogar seine eigene linke Büffelherde ins Jenseits, nur um Walter damit den Garaus zu machen. Mitunter auch volksverhetzend. Wie soll man denn sonst seinen Satz werten: “Wir könnten jetzt den Walter rausschicken! ” Selbstredend vollständig! – Zum Glück zogen nicht alle mit.
Walter hatte ursprünglich geplant, sein zweites Start-Tipi probehalber unmittelbar vor die Ziellinie zu positionieren, um vom ersten Augenblick an hier seinen Nachwuchs zu erzeugen und mit einem einzigen Schritt als Siegpunkte ins Reservat übertreten zu lassen. Doch nach den Drohgebärden seiner Gegner war ihm dieses Experiment dann doch zu riskant. Er beschränkte er sich auf ein gemäßigt-offensives Spiel: Er ließ ein Fütter-Tipi im Hintergrund und setzte das zweite brav an der Grenze zur Büffelweide ein. Dann bewegte er es recht zügig in Richtung Ziel. Leider soviel zügiger als die anderen, daß seine tragische Stilisierung zum Feindbild sogar noch eine gewisse Berechtigung bekam.
Aarons brutaler Harakiri-Miesnickeligkeit war sein creativ-elegantes Vorgehen nicht gewachsen. Er brachte zwar weit vor allen anderen als erster ein Tipi ins Ziel, hauchte dann aber sein noch junges Leben aus und konnte nur noch durch Büffel-Bewegungen ins Chaos eingreifen. Doch auch so blieb für ihn das Spiel äußerst spannend.
Aaron irrationale Eskapaden hatten ihn selbst äußerst verwundbar gemacht. Mit letzter Kraft konnte er ebenfalls nur ein einziges Tipi ins Ziel retten. Wenn die Reihenfolge, mit der man ins Ziel kommt, als Tie-Breaker gelten würde, wäre er jetzt Letzter geworden!
Hans und Günther blieben übrig und lieferten sich einen harten Zweikampf aus dem Rückraum rechts. Die Ziellinie war für beide noch längst nicht in greifbarer Nähe. Das verständliche Bestreben der ausgeschiedenen Aaron und Walter war jetzt, mit ihren einsamen Büffelzügen Hans auf ebenfalls maximal ein Ziel-Tipi zu begrenzen. Auch Günther spielte – gegen wenn denn sonst? – gegen Hans und trieb dessen versprengte Herde unerbittlich in den Hungertod. Hansens Verzweiflungsruf:
“Duuu brauchst doch nicht gegen mich zu spielen!”
war zwar emotional verständlich, rational aber durch nichts argumentierbar. Er konnte damit nur rundum ein Gelächter auslösen.
Fazit der provozierten Kingmakerei: Auch mit experimentellen einseitigen Aggressionen ist “Wind River” bis zum Schluß ein perfektes Spiel. Selbst das bloße Zuschauen beim Überlebenskampf der letzten Rothäute und ein sporadisches rächendes Knüppel-zwischen-die-Beine-Werfen ist fesselnd bis zur letzten Minute.
WPG-Wertung: Aaron hob seine Wertung auf 8, Walter sogar auf 9 Punkte, Günther blieb bei seinen 7 (er ist halt ein Allesspieler). Hans vergab – trotz seines finalen Frustes – 8 neue Punkte (“Das Spiel ist toll! So was von elegant! Auch thematisch super!”)
2. “Diamonds Club”
Auf Aaron’s: “Spielt sich wie Finca, nur ohne Muschis” bekannte Hans etwas unsicher, daß er froh sei, bei unseren Muschi-Spielen der letzten Wochen nicht dabeigewesen zu sein. Die erfahrenen älteren Herren wunderten sich!
In Rüdiger-Dorn-Spielen hat niemand Pech. Das ist ein eiserner Grundsatz seiner Spiel-Design-Prinzipien. In “Diamonds Club” gibt es dazu eine winzige Ausnahme: Die Startspieler-Bestimmung, daß der emsigste Zylinder-Investor neuer Startspieler wird, ist super; daß die weitere Zugreihenfolge dann aber nach der Sitzordnung bestimmt wird und nicht nach der weiteren Zylinder-Reihenfolge, ist nur bedingt gerecht! Vielleicht ein Zugeständnis an die Vereinfachung als Familienspiel?
Die verschiedenen Investitionsmöglichkeiten in Geldquellen, Waldbesitz, Technik-Entwicklung und Park-Triolen bieten auch anspruchsvollen Spielern ein weites Betätigungsfeld. Allerdings muß man wissen, daß ohne Wald nichts geht. Hans bekam fast alle Sonderpunkte für vollständige Sammelobjekte, doch er wurde Letzter. Er hatte als einziger kein Waldstück. Vielleicht sollte der Waldfaktor auf maximal 5 (statt 6) begrenzt sein.
Die restlichen Punktezahlen blieben trotz sonst unterschiedlicher Park-Entwicklung ziemlich dicht beieinander. Das haben wir schon früher festgestellt. Ist Dorn’s Ausgleichspolitik hier etwa in Gleichmacherei ausgeartet? Frage an die eigenen Reihen: Dann ist der Waldfaktor also noch zu niedrig, oder?
Hans empfand das Spiel als “Antithese zu Wind River: Unheimlich viel Regeln, unheimlich viel Material, dagegen zu wenig Interaktion.” Zudem fühlte er sich strategisch zu wenig herausgefordert: “Die Dinge, die ich falsch gemacht habe, waren so pippifax, daß ich keinen Ehrgeiz habe, meine Strategie zu verbessern.” Nach einer harten Auseinandersetzung mit “Wind River” ist diese Einschätzung gerade noch verständlich.
“Diamonds Club” geht deutlich in Richtung Familienspiel, auch wenn es dafür verhältnismäßig viele Regeln enthält. Aaron schlug vor, das geniale Setz-Tableau durch spezielle Verteilungswürfel zu ersetzen: Schiffe, Verträge, Farb-Loren und das ganze Drum und Dran benötigen dann keine scharfe Optimierungs-Kalkulation mehr, sondern werden durch einfachen Würfelwurf erworben. Dieser Vorschlag ist genauso revolutionär wie seine halsbrecherischen Killermethoden gegen die aussterbenden Indianer im “Wind River”.
WPG-Wertung: Hans senkte mit seinen 6 Punkten den WPG-Durchschnitt um 0,2.
3. “Bluff”
Im ersten Spiel schied Hans als erster aus, im zweiten Spiel wurde er Sieger. Bei Walter war es umgekehrt. Ist Bluff doch nur ein reines Glücksspiel?
Keine neue WPG-Wertung für ein Super-Spiel.

10.06.2009: Mensch-ärgere-Dich-nicht beim Schach

“Das Spiel hat seine Unschuld verloren. Auch wenn sich die Kulturphilosophie einig ist, daß Elemente des Spiels alle Ebenen unserer Gesellschaft durchdringen, ja daß Kulturgeschichte an sich ohne Spiel nicht möglich ist, erleben wir gleichzeitig, wie das Spiel immer mehr instrumentalisiert wird. Wir leben in einer dem Spiel als Massenphänomen unterworfenen Zeit. Man verspielt seine Zeit mit Computerspielen, man verspielt sein Geld bei Lotterien, man wird gespielt. Aus dem Spiel ist Ernst geworden. Im Sport – der einmal Spiel war – ist ein Wettkampf ohne Doping oder nationalen Fanatismus kaum noch denkbar, eben weil das Spiel nicht mehr zweckfrei ist.” – Moritz in seinem Vorwort zum 10. Internationalen A-DEvantgarde-Festival für neue Musik vom 14. Juni bis 1. Juli 2009 in München.
1. “Frage der Ähre”
Aaron muß noch eine Rezension schreiben. Das gab den Ausschlag für das erste Spiel des Abends.
Wir legen reihum Saatplättchen auf die Almende und kassieren Siegpunkte für die Flächenformation, die dabei entsteht. Keiner hat sein Glück in der Hand, sondern ist abhängig von der Formation, die uns unser Vordermann hinterlassen hat, sowie von den Saatplättchen, mit denen die Mitspieler unsere siegpunktträchtigen Formationen zerstückeln.
Es gibt keine vorausschauende Planung. Jeder legt sein Plättchen so, daß es ihm für den Augenblick die meisten Punkte einbringt, und versucht dabei als Nebeneffekt, einem Mitspieler möglichst viele Punkte zu zerstören. Der beste Zug ist determiniert, den nächsten besten gibt es nicht. Ein einfaches Computerprogramm könnte die triviale Auszähltechnik mit links bewerkstelligen. Moritz: “So ein Programm würde immer gewinnen!” Günther bezweifelte die Gewinnstrategie. Seine Computer-Programme berücksichtigen in der Regel noch einen zweiten Zug. Mindestens. Doch welcher wäre das in der “Frage der Ähre”?
WPG-Wertung: Moritz lag mit seinen 5 Punkten ziemlich nahe am WPG-Durchschnitt.
Aaron wird eine Rezension schreiben.
2. “Maori”
Moritz gab klare Alternativen vor: “Das Spiel erklärt entweder Aaron ODER Günther. UND Walter hält den Mund.” Der Nebensatz enthielt keine Alternative mehr.
Die Spieler dürfen sich nach bestimmten Regeln vom offen ausliegenden Stapel (Halb-)Insel-Plättchen heraussuchen und damit auf dem eigenen Spielbrett eine Insellandschaft aufbauen. Am Ende entscheiden die meisten Palmen mit und ohne Strohhütten sowie das Maximum an Muscheln und Schiffen über den Sieg.
Wie schon beim ersten mal ergaben die Wortspiele um die Muschis den größten Spaßfaktor. Moritz wollte Muschikönig werden. Solange du Muschis hast, geht was. Die Schiffsplättchen dürfen seitenverkehrt abgelegt werden, Muschis dürfen ja auch verkehrt herum liegen.
Günther praktizierte zum wiederholten Male mit Erfolg seine Schiffsstrategie. Aaron hätte ebenfalls jedes Schiff-Plättchen genommen, das er hätte kriegen können, doch Günther war einfach irgendwie schneller. Obwohl er hinter ihm saß. Das ist das sogenannte Maori-Schiffsparadoxon.
Das Muschiparadoxon hingegen wird vom wahren Leben geschrieben.
WPG-Wertung: Moritz lag mit seinen 6 Punkten genau 1 Punkt unter dem WPG-Durchschnitt.
3. “Wind River”
Hat das Spiel eine Gewinnstrategie?
Gibt es eine Situation, in der das Spiel kippt, d h. in der ein Spieler aus dem ausbalancierten allgemeinen Spannungszustand heraus zu einem uneinholbaren Vorsprung gelangt?
Gibt es eine vernünftig-begründbare Kingmakerei? (Ist sie vernünftig, dann ist es keine Kingmakerei mehr!)
Auf alle diese Fragen haben wir trotz intensiver Auseinandersetzung mit dem Spiel noch keine schlüssige Antwort. Das spricht eindeutig für seine strategischen Qualitäten.
Wir bewegen eine Büffelherde über die Prärie, ziehen mit unseren Tipis hinterher, ernähren unsere Indianer, zeugen zuweilen auch Nachwuchs und bringen möglichst viele Stammesangehörige ins Ziel.
Irgendwann im Laufe des Spieles muß man vom defensiven Aufbau in den Angriff übergehen. Aber wann? Auch beim Schachspiel ist das nicht eindeutig. Und “Wind River” ist nach Walters Meinung das einzig funktionierende 4-Personen-Schachspiel der Welt!
Zum Schluß triumphiert einer. Wie bei mittelprächtigen Schachspielern, wo irgendwann mal einer dem anderen die Dame wegnimmt. Moritz fand das “Endspiel blöd”. Claro, wie ein Schachendspiel nach dem Verlust der Dame.
Günther meinte die problematische Kipp-Situation (Wegnehmen der Dame) identifiziert zu haben. Aber nur als Vision. In Worte fassen konnte er sie nicht, und praktizieren erst recht nicht.
Moritz gab erste vage Tips für gutes Spiel (genauso zutreffend wie der tägliche Wetterbericht im Monat Juni):
1) Baue so schnell wie möglich das dritte Tipi.
2) Baue dir eine Büffelbahn.
Günther ergänzte: 3) Halte dich aus Konflikten heraus.
Nachfrage: “Wie macht man das?” “Ja, das weiß ich nicht!” Zumindest die Randlage könnte dazu eine Chance geben. Genauso sicher wie die englische Vierspringer-Variante im Nimzowitsch-Indisch.
Keine neue WPG-Wertung
Walter wird eine Rezension schreiben.
4. “Dog”
Das Spiel sieht aus wie ein Mensch-ärgere-Dich-nicht. Ein kleines bißchen runder.
Das Spiel spielt sich wie ein Mensch-ärgere-Dich-nicht. Ein kleines bißchen unberechenbarer. Noch unberechenbarer!
Das vorherrschende Element soll die Gaudi sein. Doch dauerte es eine halbe Stunde, bis sich jeder ein dickes Fell zugelegt hatte und die Schicksalsschläge der Tausch- und Chaoskarten mit Gleichmut ertragen konnte. Dann gab es sogar hin und wieder ein allgemeines Gelächter.
Etwas unglücklich ist die Regel, daß man eine ganze Kartenrunde aussetzen muß, wenn man ein einziges Mal nicht ziehen kann. Zwei Klappen ohne eine einzige Fliege! Ist einem Gaudispiel nicht zuträglich. Oder vielleicht gerade?
Zu viert wird “Dog” paarweise über Kreuz gespielt, nur gemeinsam kann man gewinnen oder verlieren. Sobald der erste alle seine vier Pöppel im Loch hat, ziehen beide Parteien die übriggebliebene Farbe. Der große Vorteil: Man ist praktisch bei jedem zweiten Zug am Zug.
Mit überlegener Geisteskraft gewannen Günther und Moritz.
WPG-Wertung: Moritz lag mit seinen 5 Punkten wieder genau 1 Punkt unter dem WPG-Durchschnitt. “Nettes Familienspiel.” Meinst Du, es reicht schon für Deinen Milo?
5. “Bluff”
Neuheit am Westpark: Moritz verpaßte nicht nur die vorletzte, sondern auch die letzte U-Bahn.

03.06.2009: “Dice Town” in ” Bombay”

Galileo, das ProSieben Wissensmagazin, hat unseren Moritz eingeladen, in einer Sendung über Gesellschaftsspiele Winner-Tipps abzugeben. Moritz hat sich sehr viel Mühe gegeben und einen Feature-Entwurf für die komplette Sendung erarbeitet.
Seine Spielvorschläge waren “Siedler von Catan”, “Carcassonne” und “Monopoly” (nicht ganz freiwillig), und seine fundierten Detail-Analysen (z.B. Bahnhöfe kaufen) rundete er ab mit allgemeinen Hinweisen wie:
a) Have a plan
b) “Lese” Deine Mitspieler
c) Spiele nicht allein um zu Gewinnen
Ziemlich geschockt war er, als von der Redaktion die knallharte Vorgabe kam: “Als Spielauswahl stehen ausschließlich: Schnick-Schnack-Schnuck (Knobeln), Neunerln, Jenga, 4-gewinnt, Black Jack, Schiffe versenken und Monopoly zur Verfügung.” Ein Kraut und Rüben von Glücks- und Geschicklichkeitsspielen, doch nichts zum Wissen, Planen und gute Ratschläge geben. Moritz fühlte sich wie ein Kenner von Horrorfilmen, der über das Rotkäppchen befragt werden soll.
Moritz schluckte diese Kröte und noch einige andere und machte sich mit der hoffnungsvollen Erwartung auf den Weg, im Studio wenigstens ein paar anregende Spielstunden mit gestandenen Spielern verbringen zu können. Doch auch hier riß der Krötenstrom nicht ab. War seine Erwartung nativ oder legitim, jedenfalls warteten anstelle von Profis lediglich [!?] blonde Models auf ihn, die keinerlei Ahnung von Schloßallee und Parkstraße hatten, und auch nicht unbedingt die Ambitionen hatten, klüger nach Hause zu gehen. Die Kamera diktierte die Maßstäbe, nicht die Vorlieben für Tisch und Brett. Selbst der Würfel-Sex war gefaked! Krone der Schöpfung waren Szenen im Biergarten über einem Schiffchen-Versenken mit Papier und Bleistift. Wo und womit kann man denn sonst seine blonden Neuerwerbungen zum Höhepunkt bringen?
Erkenntnis: Selbst Redakteure von Aufklärungsreports sind bestenfalls nur Menschen. Tröstlich: Auch der Pate der Sendung hat schon unter alleinseligmachenden Knowhow-Trägern leiden müssen.
Moritz’ Eigenbalsam auf seine Wunden: “Schlechte Spiele [in einer fragwürdigen Sendung] ruinieren wenigstens nicht den Ruf unseres Hobbys.”
1. “Bombay” von Ystari
Wir sind Händler in Indien, trampeln mit unserem Elefant auf die verschiedenen Märkte um Warenballen aufzuladen, transportieren sie zu Städten, in denen die Ware benötigt wird, verkaufen sie und werden damit reich.
Es sind sehr hübsche Elefanten, mit denen wir in “Bombay” als Spielerpöppel ausgestattet werden. Leider stinken sie. Gewaltig. Nicht nach Elefantenlosung, sondern nach China-Plastik. Hoffentlich gibt sich das.
Das Warenangebot auf den Märkten wechselt nach zufälligen Regeln. Die Preise auf den Märkten fallen systematisch mit dem Angebot. Mit dem erwirtschafteten Geld können die Spieler auf den Wegekreuzungen Herbergen bauen. Wer hier vorbeikommt, muß Wegezoll bezahlen.
Keiner wurstelt für sich alleine herum, jeder ist von den Aktionen der Mitspieler beeinträchtigt:
a) Die Waren sind knapp. Wer zuerst kommt, mahlt zuerst. Wer Pech hat, dem schnappt der Vorgänger den letzten Warenballen vom Markt.
b) Wer eine Ware zuerst verkauft, erzielt den doppelten Preis. Für die wichtigen monetären Siegpunkte muß man auch hier die Nase vorn haben.
c) Auf Wegekreuzungen darf immer nur eine Herberge stehen. Wer zuerst baut, lacht zuerst. Und zuletzt.
d) Eigene Herbergen fördern die Geldquellen, fremde Herbergen fördern die Konkurrenz.
Alle diese Spielmechanismen bewirken, daß jeweils nur der aktive Spieler einen Grund zur Freude hat, alle anderen eher einen Grund zu Ärger und Neid. Das ist leider kein Nullsummenspiel. Gehobene Spielstimmung kommt nur selten auf; der Eggert-Faktor liegt unter 0,2.
Günther fand in “Bombay” ein “Valdora light”, weil das Brimborium mit den Aufträgen und Auftraggebern weggefallen ist. Walter hielt es umgekehrt eher für ein “Valdora heavy”, weil es immerhin ein gerüttet Maß an Interaktion kennt, auch wenn sie nicht immer erfreulich ist.
Doch einen Vorteil muß man “Bombay” unbedingt lassen: In einer halben Stunde kann man die 5 Sätze á drei Runden mit je 3 Aktionen problemlos hinter sich bringen.
WPG-Wertung: Aaron: 6 (fehlende Dynamik), Günther: 6 (warten ohne Aufgabe), Loredana: 5 (“hat mich genervt”), Peter: 6 (einzige Spannung geht darum, ob die anderen schneller sind), Walter: 6 (die Interaktionen sind alle negativ).
Ystari schwächelt. Auch Günther hat nicht gewonnen, nur fast.
2. “Dice Town”
Von Bruno Cathala, nicht zu verwechseln mit dem gleichnamigen Faidutti, mit dem er “das Halsband der Königin” gemeinsam gemacht hat. Um einen vom anderen zu unterscheiden, bemerkte Aaron: “Der macht eher chaotische Spiele!” Welcher jetzt?
Wie der Name schon sagt ist “Dice Town” ein Würfelspiel. Jeder Spieler bekommt fünf Würfel und einen Würfelbecher und darf sich damit die gelungenste Poker-Kombination zusammenwürfeln. Pro Wurf muß man einen Würfel zu seiner anvisierten Kombination aussondern. Wer will, darf auch gleich mehrere Würfel herausnehmen, oder auch gar keinen, dann muß er aber dafür bezahlen.
Am Ende werden die besten Würfel-Kombinationen begutachtet. Die meisten Einser bringen Gold-Nuggets (Siegpunkt-Währung) ein, die meisten Zweier bekommen das Geld aus der Bank, ebenfalls eine Siegpunkt-Währung, die meisten Dreier kriegen Karten mit direkten Spiegpunkt-Zuteilungen, die meisten Vierer dürfen von Mitspielern Siegpunkt-Karten wieder wegnehmen, …
Die von Natur aus unberechenbaren Würfelmechanismen sind reichlich angereichert mit Zufalls- und Chaos-Effekten. Kassieren, wegnehmen, bestechen, betrügen und ärgern sind die wesentlichen Spielzüge. Problematisch ist die Würfelehrlichkeit (natürlich nicht bei uns): Beim Zusammenwürfeln der besten Kombinationen sind Taschenspielertricks unter dem Würfelbecher nicht zu kontrollieren, für ein reinrassiges Poker-Spiel eine problematische Angelegenheit.
Nach einer guten Hälfte der voraussichtlichen Spielzeit – verifizierbar an den übrig gebliebenen Gold-Nuggets – kam der Gedanke an einen Spielabbruch auf. Peter: “Nur weil es neu ist, brauchen wir es nicht bis zur bitteren Neige zu spielen”. Dieses Argument überzeugte.
WPG-Wertung: Aaron: 5 (Dödelspiel, man muß einige Maß getrunken haben, um Spaß daran zu finden; dafür ist es dann aber wieder zu kompliziert), Günther: 5 (kein Kommentar), Loredana: 3 (“auf jeden Fall weniger als Bombay”), Peter: 4 (“ich würde schreien, wenn ich es nochmals spielen sollte”), Walter: 4 (nicht für mich).
3. “Zoff im Zoo”
Nach dem Spielabbruch war noch eine Menge Zeit für richtige Spiele. Peter bestand auf “Spielen, die ich kenne und schätze” und war auch gleich mit “Zoff im Zoo” bei der Hand. Aaron (mit Dice-Town-Kopfschmerzen) und Günther (“aus Prinzip”) waren dagegen. Doch als sich für keine der vorgeschlagenen Alternativen wie “Frage der Ähre”, “Byzanz” oder “Maori” eine Mehrheit fand, konnte sich Peter schließlich doch noch durchsetzen.
Das lustige Tier-Fress-Kartenspiel ist genauso chaotisch wie die anderen Spiele des heutigen Abends, aber wenigstens intelligent chaotisch. Deshalb bekam es bei uns schon vor geraumer Zeit gute 8,1 Punkte.
Keine neue WPG-Wertung.
4. “Bluff”
Peter hob im 3:4-Endspiel gegen Aaron auf 7 mal die Fünf. Gab es da noch eine Chance außer anzuzweifeln? Jawohl, Aaron fand noch einen Ausweg. Er legte einen zweiten Stern heraus, hob auf 4 mal den Stern und würfelte mit seinem letzten Würfel nach. – Einen Stern! Das war der Anfang vom Ende. Erfolgreich.
Keiner erwähnte sein sprichwörtliches Würfelpech.

27.05.2009: Spielen mit den Spielen des Jahres

Die Auswahlliste zum “Spiel des Jahres 2009” ist erschienen. Wer mag – Experte, Vielspieler, oder Gourmetspieler – darf wie jedes Jahr den Kopf schütteln. Wer die heren Ziele der Jury kennt, freut sich mit dem Heer der Alles- oder Gelegenheitsspieler über die Kaufempfehlungen des Jahres 2009.
FITS“: Ravensburger haben eine Brettspielversion von “Tetris” hergestellt. Wer die fallenden Flächen in seinem Handy-Bildschirm nicht mehr sehen kann, darf sein geometrisches Vorstellungsvermögen jetzt am Tisch im Kreise seine Freunde zum Besten geben.
Dominion“: Hans im Glück hat neben sein Paradepferd “Sankt Petersburg” ein weiteres Karten-Aufbau- und Entwicklungsspiel gestellt, bei dem es gilt, sich zur richtigen Zeit in der richtigen Reihenfolge die richtigen Karten zuzulegen.
Finca“: ein weiterer Kandidat vom Hans im Glück-Verlag, das wir zu Ehren seiner Auswahl heute gleich bei uns auf den Tisch gelegt haben.
Fauna“: Ein Quiz-Schätz-Spiel von Friedemann Friese nach der Grundidee von “Anno Domini” bzw. “Ausgerechnet Buxtehude”: Reihum kreisen die Spieler die Antwort zu zoologischen Fragestellungen ein; wer am nächsten dran ist, punktet.
Pandemie” : Ein kooperatives Strategiespiel vom Pegasus Verlag. Wenn die Spieler gemeinsam eine Seuchen-Epidemie verhindern können, haben sie gewonnen.
[glowred]”Die meisten Spiele, die verkauft werden, werden nie gespielt”[/glowred] meint die Jurorin Birgit Nößler. Das gilt nicht nur für die Ernte des Jahres 2009. Aber solange Spiele gekauft werden, in rauhen Mengen sogar, wird es regelmäßig auch ein paar sehr gute Spiele geben. Über diese simple Tatsache dürfen sich dann wiederum alle Spieler aller Länder freuen.
1. “Wind River”
Letzte Woche gespielt und die ungeheure strategische Vielfalt nur geahnt. Unser Chefideologe Günther sollte ebenfalls sein Urteil darüber abgeben.
Das Treiben der Büffel und das Verlegen der Zelte verläuft im Dreierspiel ganz anders als im Viererspiel ab: Es gibt unweigerlich 2:1 Koalitionen. Man muß sie nur nutzen und sich gegenseitig auch was gönnen, ohne sich dabei über den Schmarotzer zu grämen.
Aaron mit dem Zufallsschmarotzer Walter hatte sich schnell 5 Zelte zugelegt, die seinen Handlungsspielraum bedeutend erweiterten. Damit fing er ein hochaggressives Spiel gegen die paar vorderen Zelte von Günther und Walter an, ohne damit seine eigene Position aber wesentlich nach vorwärts zu bringen. Die Geschädigten schlugen mit vereinten Kräften zurück, und bald waren alle seine Vorräte aufgebraucht. Günther konnte schlußendlich mit einem einzigen leichten Husterer die letzten Zelte von Aaron und Walter davonfliegen lassen und dann alleine zum Sieg marschieren.
Meinen Kritikpunkt von letzter Woche möchte ich unbedingt zurücknehmen. Das Spiel hat keine Balance-Schwäche. Es bietet wirklich eine ungeheure Vielfalt verschiedenen Strategien und Gegenstrategien, die alle diesen Namen verdienen. Richtig lang-fristige vorausplanende Vorgehensweisen, nicht nur kurzfristige Manöver und Taktiken. Wir haben immer noch erst einen kleinen Bruchteil davon entdeckt.
Das Spiel muß unbedingt noch mehrmals auf den Tisch kommen. Bald.
WPG-Wertung: Aaron: 7 (bleibt), Günther: 7 (neu), Walter: 8 (ein Punkt mehr)
Walter wird eine Rezension schreiben.
2. “Finca”
Der unfehlbare Mathematiker hatte sich im Vorfeld fehlbar ausgedrückt: “Finca geht nur zu viert!” Walter wollte für unser heutiges Trio schon einen Dummy-Spieler einführen, “entweder kooperativ oder pro Zug reihum wechselnd”. Günther konnte noch rechtzeitig klarstellen: “Gemeint war: maximal nur zu viert”. Wir konnten zu dritt loslegen und brauchten nicht zu fürchten, daß “hinterher auch noch der vierte gewinnt” und wir “Finca” für ein “super-kooperatives” Spiel halten müßten.
Das Spiel besitzt äußerst aufwändiges Holzmaterial. Ganze Ladungen von bunten Früchten in knalligen Farben, Bauern in Standardfarben, hübsch geformte Finca-Häuschen, deren Nutzfunktion lediglich das Kennzeichnen abgeernteter Felder ist, Windmühlenflügel, die einen neuartigen, bestrickenden Zug-Mechanismus abgeben. Dazu jede Menge dicker Ernte- und Siegpunkt-Plättchen, die von Kinderhänden nicht verknickt und von Kindermäulern nicht verschluckt werden können.
Sehr bemerkenswert funktionieren die Bewegungen mit der Windmühle. Die Spieler verteilen ihre je vier Bauern beliebig auf die insgesamt zwölf Felder der Windmühle. Zum Ziehen wählt ein Spieler eine beliebige Figur. Die Anzahl aller Bauern auf dem Startfeld ergibt die Anzahl Felder, die der Bauer vorwärts gehen muß. Die Anzahl aller Bauern auf dem Zielfeld ergibt die Anzahl Früchte einer Sorte (Zitronen, Orangen etc.), die der Spieler dafür bekommt.
Kombinationen seiner gesammelten Früchte darf ein Spieler auf dem Markt gegen Ernteplättchen mit Siegpunkten eintauschen. Dabei gilt es, sowohl Plättchen mit hohen Punktwerten, als auch Plättchen mit verschiedenen Punktwerten, als auch Plättchen mit einer dominierenden Fruchtauswahl zu sammeln. Gelungene Sammlungen werden mit Zusatzprämien honoriert.
Wer sich sehr viel Mühe gibt, kann komplizierte Überlegungen zur Optimierung seiner Bewegungen auf der Windmühle, zum Einsammeln der richtigen Früchte und zum rechtzeitigen Eintauschen in Spiegpunkt-Plätten bei gleichzeitigem Durchkreuzen der entsprechenden Ambitionen seiner Mitspieler machen. Dann kann das Spiel sehr dröge und trocken werden. Wer aber so spielt, wie es sein Erfinder für seine Spielerfamilien gedacht hat, der denkt keinen Zug voraus, sondern der wählt in der ständig wechselnden Situation gerade den Zug heraus, womit er irgendwas vernünftiges anfangen kann. Wenn er Glück hat, fährt er gut damit, wenn er kein Glück hat, gewinnt ein anderer.
Wir haben lange diskutiert, wie stark man in “Finca” sein Schicksal selber in der Hand hat. Günther war ein eifriger Verfechter von seiner Planbarkeit und billigte dem Spiel einen Glücksfaktor (Wert zwischen 0 und 1, ohne exakte Definition) von unter 0,5 zu, Walter und Aaron siedelten den Glücksfaktor eher bei 0,9 an. Am Anfang zieht man den Bauern, der die meisten Früchte einbringt (kein Freiheitsgrad, 100% determiniert), dann schält sich irgendwann eine Vorliebe heraus (100% randomisiert). Damit favorisiert man bestimmte Siegpunkt-Plättchen, und wenn sie die bösen Mitspieler einem nicht vor der Nase wegschnappt haben, dann bekommt man sie sogar. (Planquote unter 50%). Ob man zum Schluß noch das letzte Plättchen mit vielleicht 10 Siegpunkten abräumt, hat man ebenfalls nicht in der Hand, doch es entscheidet mit Sicherheit über Sieg oder Nicht-Sieg. Wenn hier Günther seinen Glücksfaktor von “unter 0,5” rechtfertigen will, muß er noch ganz schön an der Definition dieses Faktors herumfeilen.
“Finca” ist genauso zufällig wie “Mensch-ärgere-Dich-nicht”. Schon allein die vier Pöppel pro Spieler sind identisch! Aaron: “Ein deutliches Zeichen, daß Finca Spiel des Jahres 2009 wird!”
WPG-Wertung: Aaron: 6, Günther: 7, Walter: 6 (pro Zug lauter kleine fitzelige Rechnereien, die zum Charakter des Spiels kontraproduktiv sind)
3. “Dog”
Das Spielbrett sieht aus wie ein modernisiertes “Mensch-ärger-Dich-nicht” aus. (Schon wieder.) Der Spielablauf ist auch ganz analog: Man bewegt seine Pöppel vom Startfeld in die Zielfelder, aber nicht per Würfel, sondern per Bewegungskarte. Sie lassen Schrittweiten zwischen 1 und 13 Feldern zu.
Jeder Spieler bekommt auf Anhieb 6 Bewegungskarten zugeteilt, so daß er sich schon mal einen Plan zurechtlegen kann, in welcher Reihenfolge er die Karten ausspielen wird. Klingt zunächst ziemlich berechenbar.
Doch unter den Bewegungskarten gibt es solche, die das beliebige Austauschen zweier beliebiger Pöppel auf dem Spielbrett zuläßt. Damit können die Mitspieler die Pöppel auf dem Spielbrett ganz schön wild umherwirbeln. Und weil sie es natürlich besonders auf die Pöppel abgesehen haben, die gerade unmittelbar vor dem Ausrücken sind, wird alles absolut unberechenbar. Schlimmer als im Original M-ä-D-n.
Günther wollte den Ausdruck “Zufallsspiel” nicht gelten lassen. Er betonte, “Dog” wäre ein “Gaudi-Spiel”, wobei er aber nicht auf die Sagrada Familia anspielen wollte. Was aber außer Gaudi ist noch am “Dog”? Der Glaube (= Illusion), es gäbe noch etwas.
Aaron kam es vor wie ein “stark simplifiziertes Monopoly”. Es ist alles weggelassen: Straßen, Häuser, Hotels, Bahnhöfe und Würfel. Nur die Gaudi ist geblieben. In der richtigen Runde unendlich viel, in der falschen Runde halt nicht.
WPG-Wertung: Aaron: 6, Walter: 5 (Gaudi), Günther: 7 (Super-Gaudi)
4. “Bluff”
Nichts Neues am Westpark, außer daß:
a) Aaron und Günther im 1:1-Endspiel standen und dabei jeder einen Stern unter seinem Becher hatten. Aaron fing standardmäßig mit 1 mal die Vier an, und Günther erhöhte standardmäßig auf 1 mal die Fünf. Aarons 2 mal die Vier setzte Günther das Messer auf die Brust, doch mit 2 mal Stern zog er sich siegreich aus der Affaire. Ein 2 mal die Fünf von Aaron hätte leichter ein – hier nicht erfolgreiches – Anzweifeln nahegelegt, oder?
b) Günther alle Spiele des Tages gewann. “Es waren ja auch nur Glücksspiele!”
c) Ausgiebige Diskussion, warum “Bluff” viel mehr ist als ein Glücksspiel.
d) Günther auf einen mathematisch existierenden, aber real nicht vorhandenen Verteilungsbaum kletterte. Dort sitzt er hait no!

20.05.2009: Paradise Lost im “Conquest of Paradise”

Aaron hat diese Woche tatsächlich “Space Alert” als Teamtraining auf den Bürotisch gebracht. Lauter spiel-unerfahrene Mitarbeiter sollten mit diesem Spiel Erfahrungen in spontaner Führung und Kooperation sammeln. Moritz erinnerte sich an unsere damaligen Aggressionen (siehe Spielbericht vom 25. April) und wollte wissen: “Gab’s auch einen Walter?” Aaron: “Nein, alle haben die Regeln sofort verstanden?”
Ein forscher Kollege übernahm unverzüglich das Kommando und gab es bis zum Ende nicht mehr ab. Er war zwar ein Alpha-Tierchen, doch über seine Kompetenz wollen wir lieber den Mantel der Barmherzigkeit decken. Dazu gab es noch eine Beta-Kollegin, die weder zuhören noch folgen konnte. Diese Kombination ist tödlich.
Immerhin hat das Team gelernt, daß es nicht teamfähig ist.
1. “Conquest of Paradise”
Erst mal mußte entschieden werden, ob wir zuerst das lange (“Paradise”/Moritz) und danach das kurze (“River”/Aaron) Spiel spielen oder umgekehrt. Walter war für das kurze, da haben wir uns wenigstens ein komplettes Spiel reingezogen, wenn das andere länger dauert als die vorletzte U-Bahn. Die anderen waren für das lange zuerst, da ist die Wahrscheinlichkeit größer, das Spiel zu Ende spielen zu können. Walter gab sich nicht gleich geschlagen, schließlich werden Moritz’ Einstünder gewöhnlich weit nach Mitternacht abgebrochen, und “Conquest of Paradise” ist schon ganz offiziell für eine bis zweieinhalb Stunden ausgelegt. Peter fand den Kompromiß: “Mit Moritz’ Spiel fangen wir an, und wenn es Sch… ist, entscheiden P&W nach einer Stunde, ob wir es abbrechen.”
Dabei dauerten Spielaufbau und Regelerklärung schon für sich alleine bald eine Stunde. Spannend natürlich, wie immer. Moritz wußte alles und Peter wußte alles besser. Es gab unzählige Diskussionen über Regeln, die noch gar nicht vorgetragen waren. Doch der Teufel steckt natürlich im Detail und Moritz kann leicht noch einen Zauberspruch aus dem Hut (Regelheft) ziehen, wenn es gilt, sein Schäfchen ins Trockene zu bringen.
“Conquest of Paradise” ist eine Kreuzung aus “Maori advanced” und “Vinci light”. Auf einer Meereslandkarte in der Gegend von Polynesien startet jeder auf einer anderen Insel. Er muß Dörfer und Schiffe bauen, auf Entdeckungsfahrten ausgehen, neue Inseln entdecken und besiedeln, irgendwann mal seine Pflugscharen in Schwerter umwandeln und die Mitbewohner abmurksen. Wer damit am schnellsten die vorgeschriebenen Siegpunkte zusammengerafft hat, ist Sieger.
Das ganze ist ein amerikanisches Spiel, deshalb wird auf Aufgewogenheit und Planbarkeit kein so großer Wert gelegt. Und Kämpfe werden natürlich sozial-verträglich durch einen neutralen Würfelwurf entschieden.
Aaron und Walter mußten in einer Wasserwüste starten, wo sie ihre Zeit besser mit Whale Watching verbracht hätten. Moritz und Peter durften in einer paradiesischen Insellandschaft beginnen, und sich vom ersten Augenblick an auf den Geschlechterkampf mit den anmutigen Vahines freuen.
Entdeckungsfahrten macht man in die freien Meeres-Hexagons der Umgebung. Doch ob man eine herzerfreuliche Vahine findet oder nur eine einsame Wasserpuszta, das liegt an zufällig gezogenen Entdeckerplättchen. Diese enthalten so viele Puszta-Nieten, daß der Frust schon vorprogrammiert ist; es sei denn, man kann sich am gleichartigen Frust der Mitspieler wieder hochziehen.
Das Spiel schwingt unendlich langsam ein. In den ersten Runden hat jeder nur ganz wenige, eindeutig vorgegebene Entwicklungszüge. Dorfbau ist Pflicht, Schiffbau ist Pflicht, Entdeckungsfahrten sind Glücksache. Oft kann man auch gar nichts tun. Ohne Moos nix los, ohne Schiff kein Riff, ohne Mann keine Maus.
Nach einer knappen Stunde ohne einen einzigen freien, vernünftigen Zug drehte Walter’s Stimmung ins Aggressive. Moritz fühlte sich angegriffen, aber es ging nicht gegen ihn, sondern gegen das Spiel. Walter erinnerte Peter an die obige Abmachung. Doch der wollte nix mehr davon wissen. Er hatte gerade einen Plan gefaßt, wie er nach nur noch wenigen Runden eine Kriegsflotte aufrüsten und Moritz den Garaus machen konnte. An seiner Stelle schlug Aaron in die Bresche und plädierte für Abbruch. Unsere bisher erreichten Siegpunkten extrapolierte er zu einer Gesamtspieldauer von sechseinhalb Stunden. Da wäre vielleicht schon wieder die erste U-Bahn gefahren.
Das Spiel hat ein viel zu aufgeblähtes Regelwerk. Eine Menge davon ist absolut überflüssig, enthält keinerlei spielerischen Nährwert, sondern verlangsamt im Gegenteil den Spielfluß und bringt höchstenfalls Leerlauf und Frust statt Tempo und Lust. Peter: “Das Spiel hat Potential. Aber es hätte zu Hans-im-Glück gehört, damit man es dort tüchtig tuned”. Leider hat es diesen Prozeß nicht durchlaufen.
WPG-Wertung: Aaron: 3, Moritz: 7 (schon für 6 Punkte mit seiner Frau gespielt; die dabei vermißte Interaktion konnten wir heute leider auch nicht bieten, da wir noch vor dem ersten Würfelkampf abgebrochen hatten), Peter: 7 (möchte es in anderer Besetzung nochmals probieren), Walter: 3
2. “Wind River”
Peter: “Habt ihr was Deutsches?” Aaron: “Bestes deutsches Material!” Dirk Liekens hat es im Argentum-Verlag herausgebracht.
Das Spielbrett stellt eine Prärie aus Hexagons dar. Auf der einen Spielhälfte tummeln sich Büffel. Hier müssen die Spieler ihre Tipis aufbauen (für die Nach-Karl-May-Generation: “Tipi” = Zelt der nordamerikanischen Indianer) und sich langsam mit den Büffeln zur anderen Spielhälfte bewegen. Jeder Spieler bewegt die Büffel und seine Tipis, ernährt seine Tipi-Bewohner und baut neue Tipis. Jedes Tipi braucht mindestens einen Büffel, sonst verhungert es und wird vom Spielbrett genommen. Sind überzählige Büffel auf einem Tipi-Feld, kann man sich Nahrungsvorräte zulegen, um spätere Hungerphasen zu überbrücken. Wer am Ende die meisten Tipis ins Ziel gebracht hat, ist Sieger.
Ein ausgesprochenes Denkerspiel, das aber immer einen spielerischen Charakter behält. Es gibt eine Menge Strategien für erfolgreiches Vorgehen. Man kann vorneweg laufen, und ist dann immer ein bißchen am hungern. Man kann sich auch hinten halten und an den zurückbleibenden Büffeln dick und rund fressen. Man kann gegen die Mitspieler spielen und ihnen die Büffel von der Weide holen, man kann aber auch kooperieren und gemeinsam eine ausreichende Büffelherde um sich scharen.
Es gibt sehr viel Interaktion. Jeder Zug hat starke Konsequenzen auf die Versorgungslage der Mitspieler. Die Grenzen für Taktik und Strategie sind nach unserer kurzen Spielerfahrung noch längst nicht erfaßt.
Nach unserem ersten Eindruck scheint das Spiel aber eine kleine Balance-Schwäche zu haben: Wer als letzter ins Ziel marschiert, sollte die Möglichkeit haben, alle seine Tipis über die Runde zu bringen; er sollte deshalb Sieger werden. Demnach wird der Kampf vorwiegend darum entbrennen, wenigstens mit einem seiner Tipis hinten zu bleiben. Es kann aber sein, daß Moritz diese Vorgehensweise nur deshalb so erfolgreich praktizieren konnte, weil er alleine auf dieser Schiene fuhr. Vielleicht ändert hier Konkurrenz die Verhältnisse.
Doch auch ohne Konkurrenz könnte man hier gegensteuern, wenn die ersten Tipis im Ziel höher bewertet würden als die Letzten. Das brächte ganz andere Vorgehensweisen mit sich, dann hätte auch ein schnelles Spiel seine Chance. Es täten sich weitere Gewinnstrategien auf, zusätzlich zu den vielen, die das kleine, hübsche Spiel ohnehin schon hat.
WPG-Wertung: Aaron: 7, Moritz: 7, Peter: 6 (Tendenz zu 5), Walter: 7 (Tendenz zu 8)
3. “Bluff”
Mal wieder eine Weltneuheit: Noch ziemlich in der Startphase mit 4 Spielern setze Aaron auf 4 mal den Stern. Und verlor alle seine 4 Würfel – weder er noch einer der 4 Mitspieler hatten unter ihren Würfelbechern einen einzigen Stern. Homerisches Gelächter.

13.05.2009: “Maori” und die “Frage der Ähre”

Wir haben einen ungeheuren Verbrauch an Gummibärchen. Vor Jahren waren Haribo’s Fröschli der Favorit, später Katjes Tropenfrüchte, und heute sind es die Saft-Gummis von Trolli. Pro Kopf und Tag wandert mehr als ein Päckchen in den Spielermagen. Wenn ich dann oft genug in rauhen Mengen Nachschub kaufe, fragt die Verkäuferin: “Kindergeburtstag?”
Dabei ist unser Kücken gerade 36 geworden. Und hat auch soeben schon seine Zahnspange bekommen. Der Arzt hat ihm strikt verboten, Gummibärchen zu essen. Ein ganzes Jahr lang. Jetzt hat er seinen tonnenschweren Privat-Vorrat dem Westpark gespendet. Vier Wochen lang bleibt der Verkäuferin das freundliche “Kindergeburtstag?” erspart. So lange aber nur, weil einer nicht mehr mitverzehrt!
1. “Maori”
Nagelneu, 2009 auf der Spielmesse in Nürnberg noch nicht herausgekommen, von Günther Burkhardt gezeugt, von Hans im Glück ausgetragen.
Auf einer quadratischen Fläche von 4 mal 4 Feldern liegen Inselteile mit Bäumen, Hütten, Schiffen und Muscheln. Die Spieler dürfen reihum jeweils einen Inselteil auf ihre Privat-Landkarte nehmen. Wer am Ende die siegpunkt-trächtigste Landkarte zusammengestellt hat, ist Sieger.
Natürlich gibt es Randbedingungen zu beachten. Man darf sich nicht ein beliebiges der offen ausliegenden Inselteile nehmen, sondern muß mit einem Spielstein, der gemeinsam von allen Spielern außen um die Fläche mit den Inselteilen herumbewegt wird, möglichst nahe herankommen. Mangelnde Nähe darf durch Bezahlen in Muscheleinheiten ersetzt werden.
Man darf die ergatterten Inselteile auch nicht beliebig auf seiner Landkarte plazieren, sondern man muß sie in Nachbarschaft zu einem Schiff anlegen, daß man vorher innerhalb seiner Landkarte positioniert hat. Falsche Positionierung kann man hierbei ebenfalls mit der Muschelwährung ausgleichen.
Immer wieder Muscheln. Für ältere Herren ab 36 ist das selbstverständlich ein Anlaß zu Wortspielen, oder besser gesagt Wort-Anspielungen. Es gibt M-Probleme, M-Strategien, M-Mangel und M-Bedarf. Keine Muschel mehr zu haben ist tödlich. Lieber eine Muschel zu viel als eine zu wenig. Aaron wurde durch eine Muschel in das Unglück gestürzt. Im entscheidenden Moment hatte er keine zur Verfügung!
Ein lockeres leichtes Familienspiel, mit einfachen Regeln, mit der Hoffnung auf Planung, einer Abfederung der Niederlage durch Glückselemente, und einer Aufweichung der determinierten, mechanischen Bewegungen durch Muschel-Einsatz.
Nach der Schlußabrechnung konstatierte Walter: “Wenn man die Siegbedingungen kennt, ist das Spiel viel besser” – Großes Gelächter. Aber unbegründet. Denn es gibt Spiele, die kann man nur dann ganz fröhlich und unverkrampft darauf losspielen, solange man die Siegbedingungen nicht kennt und deshalb nicht weiß, was richtige und was falsche Züge sind. In “Maori” stehen zunächst alle Mitspieler vor der gleichen Ausgangslage und lauern auf die gleichen Inselteile. Das ist ein bißchen einseitig. Doch schnell entstehen zufällige Ungleichgewichte – der eine hat mehr Bäume, der andere mehr Schiffe, der nächste mehr Muscheln usw. Diese Ungleichgewichte gilt es auszubauen, denn am Ende werden die extremen Besitztümer besonders honoriert. Jetzt verfolgt jeder andere Aufbauziele, die Inselteile in der Mitte bekommen für jeden eine andere Wertigkeit, die Chance für Schnäppchen wächst, das Spiel wird vielseitiger. Besser!
WPG-Wertung: Aaron: 7 (nettes Familienspiel), Günther: 7 (plus), Hans: 7 (für 8 Punkte zu leicht), Peter: 7 (plus), Walter: 7
2. “Eine Frage der Ähre”
Während des Spielaufbaus diskutierten wir Moritz’ Lottovorlieben. Warum auch immer. Hans behauptete: “Wenn beim Roulette zehnmal hintereinander Rot kommt, wird Moritz ebenfalls auf Rot setzen, um auf die lange Serie aufzuspringen.” Peter widersprach: “Moritz wird in diesem Fall auf Schwarz setzen, weil er von dem Abreißen der Serie profitieren will!” Die Frage blieb unentschieden. Wie haltet es denn ihr Leser draußen bezüglich dieser statistischen Orientierungsfrage?
Günther hatte in die Startaufstellung einen Fehler eingebaut und Aaron konnte ihn allein anhand der Piktogramme auf dem Spielbrett erkennen. Schlußfolgerung von Peter: “Das Spielmaterial ist super!”
Auf einem gemeinsamen Acker von 6 mal 10 Parzellen müssen wir Kartoffeln, Mais, Getreide, Rüben oder Raps anbauen, d.h. Doppelplättchen mit den entsprechenden Pflanzen auflegen. In beliebig vielen Schichten übereinander. Jedes Mal, wenn wir ein Plättchen legen, entstehen neue zusammenhängende Flächen gleicher Anbauarten. Die Summe der orthogonal verbundenen Parzellen einer Anbauart ergeben die Siegpunkte für einen Zug.
Anstelle von Siegpunkten kann man auch “Erntepunkte” kassieren und damit seine Spielsteine auf einer der fünf Bahnen für Kartoffeln, Mais, Getreide, Rüben oder Raps vorwärts ziehen. Wer auf allen Bahnen eine vorgeschriebene Strecke zurückgelegt hat, darf ein Häuschen auf der Anbaufläche positionieren und dafür pro Runde ebenfalls Siegpunkte für Parzellen gleicher Anbaufläche kassieren.
Natürlich ist es dann ein Bestreben der Mitspieler, durch entsprechendes Legen ihrer Anbauplättchen diese Parzellen zu überdecken und damit und den Siegpunkt-Zufluß des Konkurrenten möglichst klein zu halten. So ist der Spielverlauf weniger ein konstruktives Erzeugen großer Anbauflächen für sich selbst, sondern eher ein destruktives Zerteilen der Anbauflächen der Mitspieler. Die Interaktion ist sehr groß, die Schadenfreude beim Zerstören auch, dagegen hält sich die Freude an erfolgreichen Konstruktionen in engen Grenzen. Eine Planung von mehr als dem gerade aktuellen Zug scheint vergebliche Liebesmüh.
Peters Euphorie über das Spielmaterial war schnell dahin. “Das Spiel ist kontingenz-bestimmt.” Walter wußte jetzt nicht, wer auf seine Blase achten sollte, doch Aaron klärte auf, daß es sich hier nicht um “Kontinenz” handelt. Nach Wikipedia ist Kontingenz “in der Philosophie die Zufälligkeit in Hinblick auf eine übergeordnete schicksalhafte Notwendigkeit.” Mit anderen Peter-Worten: “Es ist ein Scheiß-Glücksspiel!”. Na ja, nicht der blinde Zufall entscheidet über den Sieg, sondern die geringste Miesnickeligkeit, mit der man von seinen Mitspielern bedacht wird.
WPG-Wertung: Aaron: 6 (die Idee ist schön), Günther: 6 (schön öfters gespielt, es war jedesmal nett), Hans: 6 (trotzdem! Im kleinen Kreis sollte es gut funktionieren), Peter: 4 (Wertungs-Konstanz), Walter: 5 (zufälliges Zerstörungsspiel)
Aaron wird eine Rezension schreiben.
3. “Bluff”
Aaron schlug vor, auch die Würfelseiten gelten zu lassen, die man von der Seite sieht. Da wird Günther wieder jahrelang an einer neuen Immer-5-Strategie herumrechnen müssen!
Neue Erkenntnis (welch ein Wunder, daß sie erst heute bewußt wurde):
Wenn man nur noch einen Würfel hat und ausscheiden müßte, wenn unter drei verdeckten Würfeln wenigstens eine Fünf ist, dann ist es besser, darauf bauen, daß unter den drei Würfeln mindestens zwei Fünfen sind! Oder gilt das erst ab vier Würfeln? Heute in der Nacht wird das meine Excel-Tabelle nicht mehr offenbaren.
4. Zahlenexperiment
Zum Abschluß schlug Günther noch ein Zahlenexperiment vor. Jeder soll geheim auf einen Zettel eine Zahl zwischen 0 und 100 schreiben. Dann werden alle Zahlen zusammengezählt und der Durchschnitt gebildet. Wer am nächsten an zwei Dritteln vom Durchschnitt ist, hat gewonnen.
Grobe Überschlagsrechnung: Der rein mathematische Durchschnitt der aufgeschriebenen Zahlen ist 50, zwei Drittel davon ist 33. Diesen Werte sollte man auf seinen Zettel schreiben.
Halt, verkehrt, zweite Näherung: Wenn ich hier determiniert 33 hinschreibe und die anderen den Durchschnitt von 50 einhalten, dann ist der Gesamtdurchschnitt ja schon kleiner als 50 und zwei Drittel davon liegt schon unter 30.
Dritte Näherung: Wenn die anderen genauso rechnen …
Lange Rede kurzer Schluß: der mathematisch vernünftigste Schätzwert für zwei Drittel des Durchschnitts ist 0, in Worten: Null.
Wer die niedrigste Zahl aufgeschrieben hat, ist der Klügste! Bei uns war es Aaron mit der Zahl 11. Ab 10 wäre er nach der nach oben offenen Kontingenzskala als Genie eingeordnet worden …

04.03.2009: Ingenieure im “Im Wandel der Zeiten”

Hans schläft wie gewöhnlich vor dem Fernseher, Peter schläft irgendwo ganz ungewöhnlich mit seiner Loredana, Moritz treibt als Battlestar durch die Galaxis, ganz relaxed, weil die Vorsehung freundlicherweise keinen einzigen Kyklopen rausgelassen hat, und die sonstigen Schläfer unter den Freunden und Landsleuten haben wir diesmal nicht geweckt. Nur die rationalen Triolen Aaron, Günther und Walter sind heute zusammengekommen, um rational und sachlich den Wandel der Zeiten zu analysieren.
1. “Im Wandel der Zeiten”
Ein komplexes Aufbau- und Kampfspiel, das der junge Spieleverlag Czech Games 2007 nach Essen mitbrachte und das dort damals schlagartig ausverkauft war. Pegasus Games hat 2008 eine Neuauflage herausgebracht: Umfangreiches, gediegenes Material, unendlich viele Aktionskarten, endlich viele Rohstoffe und Nahrung, an zwei Händen abzählbare Marker und Pöppel.
Politisch korrekt sind die Arbeiter durch gelbe Pöppel dargestellt, und nicht wie im kritisierten “Puerto Rico” durch schwarze Pöppel. Chinesen kann man offensichtlich durch Arbeit nicht diskriminieren!
Die Spieler müssen in einem kybernetischen Räderwerk aus Fortschritt und Entwicklung die optimale Balance innerhalb von Produktion, Investition und Ressourcen-Management finden. Viele Gegensteuerungsmechanismen sind eingebaut, um einen führenden Spieler nicht davonziehen zu lassen: Arbeiter werden immer teuerer, ihre Ernährung immer aufwendiger und Strafen für zu extensive Betriebsauslastung immer höher. Diese Bremsklötze gehen zu Lasten der Dynamik. An keiner Stelle gibt es ein Schwelgen im Überfluß. Nicht nur Aaron war zumute: “Ich könnte heulen”, wenn die Ressourcen für die nächste Bauphase eines Weltwunders wieder gerade nicht mehr ausreichten.
Mittels Theologie müssen die Spieler für die Glückseligkeit ihrer Bevölkerung sorgen. Im 21. Jahrhundert hat man deren Basisforderung nach “Heulen und Zähneklappern” total ad acta gelegt. Als Alternative wird dafür das sich Ergehen in den “hängenden Gärten der Semiramis” angeboten. Da gab es doch noch etwas für die Wonnen des Alltags! “Im Wandel der Zeiten” scheint das verloren gegangen zu sein.
Aaron hatte sich die Neuauflage sofort zugelegt, weil dem Spiel der Ruf eines schnelleren “Civilization” vorausging. 8 Stunden Spielzeit sind auch für einen Freak keine Selbstverständlichkeit. Wir brachen nach knapp 2 Stunden Spielzeit friedlich und erwartungsgemäß ab, und hatten da vom ersten Stapel Aktionskarten gerade mal die Hälfte verbraucht. Insgesamt wären drei Stapel Aktionskarten zu bewältigen gewesen. Selbst wenn wir unsere jeweiligen Denkzeiten um 50% reduziert hätten, wäre dabei immer noch eine Gesamtspielzeit von über fünf Stunden herausgekommen. Für die gebremste Dynamik des Spielablaufs ist das entschieden zu viel.
Es gab lange Diskussionen (nach dem Spiel), ob die Vorteile von Fortschrittskarten einmalig oder jedesmal pro Runde gelten sollen. Erklärungen und Piktogramme waren nicht immer eindeutig. Vor allem war es nicht einsichtig, daß ein billiger Caesar, den man sich für einen einzigen Aktionspunkt zulegen konnte, zwei Siegpunkte pro Runde einbringen sollte, während der Koloß von Rhodos für den gleichen Ertrag vier Aktionspunkte und zusätzlich eine Menge Ressourcen kosten sollte. Die Entwicklung einer tollen Militärtheorie bringt sogar 10 Siegpunkte pro Runde ein. Ist das wohlproportioniert? Oder ist das ein verdecktes Moritz-Prinzip?
Eigens für die Mitspieler, die regelmäßig vorzeitig zur vorletzten U-Bahn abdüsen müssen, gibt es noch folgende Spielregel: “Zu Beginn Ihres Zuges haben Sie die Möglichkeit, das Ende Ihrer Zivilisation zu erklären und aus dem Spiel auszuscheiden!” Als Letzter! Die anderen dürfen dann noch stundenlang weiterspielen. Das ist wenigstens mal ein sehr bemerkenswertes Peter-Prinzip!
WPG-Wertung: Haben wir vor lauter Diskussion vergessen, wird nachgereicht. Walter vergibt schon mal 7 Punkte für Design und Ablauf, zieht davon aber wieder 2 Punkte ab, weil die Spielzeit im Verhältnis zur gebotenen Dynamik einfach viel zu lang ist.
2. “Flaschenteufel”
Zum ersten Mal zu dritt gespielt. Eine ganz andere Kartenpräsenz als zu viert. Noch durchsichtiger, noch berechenbarer. Man hat das Timing beim Stiche-Machen besser in der Hand, und jeder weiß von jedem Mitspieler mindestens eine Karte, auf die er seine die Verteidigung aufbauen kann. Ungewöhnlich oft war der spontane Satz zu hören: “Jetzt habe ich einen Fehler gemacht!”.
Natürlich gibt es wie im richtigen Leben auch beim Flaschenteufel Kartenhände, die den Besitzer zum Verlieren verurteilen. Doch dann kann man zumindest noch versuchen, den Schaden zu begrenzen.
Aaron kündigte gleich im ersten Spiel an: “Ich bleibe auf dem Teufelsstich sitzen”. Mit welcher Begründung? Er hatte keine einzige gelbe Karte auf der Hand und fürchtete, mit der gelben 1 und 2 beschenkt zu werden und diese Karten nicht mehr loswerden zu können. – So kam es dann auch.
3. “Bluff”
Walter hatte zum ersten Mal in seinem Bluff-Leben 5 Sterne unter seinem Würfelbecher. 7776 mal muß man für diesen Superstwurf würfeln. Es reicht, wenn man sich fünfzig Jahre lang jede Woche einmal zum Bluff-Spiel zusammensetzt und dann pro Tag jeweils drei Runden absolviert. Im Durchschnitt. Da wurde es auch höchste Zeit.

18.02.2009: Mit der “Gulf, Mobile & Ohio” zum “Palais Royal”

Unsere Notengebung für Spiele ist keine Doktorarbeit. Oft genug entspricht sie lediglich dem Bauchgefühl des ersten Eindrucks. Wenn man allerdings 500 verschiedenen Spiele bewertet hat, dann reicht oft eine bescheidene Auseinandersetzung mit einem neuen Spiel, um treffsicher gute oder schlechte Noten zu vergeben. Meist vergeben wir fast punktgenau die gleichen Noten, wenn wir Jahre später ein Spiel nochmals auf den Tisch bekommen.
Ein Ausnahme ist jetzt “Chicago Express”, das innerhalb von 3 Monaten in unserer Sympathie deutlich Federn lassen mußte. Ganz ähnlich wie ein Wein, der beim Winzer auf Anhieb überzeugt, aus dem eigenen Weinkeller auf den Tisch gebracht aber nur noch schale Erinnerungen wecken kann. Keiner ist perfekt, “Chicago” nicht, der Wein nicht und die Westpark-Gamers auch nicht.
1. “Palais Royal”
Jeder Spieler hat 20 Pöppel, die er in die Amtsstuben um den französischen Königshof zum Antichambrieren ausschickt. In der Münzerei besorgen sie Kleingeld, im Ehrenhof verschaffen sie für sich und ihresgleichen Bewegungsfreiheit, im Kabinett des Königs erhalten sie türkisfarbene Orden und im Kabinett der Madame de Pompadour gibt es violette Orden. Hat man die benötigten Utensilien zusammen, darf man sie gegen Adelige eintauschen, die Siegpunkte bedeuten.
Im richtige Verteilen der Pöppel zum optimalen Anschaffen liegt der ganze Witz. Wem das nicht reicht, der darf sich auch noch über die rechte Nutzung von “Vorhöfen” und “Hintereingängen” lustig machen. Ansonsten ist nicht viel dran am königlichen Palast. Nach wenigen Zügen weiß man, wohin der Hase läuft und im weiteren Verlauf ändert sich daran auch nichts mehr. Dynamik fehlt gänzlich. Aaron: “Es ist ein einfaches Spiel mit wenigen Elementen und ziemlich repetitiv.” Als Kinderspiel ist es auch nicht geeignet, dazu enthält es zu viele verschluckbare Kleinteile. Moritz, der sich besonders auf das Boudoir von der Pompadour gefreut hatte, war enttäuscht: “Es ist ein total abstraktes Spiel, ohne jedes Thema. Dagegen konnte ich mich selbst bei Puerto Rico noch als richtiger Plantagenbesitzer fühlen.”
Das einzige Spannungselement besteht darin, ob der Vorgänger einem den Adeligen wegnimmt, auf den man gerade seinen Erwerbsinn gerichtet hat. Deswegen kann man leider auch nicht denken, wenn man nicht am Zug ist; der gerade anvisierte Adelige könnte ja noch in die falschen Hände geraten. Wenn Günther später auch noch das Setztableau analysiert hat, d.h. wenn die Fragestellung geklärt ist, in welcher Reihenfolge und Quantität man seine Pöppel auf Anschaffe schicken soll, dann ist das Spiel nicht nur tot, sondern mausetot.
Moritz lief mit 63 Siegpunkten vor Günther mit 59, Aaron mit 46 und Walter mit 37 Punkte ins Ziel ein. Bei der Summe der jeweiligen Denkzeiten war es umgekehrt.
WPG-Wertung: Aaron: 6, Günther: 5, Moritz: 5, Walter: 5
2. “Gulf, Mobile & Ohio”
Der Verlag “Winsome Games” hat zu Essen 2008 eine ganze Reihe von Eisenbahnspielen herausgebracht, die wir uns aus alter 18xx-Tradition heraus natürlich nicht entgehen lassen dürfen. Jedes Spiel hat einen anderen Autor und neue Ideen für die Hexateile zum Streckenbau, die bunten Holzwürfel für den Gleisbesitz und die Mini-Anzahl freier Shares für eine Maxi-Anzahl verschiedener Eisenbahngesellschaften.
Das besondere bei “Gulf, Mobile & Ohio” ist der konfliktbelastete Bau von Gleisstrecken durch die verschiedenen Eisenbahngesellschaften. Jede Gesellschaft bekommt bei ihrer Gründung eine feste Farbe zugewiesen, mit der sie ihr Streckennetz bauen muß. Dabei darf sie mit dem Netz gleichfarbiger fremder Linien nicht in Berührung kommen. Das schafft kniffelige topologische Denkübungen, wieviel eine Linie in einer gegebenen Bauphase gerade wert ist.
Nur der Gleisbau liefert Siegpunkte; Geld und Aktienanteile sind in der Endabrechnung absolut bedeutungslos. Leider spielt hier auch der Zufall eine erhebliche Rolle: Wer Glück hat, der hat gerade dann die notwendigen Barmittel auf der Hand, wenn eine lukrative Linie gegründet werden kann. Genau auf solche Zeitpunkte hin zu sparen und allzeit bereit zu sein, funktioniert auch nicht, denn der bisherige Aktienbesitz wird regelmäßig mit Beträgen in der Größenordnung von Infineon-Dividenden honoriert, und Kleinvieh macht auch Mist.
So ist das ganze eine ziemlich unübersichtliche, mühsame Siegpunkt-Erbauereri. Fehler werden nicht verziehen. Wer – warum auch immer – in der Frühphase mit Besitz und Punkten davongezogen ist, ist bald nicht mehr einholbar. Die Dummen oder die Pechvögel haben sehr bald das Nachsehen und können dann die restliche Stunde Spielzeit zuschauen, wie der Führende seine Position Infineon auf Infineon ausbaut.
Viel kann man beim Kauf des Spieles nicht falsch machen: Es ist nicht mehr erhältlich. Die Miniauflage von 80 Stück war bereits verkauft, bevor der Verlag seinen Stand in Essen aufgebaut hatte. Günther hatte bereits im Vorverkauf das handsignierte 64. Exemplar erstanden. Einfach aus Liebe zum Eisenbahnspielprinzip. Zum gleichen Spielprinzip, das Moritz nach wiederholtem Bekunden zutiefst haßt: Eisenbahnaktien und Hexagons. Doch auch Günther gestand: “Das nächste Mal werde ich es wohl nicht mehr kaufen.”
WPG-Wertung: Aaron: 5, Günther: 6, Moritz: 4, Walter: 5
3. “Bluff”
Ungewöhnlich emotionale Anfeindungen zwischen dem Übertreiber Moritz und seinem anzweifelnden Hintermann Aaron. Nach zwei Spielen war Moritz ausgeschieden und sann nur noch auf Rache.
Doch Aaron ließ sich nicht aus der Ruhe bringen. Er korrigierte Moritz sogar später im nächsten Durchgang, als der irrtümlich einen Würfel mehr als notwendig abgeben wollte: “Ein bißchen will ich Dich noch quälen!”